Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Sie liebt den schwierigen Part
Cate Blanchett ist ganz schön reich, ziemlich schön und reichlich berühmt. Jetzt gerade etwa: Star in einer Serie, Jury-präsidentin in Venedig… Aber wie ist die sonst so?
Neulich hatten wir hier die Kategorien-frage bei Männern, à la „Herr der Ringe“: Ist Orlando Bloom alias Legolas toller oder Viggo Mortensen alias Aragorn? Das ließe sich als Frauenfrage fortsetzen. Denn Cate Blanchett spielt in dem Epos ja die zwar schillernde, aber auch etwas zweischneidige Elbenherrscherin Galadriel. Als Kontrastfiguren böten sich an: Liv Tyler als maximalätherische Arwen und Miranda Otto als emanzipiert beherzte Eowyn. Schwierig? Oder wenn man ihr den Typ Audrey Hepburn entgegenstellt, aktuell in Rooney Mara, mit der sie im Melodram „Carol“so formidabel spielte?
Bei allen Kontrasten, klappt nicht so recht. Denn es kann einem vielleicht eine andere Blonde wie Gwyneth Paltrow besser gefallen oder der androgynere Typ etwa in Keira Knigthley. Aber Blanchett wird dadurch nicht blasser, sondern bleibt einfach toll. Aktuell etwa wird sie mal wieder in einer Hauptrolle gefeiert, diesmal in der Serie „Mrs. America“(siehe Feuilleton), und sie vereint mal wieder gesellschaftlichen Auftritt und künstlerisches Anliegen als Jury-präsidentin, wie schon bei den Filmfestspielen in Cannes, nun eben in Venedig.
Die Belege für Ruhm, Schönheit und Reichtum der 51-Jährigen kann man sich eigentlich schenken. Was einst auf der Bühne des Schultheaters im australischen Melbourne begonnen hat, bringt heute pro Film Gagen von bis zu sieben Millionen Dollar – und die Liebe der Kritik. Die Zeit etwa meinte, sie habe „für jede ihrer Rollen einen Oscar verdient“. Und da waren ja sehr viele. Tatsächlich erhalten hat sie ihn für die Nebenrolle in Scorseses „Aviator“und die Hauptrolle in Woody Allens „Blue Jasmine“– beides exzentrisch, schön, echt, beides zu Recht.
Aber so, wie es der klassischen Tragödie zu verdanken ist, dass sich die junge Catherine im Schauspielstudium erst wirklich für diesen Beruf entschieden hat, gehörte ihr Herz immer Drama und Theater. Blanchett zog es immer wieder zurück auf die Bühne, und sie rettete auch schon ein ganzes Theater, in Sydney. Und bei aller Rollenvielfalt, die sie in „Manifesto“gleich alle 13 Rollen spielen ließ – die Tragödie blieb ihr eigentliches Element. Zum Heulen ist sie als Trauernde in Terrence Malicks „Knight Of Cups“. Ob’s an ihrem eignen Leben lag, das ihr mit zehn Jahren den plötzlichen Tod ihres Vaters servierte? Ihr Antrieb jedenfalls, sagt Blanchett: „Ich liebe den schwierigen Part.“Und das nicht nur im Film. „Schauspieler“möchte sie genannt werden, nicht „Schauspielerin“. Ihre Begründung: „Ich gehöre zu der Generation, in der das Wort ,Schauspielerin‘ fast immer in einem abwertenden Sinn verwendet wurde.“
Von privaten Schwierigkeiten ist nichts bekannt. Sie lebt mit ihrem Mann, Drehbuchautor Andrew Upton, drei Söhnen und einer adoptierten Tochter inzwischen in den USA, mag Mode – und versucht, Gutes zu tun. Ist also nicht bloß nominell, sondern engagiert Sonderbotschafterin für das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen, trommelt für Umweltschutz. Man stellt sich diese tolle Frau gerne als glückliche Frau vor. Wolfgang Schütz