Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Höcke kommt ohne Strafe davon
Warum sein Besuch im bayerischen Landtag dem Afd-mann eine Anzeige einbrachte
München Erst ein Handschlag, dann eine herzliche Umarmung. Und was war mit der Maske? Die haben beide auch nicht getragen. Als der Thüringer Afd-rechtsaußen Björn Höcke Ende Juni auf einen Spontanbesuch im Münchner Maximilianeum vorbeischaute, sorgte er für Irritationen. Nicht nur, weil er bei vielen Abgeordneten nicht willkommen war, wie Landtagspräsidentin Ilse Aigner klarstellte. Sondern vor allem deshalb, weil er und die Afdfraktionsvorsitzende im Landtag, Katrin Ebner-steiner, trotz Corona keinerlei Abstand hielten und auch keine Maske trugen. Ein Verhalten, das trotz allem kein Nachspiel für Höcke und Ebner-steiner haben wird. Ein Bußgeldverfahren gegen die beiden Afd-politiker, mit dem sich das Kreisverwaltungsreferat München beschäftigte, wurde nun eingestellt.
Nach Höckes Auftritt im Landtag hatte Gilbert Kallenborn den Stein vor einigen Wochen ins Rollen gebracht – ein jüdischer Aktivist aus dem Saarland, der seit Jahren juristisch gegen Antisemitismus und Geschichtsvergessenheit vorgeht. Er stellte bei der Staatsanwaltschaft München I Strafanzeige gegen Höcke und Ebner-steiner. Darin schreibt er: „Ich habe als deutscher Staatsbürger und vor allem als Jude, ein Recht darauf, dass Spitzenpolitiker der rechten AFD, darunter Björn Höcke, der gerichtlich zugelassen als Faschist bezeichnet werden kann, genauso die gesetzlichen Vorschriften beachten wie alle anderen Bürger auch!“Beide hätten genau gewusst, dass sie mit ihrem Verhalten gegen die aktuell geltenden Regeln verstoßen. Ein bewusster Verstoß, der seiner Ansicht nach darauf abzielte, zu provozieren und andere dazu zu animieren, ebenfalls gegen Regeln zu verstoßen. „Die beiden Afd-spitzenpolitiker demonstrierten gezielt und mit Vorsatz, dass sie nicht gewillt sind, gesetzliche Vorgaben zu beachten, und daher sehe ich wegen der Schwere des Vorganges eine Straftat gegeben – nicht nur eine Ordnungswidrigkeit wie beim Normalbürger.“
Ende Juli stand allerdings bereits fest: Die Staatsanwaltschaft München I stuft die Angelegenheit nicht als Straftat ein. Stattdessen übergab sieden Vorfall als Ordnungswidrigkeit an die Kreisv er wal tungsbehörd eder Stadt München. Dort fiel am Donnerstag die Entscheidung, die unserer Redaktion vorliegt. Darin heißt es: „Die Anzeigen sind der Bußgeld stelle des Kreisv er wal tungs referats mit der Bitte um Prüfung eines Verstoßes gegen die Bayerische Infekt ions schutzmaßnahmen v er ordnung(BAYIFSMV) zugeleitet worden.“Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage erfülle das geschilderte Verhalten allerdings keine„ diesbezüglichen Ordnungswidrigkeiten tatbestände “. Im öffentlichen Raum herrsche keine Pflicht zum Tragen eines Mundnasen-schutzes. „Die beiden Betroffenen haben aufgrund der Nichteinhaltung des Mindestabstands ausschließlich gegen § 1 der 6. BAYIFSMV verstoßen. Dieser Verstoß ist nicht bußgeldbewehrt. Das Tragen eines Mund-nasen-schutzes im Bayerischen Landtag ist nach der 6. BAYIFSMV nicht geregelt und somit nicht bußgeldbewehrt.“
Für den Aktivisten Kallenborn ist die Entscheidung ein „echter Skandal“. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagte er: „Das ist einfach unglaublich. Nur weil dieses Verhalten nicht gesetzlich geregelt ist, heißt es nicht, dass es erlaubt ist. Mit diesem Entschluss verharmlost diese bayerische Behörde eine reale tödliche Gefahr und leistet einem solchen Verhalten Vorschub.“Es sei „unerträglich, wie hier zwei Afd-spitzenpolitiker als Provokateure auftreten“. Aufgeben will Kallenborn nicht: „Ich werde mich jetzt mit einer Petition an den Bayerischen Landtag wenden.“