Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Telefonieren wie zu Hause
Roaminggebühren für die Mobilfunk-nutzung innerhalb der EU sind Geschichte. Doch nicht alle Kunden bekamen automatisch einen neuen Tarif. Das war nicht rechtens
Luxemburg Telefonanbieter sind seit Abschaffung der Roaminggebühren in der Europäischen Union verpflichtet, alle Kunden automatisch auf den neuen Tarif umzustellen. Dies hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg am Donnerstag zu einem Rechtsstreit von O2 mit Verbraucherschützern entschieden. Millionen Kunden sind von dem Urteil betroffen (Rechtssache C-539/19).
Hintergrund der juristischen Auseinandersetzung: Die Europäische Union hatte die Roaminggebühren zum 15. Juni 2017 nach jahrelangem Ringen abgeschafft: Handy-anrufe und Datennutzung im Eu-ausland sollen demnach nicht mehr kosten als im eigenen Eu-land. O2, die in Deutschland vertretene Marke der spanischen Telefonica, hatte nach Darstellung des EUGH aber nur Kunden automatisch umgestellt, die zuvor schon einen regulierten Roamingtarif hatten. Andere Kunden waren aufgefordert, die Umstellung selbst per SMS zu beantragen. Die Verbraucherzentrale Bundesverband hält dies für unzulässig und zog vor das Landgericht München I. Die Münchner Richter schalteten den EUGH ein, und der stellte nun klar, dass „die Roaminganbieter ab dem 15. Juni 2017 verpflichtet waren, den unter anderem in Artikel 6a dieser Verordnung vorgesehenen regulierten Roamingtarif automatisch auf alle ihre Kunden anzuwenden, und zwar unabhängig davon, ob die Kunden zuvor einen regulierten Roamingtarif oder einen anderen
Tarif gewählt hatten“. Telefonicagermany-sprecher Guido Heitmann sagte, 90 Prozent der Kunden seien damals automatisch umgestellt worden. Nach seinen Angaben hat sein Unternehmen 42 Millionen Kundenverträge – mehrere Millionen Kunden hätten sich also damals aktiv um die Umstellung bemühen müssen. Noch immer seien nicht alle Verträge geändert, bestätigte Heitmann. „Wir hatten seinerzeit unseren Kunden mit alternativen Roamingtarifen die Entscheidung zum Wechsel in den neuen Eu-roamingtarif überlassen, weil ein solcher Wechsel nicht immer vorteilhaft für den Kunden ist“, erklärte Heitmann schriftlich. Die Eughentscheidung sei jetzt nur ein Zwischenschritt im Verfahren. Erst ein Urteil des Münchner Landgerichts werde „Orientierung in dem Sachverhalt“geben. Unabhängig davon
Verbraucherschützer fordern Erstattung von Kosten
könnten Kunden jederzeit kostenfrei binnen eines Tages in den regulierten Eu-roaming-tarif wechseln.
Die Verbraucherzentrale Bundesverband erklärte indes zu dem Grundsatzurteil aus Luxemburg: „Mit der heutigen Entscheidung fühlen wir uns in unserer Rechtsansicht gestärkt. Wir erwarten von Telefonica bereits jetzt eine unverzügliche und unbürokratische Erstattung zu viel gezahlter Telefonkosten.“