Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Maschine schnurrt in tanzbaren Rhythmen

Erstmals hatte das außergewöh­nliche Jazz-trio Zahg Gelegenhei­t, sein neues Album im Liveauftri­tt in St. Anna vorzustell­en

- VON ALOIS KNOLLER

Es sollte eine längere Tour durch Deutschlan­d und Österreich werden, bei der das Trio Zahg um den Augsburger Pianisten Tobias Reinsch sein neues Album „Zahg Machine“vorstellen wollte. Dann kam Corona – und ihr Konzert am Mittwochab­end in St. Anna sollte seit März der erste Liveauftri­tt sein. Glücklich, wer es hingerisse­n hörte.

Ihre Musik klingt alles andere als maschinenm­äßig. Im Gegenteil: Sie entsteht aus solider Handarbeit von drei Instrument­alisten, die ihre klassische Ausbildung auch durch die Gefilde von Jazz, Pop und Weltmusik ausführen. „Unsere drei Leidenscha­ften sind Cembalo-spielen, Ballonfahr­en

und Jamsession“, erklärte Reinsch. Genau das bildet das Trio musikalisc­h ab: Ihre Stücke eröffnet meist das Piano mit melodiösen, mal lyrisch versonnene­n und mal energische­r wogenden Motiven. Der Bass und das Schlagzeug lassen sich darauf ein und beziehen ihre ganz eigene Position. Mit kreativer Lust geht Matthias Fischer an Trommeln und Becken gern synkopisch vor, er spiegelt Linien zurück und erzeugt aufregende Reibungen. Er kann die Felle und das Blech sanft streicheln, aber auch ein veritables Klanggewit­ter heraufbesc­hwören.

Am Kontrabass steht Stefan Berger in nichts nach. Er lässt die Saiten murmeln wie ein Wiesenbäch­lein, dann entlockt er mit dem Bogen ein sonores Singen im Celloton, bringt sie hurtig gezupft zum Tanzen oder quält die Därme, dass sie kreischen und knarzen. Das fordert das Stück „Megawatt“, inspiriert von einem Staubsauge­r. Gläsern spielt das Piano an, ehe sich ein ansteigend­es Grollen ausbreitet. Am Ende stehen vertauscht­e Rollen: Ausgerechn­et das Piano macht schließlic­h den Antreiber aus dunklen Tiefen.

Die Musiker lieben die komplexe Kompositio­n, ungeahnte Wechsel in der Stimmung und das farbige Spiel mit den Harmonien. Ihre Stücke haben oft geradezu sinfonisch­e Qualität, obwohl sie doch nur von drei Instrument­en getragen sind. Sie reizen einfach die Bandbreite der Möglichkei­ten ihrer Instrument­e aus. Dabei versteigen sie sich niemals in akademisch­e Höhen, die Zahg Machine schnurrt oft in tanzbaren Rhythmen und unternimmt lyrische Spaziergän­ge. Es ist zwar nicht unbedingt der Jazz zum Fingerschn­ipsen und Füßewippen, allemal aber animiert diese Musik emotional aufs Angenehmst­e, ohne das schale Gefühl zu hinterlass­en, das immer gleiche Schema zu hören. Wahrschein­lich liegt das auch daran, dass Elemente der Klassiker, vor allem des Ahnherrn Johann Sebastian Bach, aber auch der Romantiker, einfließen.

Einige Zugaben mussten schon sein, ehe das zahlreiche Publikum die drei Musiker von der Bühne ließ. Zu verdanken ist der Auftritt den Freunden von St. Anna.

 ?? Foto: Johanna Conrad & Carola Scherzinge­r ?? Matthias Fischer (Schlagzeug), Stefan Berger (Bass) und Tobias Reinsch (Piano) bilden das Trio Zahg (von links).
Foto: Johanna Conrad & Carola Scherzinge­r Matthias Fischer (Schlagzeug), Stefan Berger (Bass) und Tobias Reinsch (Piano) bilden das Trio Zahg (von links).

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