Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Corona-bonus auch für Krankenpfleger
An vielen Kliniken soll es bald 1000 Euro Corona-pflegebonus geben. Doch neuer Streit ist vorprogrammiert
Berlin Wegen besonderer Belastungen in der Corona-krise sollen nun auch Pflegekräfte in Krankenhäusern einen Bonus von bis zu 1000 Euro bekommen – wie schon Beschäftigte in der Altenpflege. Die gesetzlichen Krankenversicherungen stellen 100 Millionen Euro bereit, um einmalige Prämien für bis zu 100000 Klinik-mitarbeiter zu zahlen. Das teilten der Gkv-spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn begrüßte die Pläne, die Gewerkschaft Verdi kritisierte sie als „Minimallösung“. Wer genau eine einmalige Prämie erhält, sollen die Kliniken in Abstimmung mit den Mitarbeitervertretungen festlegen. Warum dennoch sehr viele leer ausgehen, lesen Sie auf der Wirtschaft.
Berlin In ganz Deutschland demonstrierten im Sommer Klinikmitarbeiter, um ihren Frust über unerfüllte Politiker-versprechungen in der Corona-krise kundzutun. Denn auf dem Höhepunkt der Pandemie hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Bonuszahlungen für Pflegekräfte angekündigt, die während der Hochzeit der Corona-pandemie besonders viel geleistet haben: „Ich möchte, dass es diesen Bonus gibt. Wir müssen aber darüber reden, wie er diejenigen erreicht, die er erreichen soll.“Er sprach dabei pauschal von Pflegekräften, „die jeden Tag diese schwierige Arbeit machen“.
Nicht nur Spahn, sondern auch andere Politiker weckten dabei Erwartungen vieler Krankenpfleger auf einen steuerfreien Bonus von tausend Euro, zumal die Bayerische
Staatsregierung kurz vorher einen Pflegebonus von 500 Euro angekündigt hatte und zwar für alle Pflegekräfte in Krankenhäusern, Altenund Pflegeheimen sowie für Mitarbeiter der Rettungsdienste und Behinderteneinrichtungen.
Allerdings beschloss der Bundestag später, den bundesweiten Pflegebonus nur für die Beschäftigten in der Altenpflege, die angesichts der Isolation der Heimbewohner in der Phase des Lockdowns große zusätzliche Belastungen tragen mussten. Das Parlament segnete damit lediglich eine vorherige Einigung zwischen Verdi und den Arbeitgebern in der Altenpflegebranche rechtlich ab. Dass gleichzeitig die Beschäftigten in der Krankenpflege leer ausgingen, löst bei den Betroffenen bis heute Unmut aus.
Nach langem politischen Streit stellen jetzt die gesetzlichen Krankenversicherungen
und die Deutsche Krankenhausgesellschaft 100 Millionen Euro bereit, um doch noch Prämien für 100000 Klinikpflegekräfte zu zahlen. Damit ist allerdings klar, dass über drei Viertel der Pflegekräfte in deutschen Krankenhäusern erneut leer ausgehen. Denn das Geld reicht nur für einen Bruchteil der insgesamt 440 000 Krankenpfleger in Deutschlands Kliniken. Der Zuschuss ist den Angaben zufolge auch nur für Krankenhäuser vorgesehen, die vor Ort eine Mindestzahl an Corona-patienten behandelt haben.
Zudem wandert die unangenehme Aufgabe zu entscheiden, welche
Pfleger an diesen Kliniken eine Prämie erhalten und welche nicht, bei den Krankenhäusern und ihren Personalvertretungen: Maßgeblich soll die Zusatzbelastung durch Corona sein. Verdi-bundesvorstand Sylvia Bühler warnt deshalb vor „Ungerechtigkeit und Unfrieden“in den Häusern. „Ausgerechnet bei der Anerkennung der Leistungen in der Pandemie zeigen sich Kliniken und Krankenkassen knauserig“, sagt Bühler. „Das ist beschämend.“
Auch der Spd-gesundheitspolitiker Karl Lauterbach spricht von einer Enttäuschung für hunderttausende Pflegekräfte. „Diese Lösung ist enttäuschend und kleinkariert“, sagte er unserer Redaktion. „Ich hätte mir gewünscht, dass alle Pflegekräfte den Bonus bekommen hätten und nicht nur diejenigen, die Covid-patienten betreut haben.“Die Lösung bleibe weit unter dem
Möglichen. „Im Vergleich zu dem, was wir sonst für die Krisenbewältigung ausgeben, wäre es nicht teuer gewesen, der gesamten Pflege ein Signal der Anerkennung zu zollen“, sagt Lauterbach. Die Erfahrung aus der Pandemie wäre die richtige Gelegenheit gewesen, jetzt die Pflege aufzuwerten. „Leider fehlt dazu die politische Bereitschaft“, kritisiert der Spd-politiker. „Die Pflege in Deutschland ist unterbezahlt“, sagt Lauterbach. „Den Pflegekräften stehen eigentlich jeden Monat 500 Euro mehr zu.“
Zumindest Bayern hat seine Versprechen erfüllt. Der unabhängig vom Bund zusätzlich gewährte Bonus von 500 Euro für Vollzeit- und 300 Euro für Teilzeitkräfte wurde bereits 257900 Mal ausbezahlt, insgesamt mehr als 110 Millionen Euro. 56000 Anträge werden derzeit noch bearbeitet.