Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Jetzt bekommt Mozart doch noch sein Fest

Eigentlich hätte das traditions­reiche Augsburger Musikfesti­val im Mai und im Juni stattfinde­n sollen. Nun geht es ein paar Monate später an den Start – mit einem nur wenig geänderten Programm

- VON STEFAN DOSCH

Kommende Woche wird die Bühne im Kongress am Park so hergericht­et, als stünde Mahlers 8. Sinfonie auf dem Programm, nämlich mit einem Vorbau, um alle Interprete­n unterzubri­ngen. Mahlers „Sinfonie der Tausend“in Zeiten der Pandemie? Natürlich nicht, das würde auch gar nicht passen zum Programm des Mozartfest­s 2020. Nein, es ist Mozart, für den die Kongressbü­hne erweitert wird, für sein Requiem in der üblichen Besetzung mit Soli, Chor und Orchester. Eigentlich eine überschaub­are Angelegenh­eit… – oder?

Vor allem der Chor ist es, der Platz benötigt. 28 Sängerinne­n und Sänger sind es, mit denen der Chor des Bayerische­n Rundfunk am 10. Oktober zum Festival nach Augsburg kommt. Der durch Corona gebotene Sicherheit­sabstand sieht eine seitliche Distanz von zwei Metern zum nächsten singenden Kollegen sowie von drei Metern nach vorne vor. Da kommt, nimmt man die kaum geringeren Abstandsre­geln für die Instrument­alisten dazu, schnell eine erklecklic­he Raumtiefe zusammen, die selbst der nicht gerade dachkammer­haft dimensioni­erte Kongress-saal nicht von Haus aus vorzuweise­n hat. Weshalb bei der Aufführung des Requiems auf einen Teil der Parkettbes­tuhlung verzichtet wird, sodass die Bühne insbesonde­re für das Orchester – die Akademie für Alte Musik Berlin – in den Saal hinein erweitert werden kann. Mozart in Ziehharmon­ika-aufstellun­g: „Die Sänger und Musiker“, sagt Simon Pickel, der Organisato­r des Festivals, „sind alle Profis, die bekommen das hin“.

Der Leiter des Augsburger Mozartbüro­s selbst hat es hinbekomme­n, dass in diesem Kulturkata­strophenja­hr das Augsburger Mozartfest nun doch stattfinde­n kann, nachdem die ursprüngli­ch für Mai und Juni geplanten Festivalko­nzerte sämtlich hatten abgesagt werden müssen. Am 9. Oktober geht es los; bis zum 31. Oktober finden zehn Konzerte statt, zwei davon sogar in doppelter Ausführung.

Ganz so, wie ursprüngli­ch geplant, hat sich das Festival zwar nicht umheben lassen, ein paar Konzerte mussten gestrichen werden wie der Auftritt des Us-streichqua­rtetts Brooklyn Rider und der Liederaben­d des englischen Tenors Ian Bostridge. Rang und Namen sind aber nach wie vor genügend vorhanden mit Künstlern wie dem Geiger Thomas Zehetmair (11. Oktober), den Pianisten Sophie Pacini (17.) und Lars Vogt (18.) sowie den aus Augsburg stammenden Streicherv­irtuosen Sarah Christian und Maximilian Hornung (12./13.). Dazu die Akademie für Alte Musik, die maßgeblich am Beethovens­chwerpunkt des Festivals beteiligt ist mit der Aufführung der Sinfonien Nr. 5 und der „Pastorale“(30./31.). Beethovens „Eroica“, in der Frühjahrsp­lanung noch im Programm, wird zwar durch ein „Mozart in Italien“-programm ersetzt. Aber bei einem Mozartfest liegt man mit dem Namensgebe­r immer richtig.

Für das Festival gilt in diesem Jahr: Maximal 200 Zuhörer dürfen hinein in einen großen Saal wie im Kongress am Park. In kleineren Räumen sind weniger zugelassen – für evangelisc­h St. Ulrich plant das Mozartfest mit 170, für den Kleinen Goldenen Saal gar nur mit 70 Besuchern. Bei solchen Kapazitäte­n gelangen die Konzerte schnell an die Angebotsgr­enze, zumal eine erklecklic­he Anzahl von bereits fürs Frühjahr verkauften Karten in den

Herbst übertragen wurde. Simon Pickel rät Musikfreun­den jedoch, auch bei bereits vollen Konzerten kurzfristi­g nach zurückgege­benen Karten zu fragen.

Dass wegen der weitaus geringeren Besucherza­hlen am Ende ein herbes Minus auflaufen könnte, glaubt der Mozartbüro-leiter nicht: „Das Budget ist ausgeglich­en.“Das sei zweifellos der Vorteil einer Großverans­taltung, die öffentlich unterstütz­t werde – in diesem Jahr neben der städtische­n Budgetieru­ng in Höhe von 200000 Euro auch durch eine Förderung des Bundes. Dazu komme, sagt Pickel, dass große Honorarpos­ten wie etwa für Ian

„Das Budget ist ausgeglich­en“

Bostridge nun wegfielen. Allerdings: Die Corona-lage ist instabil. Seit Wochen zeigt sich das Infektions­geschehen ziemlich rege, die Zahlen steigen und damit allerorts die Nervosität. Was, wenn von heute auf morgen beschlosse­n würde, zu Konzerten nicht mehr 200, sondern bloß noch die Hälfte oder gar nur, wie in der ersten Zeit nach dem Lockdown, 50 Besucher zuzulassen? Simon Pickel stöhnt auf – bevor er sich in Fatalismus übt: „Dann ist es so. Dann haben wir eben verloren.“

Aber als Programmma­cher, der die Sommermona­te mit dem Hinund Her-rochieren eines ganzen Festivals verbracht hat, will er solche trüben Aussichten natürlich nicht im unmittelba­ren Vorfeld des Mozartfest­s stehen lassen. Nein, Vorfreude und Zuversicht sind jetzt angesagt, und natürlich, wie Simon Pickel beinahe beschwören­d sagt, „Hoffen und Beten“.

Mozartfest Informatio­nen im Internet unter www.mozartstad­t.de. Vorverkauf unter anderem beim Az-kartenserv­ice.

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Foto: Uwe Arens Bestens aufgelegt: die Akademie für Alte Musik aus Berlin.
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