Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Eine Augsburger­in kämpft um „ihren“Baum

Die 77-jährige Renate Demmelmair wehrt sich gegen geplante Fällungen am Kaufbach in Augsburg. Die Bürgerin ist mit ihrem Protest nicht alleine – die Baumallian­z fordert Konsequenz­en

- VON EVA MARIA KNAB

Renate Demmelmair ist empört. Die 77-jährige Augsburger­in kämpft um einen alten Baum am Kaufbach, den die Stadt möglicherw­eise fällen will. Sie sagt, die mächtige Trauerweid­e am Caritasweg sei eine grüne Oase, nicht nur für Anwohner, sondern auch für Bewohner des dortigen Altenheims. Was sie besonders ärgert: Fachleute der Stadt hätten den Standort für die Weide vor Jahren selber ausgesucht. Warum nun also eine Fällaktion, fragt sie sich – und kämpft um das Grün vor ihrer Haustür.

Beinahe wäre die 30 Jahre alte Weide schon in diesen Wochen gefallen und mit ihr ein über 100 Meter langer Grüngürtel mit teils großen geschützte­n Bäumen am Caritasweg. Die geplante Abholz-aktion war schon beantragt. Laut Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) hatte das Tiefbauamt Handlungsb­edarf angemeldet. Wurzelwerk von Büschen und Bäumen soll den Kaufbach-kanal beschädigt haben. Das Liegenscha­ftsamt beantragte daraufhin eine Fällgenehm­igung bei der Naturschut­zbehörde der Stadt. Die Arbeiten sollten ursprüngli­ch im Oktober laufen. Daraus wurde erst einmal nichts. Stadtinter­n gibt es Gegenwind: Die Naturschut­zbehörde stimmte einer Fällung bislang nicht zu. Ein Gutachter soll jetzt klären, ob betroffene Bäume am Kaufbach doch noch zu retten sind.

Bei Anwohnern formiert sich indes Widerstand gegen den drohenden Verlust von Bäumen und Büschen. Renate Demmelmair sagt, es sei ihr völlig unverständ­lich, warum bei einer Kanalsanie­rung nicht eine schonende Lösung fürs Grün gefun

werden könne. Und die große Trauerweid­e hat nach ihren Worten eine bemerkensw­erte Vorgeschic­hte: Demnach wurde der Standort für die Weide am Kanal vor 30 Jahren von Fachleuten des Amtes für Grünordnun­g ausgesucht. „Inzwischen hat der Baum eine ortsprägen­de und pittoreske Wirkung“, ist sie überzeugt. Vielen Anwohnern und auch pflegebedü­rftigen Menschen im Altenheim am Caritasweg sei dieses Grün vor der Haustüre sehr wichtig.

Kritik kommt auch von der Augsburger Baumallian­z, einem Zusammensc­hluss von Augsburger­n, die sich für Bäume in der Stadt einsetzen. Nach den vehementen Protesten gegen umfangreic­he Baumfällun­gen am Herrenbach vor zwei Jahren sei es verwunderl­ich, dass nun wiederum teilweise geschützte­s Grün am Kaufbach gefällt werden soll, teilt die Bürgerinit­iative mit.

Die Vorsitzend­e Susanne Altmann sagt: „Wer hätte gedacht, dass in der Stadtverwa­ltung überhaupt noch über Fällungen geschützte­r gesunder Bäume nachgedach­t wird, vor dem Hintergrun­d der laufenden Diskussion­en in allen Medien über

Tiefbauamt wolle Fällungen erzwingen, heißt es

die steigende Erhitzung der Innenstädt­e im Rahmen des Klimawande­ls, die vor allem durch die Vermehrung von Stadtgrün eingedämmt werden könnte.“

Bei der Baumallian­z sieht man aber immerhin einen Fortschrit­t: Umweltrefe­rent Erben sei in der Vergangenh­eit aus ihrer Sicht zu „wenig streitbar“gewesen, wenn es um den Einsatz für Bäume ging. Nun aber werde die geplante Fällaktion gebremst. Handlungsb­edarf sieht Vorstandsm­itglied und Stadtrat Bruno Marcon (Augsburg in Bürgerhand) mit Blick auf die Rolle des Tiefbauamt­es. Immer wieder wolle das Amt „Fällungen erzwingen“, so Marcon. Das städtische Grün sei jedoch das Eigentum aller Augsburger Bürger und müsse zentral und ohne Kompetenzg­erangel einzelner Dienststel­len geschützt und gepflegt werden. Zu prüfen sei deshalb, ob die Zuständigk­eit für das sogenannte Straßenbeg­leitgrün den Umweltbehö­rden zugeschlag­en werden könne.

Wie geht es jetzt mit den Bäumen und Büschen am Caritasweg weiter? Im Liegenscha­ftsamt der Stadt bestätigt man einen Hinweis des Tiefbauamt­es, wonach entlang der fraglichen Bereiche dauerhafte Schädigung­en der Uferwand nicht ausgeschlo­ssen werden können. Salopp gesagt handele es sich einerseits um „Wildwuchs direkt in den Uferden wandbereic­hen“, anderersei­ts um zwei Bäume. Das Liegenscha­ftsamt will nun mit externen Sachverstä­ndigen ermitteln, ob und - falls ja wann ein Rückschnit­t erfolgen sollte. Die Ausschreib­ung für den Auftrag läuft. Momentan, so heißt es,

Abholz‰aktion scheint nicht mehr so dringlich zu sein

gebe es keine Entscheidu­ngen in Sachen Fällung.

Die zuletzt vorangetri­ebene Abholz-aktion scheint inzwischen auch gar nicht mehr so dringlich zu sein. Das städtische Baureferat teilt auf Anfrage unserer Redaktion mit: Das Tiefbauamt plane in den nächsten Jahren keine Arbeiten an der Uferwand im Bereich der angesproch­enen Weide. „Eine Rodung ist aus Sicht der Bauamtsver­waltung daher nicht erforderli­ch“, heißt es weiter.

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Foto: Bernd Hohlen Renate Demmelmair wohnt in der Gärtnerstr­aße und hat vor 30 Jahren diese Trauerweid­e gepflanzt. Sie kritisiert eine geplante Baumfällun­g.
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