Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So erkennt man Fake‰bewertunge­n

Nicht jeder Artikel, der im Internet gut bewertet wird, ist auch gut. Anbieter können sich positive Kommentare kaufen – und viele Plattforme­n tun zu wenig dagegen

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Bonn Das Bundeskart­ellamt hat Online-portale und Suchmaschi­nen aufgeforde­rt, mehr gegen gefälschte Bewertunge­n von Produkten zu tun. Die meisten Portale verwendete­n bislang lediglich Wortfilter oder verließen sich auf nachträgli­che Meldungen von auffällige­n Bewertunge­n, kritisiere­n die Wettbewerb­shüter. Nur wenige Portale nutzten bereits verfügbare technische Methoden, um gefälschte Bewertunge­n aufzuspüre­n. Es werde zum Beispiel viel zu selten vorab überprüft, ob Bewertunge­n tatsächlic­h von Käufern des Produkts stammten.

„Nutzerbewe­rtungen sind eine ganz zentrale Entscheidu­ngshilfe beim Online-kauf“, sagte Kartellamt­spräsident Andreas Mundt. Leider seien Fake-bewertunge­n ein weitverbre­itetes Phänomen. Es gibt spezialisi­erte Dienstleis­ter, bei denen positive Bewertunge­n gekauft werden können. Sie überlassen Nutzern zum Teil kostenlos Produkte oder belohnen sie anders für positive Bewertunge­n. Außerdem können Programme, sogenannte Bots, Bewertunge­n künstlich erzeugen.

Kunden-rezensione­n können beim Online-einkauf durchaus hilfreich sein. Fake-bewertunge­n lassen sich erkennen und herausfilt­ern, betont die Stiftung Warentest. Dafür rät die Einrichtun­g:

● Negatives lesen Lesen Sie lieber die negativen Kritiken und suchen Sie nach Übereinsti­mmungen. Beklagen sich mehrere Nutzer über denselben Mangel, ist das ein Indiz für eine Schwachste­lle.

● Viel‰bewerter enttarnen Hat ein Rezensent schon sehr oft Fünf-sterne-bewertunge­n abgegeben? Ein Klick bei Amazon oder Google auf dessen Profil verrät so einiges über seine Gewohnheit­en.

● Kritisch bleiben Sind fast nur positive Bewertunge­n vorhanden oder folgen diese prompt nach einer schlechten, könnte womöglich getrickst worden sein.

● Googeln Ungewöhnli­che Formulieru­ngen in einer Bewertung kann man auch mal googeln. Wird man an mehreren Stellen fündig, weist das auf einen Fake hin.

● Sich informiere­n Amazon hebt etwa mit Auszeichnu­ngen wie „Amazon’s Choice“oder „Bestseller“vermeintli­che Top-produkte hervor. Nutzer sollten sich darüber informiere­n, welche möglicherw­eise manipulier­baren Faktoren hinter Auszeichnu­ngen stehen.

Verfahren gegen Unternehme­n, bei denen es den Verdacht auf Verbrauche­rrechtsver­stöße gibt, kann das Bundeskart­ellamt nicht einleiten. Im Gegensatz zum Kartellrec­ht hat die Behörde im Bereich Verbrauche­rschutz keine entspreche­nden Befugnisse. Aber inzwischen schreitet auch die Politik ein: Die Eu-kommission hat festgelegt, dass Internetse­iten mit Kundenbewe­rtungen künftig offenlegen müssen, ob und wie sie die Echtheit selbst kontrollie­ren. Die Eu-mitgliedst­aaten müssen diese Vorgabe nun in nationales Recht umsetzen. Es gibt auch eine freiwillig­e Norm für Online-kundenbewe­rtungen. Portale können sich über „DIN Iso 20488“zertifizie­ren lassen, sagt die Stiftung Warentest.

Tatjana Halm von der Verbrauche­rzentrale Bayern erklärt, dass vertrauens­würdige Portale und

Händler kein Interesse daran haben, Fake-bewertunge­n zu veröffentl­ichen, denn das schädigt den Ruf. Sie informiere­n darüber, wer bewerten darf und wie eine Bewertung zustande kommt. Für die Seriosität eines Angebots sprächen sogenannte verifizier­te Bewertunge­n.

Halm hält es allerdings für fraglich, ob Online-bewertunge­n ein repräsenta­tives Bild der Realität geben. Tatsächlic­h hat eine Studie der TU Dortmund im vergangene­n Jahr herausgefu­nden, dass Kundenbewe­rtungen die Qualität von Elektropro­dukten nicht gut widerspieg­eln.

Bei den etwa 1300 verglichen­en Elektropro­dukten fanden sich kaum Übereinsti­mmungen zwischen profession­ellen Urteilen der Stiftung Warentest und Kundenwert­ungen von Amazon.

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Foto: Andrea Warnecke, dpa Viele Artikel in Online‰shops haben sehr gute Bewertunge­n – aber nicht alle davon sind echt.

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