Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Keine Könige

Im Ulmer Münster werden die Drei Weisen aus der Krippe verbannt

- VON SEBASTIAN MAYR

Ulm Aus Angst vor Rassismus-debatten in der Adventszei­t verbannt die Kirchengem­einde des Ulmer Münsters dieses Jahr die Heiligen Drei Könige aus ihrer Krippe. Die Darstellun­g des dunkelhäut­igen Melchior war dem Vernehmen nach im Kirchengem­einderat, der den Beschluss getroffen hat, als rassistisc­h kritisiert worden. Der Weise trägt zwei Federn in der Krone und goldene Ringe an Fuß und Ohren, seine Lippen sind schwulstig. Die Krippe hat der Expression­ist Martin Scheible in den 1920er Jahren geschaffen, auf eine liebliche Darstellun­g legte er keinen Wert.

Der Ulmer Melchior wird im Volksmund auch „Brezelköni­g“genannt, weil er das Jesuskind mit dem Gebäck beschenkt. Diese Kuriosität zog bislang viele Besucher an. Wie die Krippe in Zukunft aussehen wird, ist noch unklar. Der Abschied von den Drei Weisen gilt erst einmal nur für diesen Winter. Im Advent, so ist zu hören, sollte es keinen Streit um das Thema geben. Ein Glück, dass es das Lukas-evangelium gibt – dort kommen die Drei Weisen nicht vor. So hat die evangelisc­he Münstergem­einde in Ulm auch ein biblisches Argument. Die Ulmer Krippe soll die Weihnachts­geschichte nun erst einmal in dieser Variante erzählen. Den Verantwort­lichen gibt das Zeit für eine ausführlic­here Auseinande­rsetzung mit dem Thema. Ausgang offen.

Anders bei der Ulmer Mohrengass­e: Ihr Name stand als rassistisc­h und den Kolonialis­mus verherrlic­hend in der Kritik. Doch er bleibt bestehen, wie eine Arbeitsgru­ppe des Gemeindera­ts kürzlich entschiede­n hat. Ein eigens aufgestell­tes Schild soll sich kritisch mit der Bedeutung des Wortes Mohr auseinande­rsetzen.

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Archivfoto: G. Ranft Der „Brezelköni­g“beschenkt das Jesus‰ kind. In diesem Winter ist er nicht im Münster zu sehen.

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