Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
„Ich mache mir Sorgen“
Ex-nationalspieler Christoph Ullmann über die schwierige Lage der DEL. Profis sehen sich nach Alternativen um. Geht es den Spielern weiter an den Geldbeutel?
Augsburg Offensiv geben sich die Verantwortlichen der Augsburger Panther in einem offenen Brief an die Fans: „Egal, was die nächsten Monate bringen, wir werden weiterkämpfen.“Lothar Sigl und Martin Horber, die Gesellschafter der Eishockey Gmbh, schließen mit der fast schon flehentlichen Bitte: „Wir wollen unser Eishockey zurück!“Dabei waren es die 14 Klubs der Deutschen Eishockey-liga selbst, die (nicht einstimmig) beschlossen haben, den Starttermin am 13. November verstreichen zu lassen. Nun ist der 18. Dezember im Gespräch.
Doch wieder steigende Infektionszahlen in Deutschland und von der Politik angekündigte Verschärfungen in der Corona-bekämpfung lassen die Befürchtung wachsen, dass die Spielzeit in der höchsten Deutschen Klasse komplett ins Wasser fällt. Zugleich wächst die Kritik an der Liga. „Ich mache mir schon Sorgen, das ist eine ganz schwierige Phase für das deutsche Eishockey“, sagt Christoph Ullmann. Der Ex-nationalstürmer und ehemalige Panther-profi hat in diesem Frühjahr seine Karriere beendet und arbeitet nun als Spielerberater. Die Kritik von Moritz Müller kann der 37-Jährige nachvollziehen. Der Haie-kapitän hatte moniert, dass man „Klartext, Konzepte und ein finales Datum für die Fans, für uns Spieler, für die Zukunft unseres Eishockeys“brauche. Ullmann, der inzwischen wieder in Mannheim wohnt, zeigt allerdings auch Verständnis für die Klub-seite. „Nach meinen Gesprächen mit Mannheims Eishockey-boss Daniel Hopp und Augsburgs Lothar Sigl kann ich nachvollziehen, dass man sich bei einer nur 20-prozentigen Zuschauerauslastung nicht in dieses finanzielle Abenteuer stürzen will.“
Inzwischen sehen sich die Topspieler nach Alternativen um. Die Adler verständigten sich mit dem schwedischen Spitzenklub Rögle BK auf ein Leihgeschäft für den Usamerikaner Ben Smith. In den kommenden sieben Wochen wird der 32-Jährige nach Skandinavien ausgeliehen, da sich ein Kanadier von Rögle BK verletzt hat. Beide Seiten profitieren: Mannheim bekommt zumindest kurzzeitig einen Profi von der Gehaltsliste, Smith erhält Spielpraxis in einer der stärksten Ligen Europas und kann sich für gut dotierte Verträge empfehlen.
Der Adler-angreifer dürfte nicht der letzte Del-flüchtling zumindest auf Zeit bleiben. Aus Augsburg werden Spielmacher Drew Leblanc, Nationalverteidiger Simon Sezemsky oder auch Torwart Olivier Roy als potenzielle Leihspieler gehandelt. „Ich hoffe, dass es im Dezember doch noch in der DEL losgeht.
Aber man muss sich auch Gedanken über Alternativen machen“, sagt Jung-nationalspieler John Rogl aus Augsburg und fügt an: „Allerdings sind die meisten Plätze in den anderen Ligen schon vergeben.“Der 24-jährige Panther-verteidiger kann sich auch vorstellen, dass die DEL erneut an der Stellschraube Spielergehälter dreht. Bislang mussten alle Del-profis in sogenannten Corona-klauseln einem möglichen Gehaltsverzicht von 25 Prozent zustimmen. Als die DEL beschloss, den Start in den Dezember zu verschieben, „war einer meiner ersten Gedanken, dass man versuchen wird bei unseren Gehältern noch mal anzusetzen. Aber viel geht da nicht mehr.“
Der EHC München verleiht bereits sein Personal und hat Justin Schütz und John Peterka zum Partnerklub nach Salzburg geschickt. Es geht allerdings nicht darum Gehälter einzusparen. Vielmehr sollen die beiden Profis Spielpraxis sammeln. Die Oberbayern sind einer von drei Klubs neben Wolfsburg und Bremerhaven, die offenbar für einen schnellen Del-start gestimmt hatten, da der Werbepartner Red Bull das befürchtete Minus in der Kasse ausgleichen würde. Außerdem soll der EHC angeblich den anderen Del-klubs angeboten haben, die eigenen U20-perspektivspieler aus der Red-bull-akademie kostenlos für die Saison zur Verfügung zu stellen. Seit sieben Monaten sind die Spieler bereits in der Sommerpause und ein Ende ist nicht in Sicht. „Als Anfang März die Saison abgebrochen wurde, dachte ich nicht, dass uns das so lange begleiten wird. Jetzt sieht es so aus, dass wir noch lange gegen das Virus kämpfen müssen“, fürchtet Nationalspieler Rogl.