Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Zwei Titel mit „extrem hohem Stellenwert“
Die Corona-krise hat Elena Apel einiges abverlangt. Umso größer ist ihre Freude über die zwei Goldmedaillen bei der U23-europameisterschaft. Nun arbeitet sie auf ihr großes Ziel Olympische Spiele hin
Die Feierlichkeiten mussten warten. Unmittelbar nach der Siegerehrung am Sonntag hieß es: Boote laden, ab ins Hotel, Tasche packen und losfahren. Weil die Fahrt vom polnischen Krakau nach Augsburg ungefähr elf Stunden dauert, hatte Elena Apel immerhin im Auto reichlich Zeit, den bislang größten Erfolg ihrer Karriere Revue passieren zu lassen. Um fünf Uhr morgens war die 22-Jährige zu Hause. Im Gepäck: zwei Goldmedaillen im Einzel und zwei Silbermedaillen im Team.
Ganz überraschend kamen die Erfolge bei der Europameisterschaft der unter 23-Jährigen nicht für sie, wirklich damit gerechnet hatte die Athletin der Kanu Schwaben Augsburg (KSA) allerdings auch nicht. „Ich hatte schon die Erwartung, ins Finale zu fahren“, bekennt Apel. Auch eine kleine Medaillenhoffnung hätte sie gehabt. „Aber dass es so krass wird, hätte ich nie erwartet.“
Anfang September hatten die deutschen Bundestrainer entschieden, nicht mit ihren Athleten an der EM in Prag teilzunehmen. Das Auswärtige Amt hatte diese Region zuvor zum Corona-risikogebiet erklärt. Apel wäre qualifiziert gewesen, musste aber daheim bleiben. In der Teilnahme an der U23-EM sah sie ein Trostpflaster, nun wurde der größte Erfolg ihrer Karriere daraus.
Dass sie die Titel offiziell in einem Nachwuchsrennen gewonnen hat, darin sieht Apel in keiner Weise eine Abwertung. Im Gegenteil. Gerade jüngere Fahrer seien teils die besten einer Disziplin. „Daher haben diese Titel einen extrem hohen Stellenwert“, betont sie.
Im Canadier-einer-finale befanden sich sechs Teilnehmer, die bereits für die Olympischen Spiele in Tokio qualifiziert sind. Apel fasst zusammen: „Das ist Weltspitze.“Die Konkurrenz war namhaft und zahlreich vertreten, dennoch behauptete sich die Sportsoldatin, die als Vierjährige von Jena nach Augsburg gezogen ist. Nicht nur in den Einzelwettbewerben überzeugte sie, ebenso im Team, in dem sie zweimal Silber gewann. Bislang stufte Apel die Bronzemedaille bei der EM 2018 in Prag als persönlich herausragendes Ereignis ein, die jüngsten Triumphe ändern ihre Sicht.
Direkte Auswirkungen auf die sportliche Zukunft wird der Doppelerfolg nicht haben. Da der deutsche Verband entschieden hat, dass jene Boote in Tokio starten dürfen, die sich bereits im vergangenen Jahr qualifiziert haben – auch wenn die Spiele erst 2021 stattfinden –, bleibt die Türe für Apel zu.
Dennoch verschaffen ihr die Medaillen aus Krakau zusätzliche Motivation. „Das ist eine riesengroße Bestätigung, dass die Arbeit während der Corona-zeit nicht umsonst war, dass es sich gelohnt hat, sich nicht unterkriegen zu lassen und im Training immer Vollgas zu geben.“Apel nutzte die wettkampffreie
Phase, um Details zu verändern. In Übungseinheiten mit ihrem Vater, dem Kajak-bundestrainer Thomas Apel, korrigierte die Kanutin Kleinigkeiten, die im durchgetakteten Wettkampfkalender nur schwerlich verbessert werden können. „Dass ich beim Saisonhöhepunkt alles umsetzen konnte, ist schon sehr zufriedenstellend“, sagt sie.
Olympische Spiele bleiben das übergeordnete Ziel von Elena Apel. Tokio bleibt für die Wildwassersportlerin nach aktuellen Stand unerreichbar, ihr Blick richtet sich aber bereits nach Paris. Dort soll Olympia 2024 über die Bühne gehen. Und dort will Apel dabei sein.
Kurzfristig strebt sie nach einem erfolgreichen Abschluss dieser kurzen Saison. Im slowenischen Tacen steht am Wochenende der letzte Weltcup dieses Jahres an, am Dienstag reiste Apel an. Sie wolle den Wettbewerb „genießen“, meint sie. Schließlich wisse niemand, was noch kommt.