Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ärger im Paradies
Am idyllischen Brombachsee soll eine gigantische Ferienanlage von Center Parcs entstehen. Naturschützer sind entsetzt, Bürger sauer, weil sie lange von nichts wussten. Der Freistaat indes verteidigt das Projekt. Wie geht es nun weiter?
Langlau Eigentlich ist das Fränkische Seenland ein ziemlich idyllisches Fleckchen Erde. Ein Naturparadies mit Wäldern, die bis ans Ufer reichen, Wiesen, auf denen die Menschen in der Sonne vor sich hindösen, und Booten, die gemächlich durchs blaue Wasser gleiten. Mit derlei Unaufgeregtheit ist es nun aber ein Stück weit vorbei. Der Grund für die schlechte Stimmung: Am Brombachsee soll eine gigantische Center-parcs-ferienanlage entstehen. Das Investitionsvolumen liegt bei rund 400 Millionen Euro. Etwa 800 Bungalows, Restaurants und Schwimmbäder sind auf einer Fläche von etwa 150 Hektar geplant – Naturschützer und viele Bürger sind entsetzt.
Eigentümer des ehemaligen Militärgeländes in der Nähe von Langlau im Landkreis Weißenburg-gunzenhausen ist derzeit die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Aktuell laufen die Kaufvertragsverhandlungen.
Einer, der angesichts der Planungen ziemlich fassungslos ist, ist Tom Konopka, Regionalreferent vom Bund Naturschutz in Mittelfranken. „Das ist alles sehr intransparent. Der Bund Naturschutz hat keine Gutachten bekommen, und wir durften bislang auch nicht auf das Gelände, um uns ein eigenes Bild zu machen“, sagt Konopka. „Ich würde zum Beispiel gerne wissen, in welchem Zustand der Wald ist, der da gerodet werden soll.“Im großen Stil Bäume zu fällen, die Kohlendioxid aufnehmen, das könne er angesichts des Klimawandels nicht verstehen. Ursprünglich sei das Gelände als Ausgleichsmaßnahme für den Ausbau der A6 vorgesehen gewesen, fährt Konopka fort. „Das, was jetzt geplant ist, ist das genaue Gegenteil.“
Der Klimaaspekt ist allerdings nicht der einzige Punkt, der ihn stört. Sondern auch die Art, wie die Verantwortlichen das Projekt aufs Gleis gebracht haben. „Die Verhandlungen laufen schon seit zwei Jahren.“Aber erst in diesem Sommer seien die Menschen vor Ort darüber informiert worden, dass das Gebiet privatisiert werden soll. Der Bund Naturschutz hat mit einer
Bürgerinitiative bereits 5000 Unterschriften gegen die Ferienanlage gesammelt. „Das ist in dieser dünn besiedelten Gegend ziemlich viel“, sagt Konopka.
Viele Bürger befürchten, dass durch die Anlage der Tourismus deutlich zunimmt – schon jetzt klagen viele darüber, dass die Verkehrsbelastung teilweise an der Grenze sei. Durch die Ferienanlage könnten die Übernachtungszahlen, die Konopka zufolge im Fränkischen Seenland im vergangenen Jahr über einer Million lagen, verdoppelt werden.
Eine Prognose, die im bayerischen Wirtschaftsministerium durchaus Anklang findet. Die geplante Anlage „wäre eine Bereicherung für die touristische Entwicklung der Urlaubsregion“, teilt eine Sprecherin des Ministeriums auf Nachfrage unserer Redaktion mit. Mehr Urlaubsgäste bedeuteten auch neue Arbeitsplätze sowie „positive Nachfrageeffekte“für den regiona
Einzelhandel, die Gastronomie oder andere Dienstleistungen.
Das sehen aber offenbar nicht alle so. Reinhold Huber, Bürgermeister von Pfofeld – zu dieser Gemeinde gehört Langlau – weiß, dass das
Projekt nicht bei allen Bürgern gut ankommt. Was er persönlich von der geplanten Ferienanlage in der Nähe seiner Gemeinde hält, dazu will er nichts sagen. „Es gibt hier zwei Blöcke. Ich will weder Gegenwind noch Unterstützung bieten.“Er selbst habe im Sommer dieses Jahres erfahren, dass auf dem riesengroßen Gelände ein Ferienpark entstehen soll.
Andere Gemeindechefs finden deutlich schärfere Worte als Huber. Udo Weingart, Bürgermeister von Spalt und Mitglied des Zweckverbandes Brombachsee, sagte dem Portal nordbayern.de zufolge bei einer Infoveranstaltung: „Wenn man in einem Gremium sitzt und wichtige Neuigkeiten aus der Zeitung erfährt, dann ist das eine saublöde Situation.“
Bei Center Parcs sieht man das anders. „Es gab keine Kommunikationsprobleme“, sagt eine Sprecherin. „In der Vorbereitung zur Abgabe eines Angebots für das Grundlen stück bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben fanden erste Abstimmungsgespräche statt, um ein mögliches Interesse zu erörtern.“Im Anschluss habe sich Center Parcs bei der öffentlichen Ausschreibung beworben, Ende Juli erfuhr der Konzern, dass er der Höchstbietende war. Dann sei auch die Öffentlichkeit informiert worden. Mittlerweile sei ein Bürgerbüro eingerichtet worden, wo die Menschen ihre Fragen stellen könnten.
Nach Angaben des bayerischen Wirtschaftsministeriums erarbeitet Center Parcs zurzeit einen „Masterplan“. Die danach anstehenden Raumordnungs-, Bauleitplanungsund Genehmigungsverfahren werden sich voraussichtlich über mehrere Jahre erstrecken. Und vor Abschluss dieser Verfahren kann mit dem Bau nicht begonnen werden.
Naturschützer Konopka will derweil weiterkämpfen. „Für uns ist die Sache noch nicht gegessen.“Ein Verantwortlicher von Center Parcs habe erklärt, dass es mindestens 700 Bungalows sein müssten, sonst sei das Vorhaben nicht wirtschaftlich. Wenn erreicht werden könnte, dass aus Naturschutzgründen ein großer Teil des Waldes stehen bleiben müsste und so weniger Unterkünfte gebaut werden könnten oder man das Unternehmen dazu verpflichten würde, Ausgleichsflächen zu schaffen, dann wäre das Projekt vielleicht vom Tisch, hofft Konopka.
Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass es wegen Center Parcs Ärger gibt. Der Konzern hatte im Herbst 2018 einen Ferienpark bei Leutkirch im Allgäu eröffnet. Doch mit der Anlage gab es von Anfang an Probleme, der Park musste kurz nach der Eröffnung vorübergehend wieder schließen. Die Gründe damals: Es gab kein warmes Wasser, die Heizung streikte, die Chipschlüssel funktionierten nicht. Nach drei Wochen öffnete die Anlage wieder. Auch wenn sie mittlerweile ein Besuchermagnet ist – Klagen von Gästen gab es immer wieder, vor allem über mangelnde Sauberkeit in den Ferienunterkünften. Der Managerposten wurde im Frühling übrigens neu besetzt. Zu den Hintergründen der Kündigung des Generalmanagers hatte sich Center Parcs nicht geäußert.