Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Der große Titel wird bald kommen
Julian Nagelsmann gehört schon jetzt zu den besten Trainern in Deutschland. Auch weil er immer gewinnen will, egal wo. Das fordert er vor allem auch von den jungen Spielern
Solche Videos hätte sich Julian Nagelsmann in seiner Schulzeit gewünscht. „So etwas Geiles habe ich dort nie gesehen“, sagt der Trainer von RB Leipzig und schmunzelt, „außer vielleicht die Aufklärungsfilme.“Gelächter, gute Laune. Dafür kann Nagelsmann selbst dann sorgen, wenn er über vermeintlich langweilige Dinge wie Videostudium referiert. Vor dem Spiel seiner Leipziger am Samstag (15.30 Uhr) beim FC Augsburg erklärt er ausführlich, wie er seine Spieler auf den jeweiligen Gegner vorbereitet. Mit Videosequenzen, die er meist Mitarbeiter machen lässt, die „sich besser auskennen mit dem Laptop als ich. Ich bin eher ein Bleistift-undblock-typ und kein Laptop-trainer“, so Nagelsmann. Ein kleiner Gruß an Mehmet Scholl, der einst diesen Begriff prägte und damit wenig Wertschätzung der neuen Trainergeneration entgegenbrachte.
Zu der zählt Nagelsmann, geboren in Landsberg und in der Jugend beim FC Augsburg, mit seinen 33 Jahren zweifelsfrei. In seiner jungen Karriere hat er schon viel erreicht. Er führte 1899 Hoffenheim auf die europäische Ebene, mit RB Leipzig stand er zuletzt sogar im Halbfinale der Champions League. Ein großer Titel fehlt ihm zwar noch, wenige aber zweifeln daran, dass dieser Zustand noch lange so bleiben wird. Nagelsmann ist auf dem direkten Weg nach ganz oben. Auch wegen seiner Einstellung. Er sagt: „Jedes Spiel auf dieser Welt ist dazu da, um es zu gewinnen.“Eine Herangehensweise, die er vor allem auch von jungen Spielern erwartet, die in den Profibereich streben. Auch in Leipzig vermisst er ein ums andere Mal bei Nachwuchsspielern die absolute Gier. „Wenn ein junger Spieler zu uns kommt, muss er die Welt einreißen wollen“, sagt er. Dann bekomme er auch seine Chance, selbst wenn taktisch oder technisch nicht alles funktioniere. Gerade bei ihm, einem jungen Trainer, der dafür bekannt ist, Nachwuchsspielern eine Chance zu geben.
Zurück zum Videostudium. Nagelsmann führt seinen Spielern die Taktik des Gegners vor. Darauf legt er ein Bild seiner Idee, wie darauf zu reagieren ist. Damit die Spieler wissen, „wann sie nach rechts oder links spielen sollen“. Und auch verstehen, warum sie das tun müssen. Auch für den FCA am Samstag haben er und sein Team eine „Idee entwickelt, die sehr gut auf den Gegner passt“. Die Augsburger hätten sich im Vergleich zur vergangenen Saison deutlich weiterentwickelt. Ihr Spiel sei weniger risikobehaftet mit einer klareren Struktur. Das führe zu deutlich weniger Fehlpässen als noch beim letzten Aufeinandertreffen zum Ende der vergangenen Runde. Die laufintensive Spielweise vor allem in der eigenen Hälfte führe zu einer defensiven Kompaktheit. So erwartet Leipzig den FCA auch am Samstag. Defensiv stabil mit dem nach den statistischen Werten bisher besten Torhüter der Liga, Rafal Gikiewicz.
Während der Länderspielpause hat Nagelsmann nur mit einem kleinen Kader trainieren können. Die letzten Nationalspieler erwartet er erst am Freitag zurück auf dem Platz. Deshalb hat er seine Taktik für Samstag so gewählt, dass sie „nicht zu kompliziert ist“. Damit sich seine Spieler schnell umgewöhnen können. Die ersten drei Ligaspiele hatte er genutzt, um verschiedene Systeme auszuprobieren. „Ich habe schon den Anspruch, die Spieler so ausgebildet zu haben, dass sie ohne großes Training meine Ideen umsetzen können“, sagt Nagelsmann. Justin Kluivert, der vom AS Rom ausgeliehen wurde, sei noch kein Kandidat für die Stammelf. Auch Marcel Sabitzer wird nach seiner Verletzung noch einmal aussetzen. Er könnte am Dienstag in der Champions League zurückkehren.