Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Schwimmer messen sich virtuell
Die Aktiven müssen auf gewöhnliche Wettkämpfe verzichten. Verband und Vereine reagieren
Oft tummeln sich mehrere hundert Athleten während eines Schwimmwettkampfs in den Hallen. Jene Spannung, die durch diese besondere Atmosphäre bei den Aktiven entsteht, wird es in Zeiten von Corona erst mal nicht mehr geben. Eine größere Anzahl von Sportlern in einer geschlossenen Halle sind unter den aktuellen Vorgaben der Gesundheitsämter undenkbar. Deswegen haben Verband und Vereine reagiert und ihre Wettkampfstruktur vorübergehend geändert. Der Bayerische Schwimmverband (BSV) hat die virtuellen bayerischen Mehrkampfmeisterschaften 2020 ausgeschrieben. Diese finden im November auf der Kurzbahn (25 Meter) statt.
Der Verband versucht damit, seinen Athleten trotz der Einschränkungen
einen Wettstreit zu ermöglichen. Die Bezirke oder einzelne Vereine organisieren die einzelnen Teilveranstaltungen selbst und melden die Ergebnisse als gemeinsame virtuelle Veranstaltung. Bsv-leistungssportreferent Benedikt Schubert informiert: „So möchten wir erreichen, dass die Sportler untereinander einen gewissen Vergleich haben, was ihre Zeiten betrifft.“Große Sportveranstaltungen seien derzeit nicht vorstellbar.
Vergangenes Wochenende habe es lediglich zwei stark eingeschränkte Wettkämpfe in Würzburg und München gegeben, bei denen mehrere Sportler anwesend waren. Die Regel sei das aber nicht. Schubert: „In München waren 56 Teilnehmer, in Würzburg waren es auf zwei Tage verteilt etwa 250 Athleten. Solche Modelle haben momentan etwas Zukunft, auch wenn der große Teil der Veranstaltungen noch nicht mit vielen Teilnehmern stattfinden kann.“Eines der größten Probleme sei es derzeit für die Veranstalter, die Kosten zu decken. Schubert erklärt: „Die Hallenmieten sind sehr teuer und werden üblicherweise durch Teilnehmergebühren gedeckt. Da die Zahl der anwesenden Sportler aktuell begrenzt ist, wird das für viele Ausrichter schwierig.“Beim Wettkampf in Würzburg waren auch Schwimmer des SV Augsburg vertreten. Der Vorsitzende des Vereins, Taylan Toprak, sieht die Veranstaltung als positives Zeichen: „Ich habe mit einigen Teilnehmern gesprochen und ausschließlich Positives gehört. Es war gut organisiert.“So hätten die Vereine feste Plätze zugeteilt bekommen. Außerhalb dieses Bereichs mussten die Sportler eine Maske tragen, erklärt Toprak. Dass sich jemand unwohl gefühlt habe, hätte er nicht mitbekommen: „Es war ein gutes Beispiel, wie solch eine Veranstaltung unter Corona-auflagen stattfinden kann.“Zudem sei es eine Plattform für die Teilnehmer gewesen, bei der sie sich wieder unter etwas Wettkampfatmosphäre präsentieren konnten. Toprak möchte aus den Eindrücken lernen: „Es ist sehr viel Aufwand, das zu organisieren. Aber den nehmen wir auch selbst sehr gerne in Kauf. Wir versuchen uns auch bei solchen Veranstaltungen etwas abzuschauen.“
Im kommenden Jahr wolle der Augsburger Verein laut Toprak auch wieder Wettkämpfe ausrichten, bei denen „mehrere Schwimmer physisch anwesend sein“könnten. Der SVA werde allerdings an den virtuellen Mehrkampfmeisterschaften teilnehmen, weitere virtuelle Wettkämpfe wären vorstellbar. Das sei eine Gelegenheit, auch dem Großteil der Sportler einen Wettstreit zu ermöglichen. Eine Zusammenarbeit mit einem anderen Verein, wie dem SB Delphin Augsburg, sei bei Wettkämpfen in der nächsten Zeit gut möglich. So könnten die
Sportler beider Vereine gemeinsam schwimmen. Das könnte sich auch Wolfgang Baiter gut vorstellen, der dort als Trainer tätig ist und zudem als Schwimmwart für den Bezirk Schwaben fungiert: „Wir haben schon Gespräche geführt. So könnten wir zumindest ein bisschen Stimmung erzeugen, die einem Wettkampf ähnelt.“
Dem virtuellen Modell stehe er neutral gegenüber. Es sei immerhin ein Ansatz, dass Schwimmer sich messen könnten, findet Baiter – auch wenn wesentliche Reize fehlen würden. Er gehe zudem fest davon aus, dass die Ergebnisse, die oft noch über die Stoppuhr gemessen werden, auf fairem Wege zustande kommen: „Wenn die Ausrichter einen Schiedsrichter organisieren, der nicht zum eigenen Verein gehört, ist das glaube ich ausgeschlossen“, bekräftigt der Schwimmwart.