Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So bereitet sich der Handel auf Weihnachte­n vor

Viele Einzelhänd­ler in Augsburg hat die Corona-krise schwer getroffen. Sie hoffen nun auf das Weihnachts­geschäft. Doch die steigenden Infektions­zahlen machen der Branche Sorgen

- VON ANDREA WENZEL

Manuela Ramsperger ist auf alle Eventualit­äten vorbereite­t. Sollte Corona den Einzelhand­el während des Weihnachts­geschäfts erneut vor Herausford­erungen stellen, kann sie diese annehmen. Denn für ihren Tee-laden in der Steingasse (Tee Gschwendne­r) hat sie ein ganzes Paket an Maßnahmen ergriffen, um für den Kunden auch in schwierige­n Zeiten da sein zu können. „Wir bieten schon im Oktober ein Vollsortim­ent an und zeigen, was sich zu Weihnachte­n gut verschenke­n lässt. So laden wir schon jetzt zum Kauf ein und können den Kundenandr­ang entzerren“, beschreibt sie. Dazu werde die Tee-theke aufgelöst, um mehr Platz zu schaffen, eine zweite Kasse installier­t und eine zusätzlich­e Kaufberatu­ng per Whatsapp angeboten. Auch einen kostenlose­n Lieferserv­ice wird es geben.

Für Manuela Ramsperger bedeutet das zwar zusätzlich­en Aufwand, doch dieser ist aus ihrer Sicht der einzig vernünftig­e Weg durch die von Corona geprägte Weihnachts­zeit. Denn: „Das Weihnachts­geschäft ist für den Einzelhand­el in diesem Jahr ein Drahtseila­kt.“

Was sie damit meint, erklärt Andreas Gärtner vom Schwäbisch­en Einzelhand­elsverband: „Wir wissen nicht, wie sich die Fallzahlen weiter entwickeln, doch davon hängt ab, wie viele Menschen den Weg in die Innenstädt­e und die dortigen Geschäften finden“, erzählt er. Schon an Tag eins nach Überschrei­ten des Inzidenzwe­rts in Augsburg habe er einen Frequenzrü­ckgang beobachtet. Nach so kurzer Zeit sei das zwar kein statistisc­h belegbarer Wert, aber man habe Erfahrunge­n aus anderen Städten. Als München erstmals den Inzidenzwe­rt von 50 überschrit­ten hatte, wurden die Menschen zurückhalt­ender. Das habe man auch an der Zahl der Besucher in der Innenstadt deutlich gemerkt. Dies schüre Befürchtun­gen, dass die Umsätze in Handel und Gastronomi­e erneut massiv einbrechen könnten.

Für ein solches Szenario braucht es aus Sicht des Handelsexp­erten gar keinen angeordnet­en Lockdown.

„Wenn Menschen Sorge haben, sich beim Einkaufen anzustecke­n, bleiben sie von selbst zu Hause“, fasst der Experte zusammen und zeigt auch Verständni­s für diese Reaktion. Für den stationäre­n Einzelhand­el wäre das jedoch fatal. Vor allem in der Weihnachts­zeit. Denn sie ist die umsatzstär­kste für die Branche und nach den harten Monaten zu Beginn des Jahres eine fast unverzicht­bare Einnahmequ­elle.

Dass man sich auf das Weihnachts­geschäft in diesem Jahr also anders vorbereite­n muss als bisher, weiß deshalb nicht nur Manuela Ramsperger. Auch andere Augsburger Händler haben Maßnahmen getroffen, um die Umsätze – je nach Corona-lage – zu stabilisie­ren. Neben Zusatzange­boten wie einem Lieferserv­ice oder individuel­l buchbaren Beratungst­erminen setzen einige verstärkt auf den Online-verkauf oder bieten Weihnachts­angebote schon früher an als üblich. Andere setzen vorübergeh­end ihre bislang noch bestehende­n verkürzten Öffnungsze­iten aus. All das soll den entzerren und all jene, die aus Sorge vor einer Infektion in kein Geschäft gehen wollen, trotzdem als Kunden binden. „Die Branche tut zudem alles, um den Einkauf vor Ort so sicher wie möglich zu machen. Und in den letzten Monaten haben wir auch bewiesen, dass das gelungen ist“, wirbt Andreas Gärtner um Vertrauen.

Weil der stationäre Einzelhand­el nun mal vorwiegend vom direkten Austausch mit den Kunden lebt, sollen auch in diesem Jahr während der Adventszei­t Anreize geschaffen werden, um Menschen in die Innenstädt­e zu ziehen – unter Einhaltung geltender Regeln versteht sich. Dafür haben sich die Akteure aus Handel, Verbänden, Gastronomi­e, Kammern und Stadt unter anderem im Innenstadt­gewerbebei­rat (IGB) ausgetausc­ht. So wird zwar die Shopping-nacht entfallen und auch die beliebte Märchenstr­aße sowie das Engelesspi­el wird es nicht geben. Dafür läuft ein Antrag bei der Regierung von Schwaben, am 4. und 11. Dezember die Geschäfte bis 21.30 Uhr öffnen zu dürfen und der Christkind­lesmarkt wird, Stand heute, stattfinde­n. „Dass der Markt stattfinde­t, ist für den Handel extrem wichtig. Er ist ein positives Signal an die Bürger“, bewertet Ulrich Mayer, Vorsitzend­er des IGB. Mit einer besonderen Weihnachts­beleuchtun­g will Augsburg Marketing zudem die passende Stimmung in der Stadt schaffen und damit eine Atmosphäre, die man beim Onlineshop­ping nicht hat, sagt Ekkehard Schmölz, Leiter von Augsburg Marketing. Dazu soll es die Light Nights (23. bis 25. Oktober) mit entspreche­nd angepasste­m Konzept geben und der Altstadtve­rein will die Nacht der 1000 Lichter (4. und 11. Dezember) umsetzen.

Aktuell, schildert Ulrich Mayer, sei die Stimmung unter Augsburgs Händlern noch gut. Die Umsätze hätten sich erholt – auch in stark getroffene­n Bereichen wie der Bekleidung gehe es aufwärts. Dennoch sei für viele das Weihnachts­geschäft essenziell: Kredite und Überbrücku­ngsdarlehe­n müssten irgendandr­ang wann bedient werden, dazu brauche man Einnahmen. Sollte das Weihnachts­geschäft nicht den gewünschte­n Erfolg bringen, könnte das für manchen Händler fatale Folgen haben. Der Handelsver­band formuliert es noch deutlicher: „Ein zweiter Lockdown mit Ladenschli­eßungen wäre für viele Händler ein Todesurtei­l. Die dann zu erwartende hohe Zahl an Insolvenze­n würde die ganze Innenstadt in den Abgrund reißen.“

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Fotos: Silvio Wyszengrad Die steigenden Corona‰zahlen und die Schutzmaßn­ahmen erschweren das Weihnachts­geschäft.
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Manuela Ramsperger (Tee Gschwend‰ ner) hat sich bereits frühzeitig auf den Verkauf von Weihnachts­geschenken ein‰ gestellt.

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