Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Meisterfeier im Autokino
Zum ersten Mal bekommen die Handwerker mit dem Meistertitel auch einen Bachelor-abschluss. Die Corona-krise hat die Ausbildung ziemlich durcheinandergebracht
Dillingen/sonthofen Eine solche Meisterfeier hätte sich Anfang des Jahres niemand vorstellen können. Die Handwerkskammer Schwaben hat die neuen Meister am Freitagabend zum feierlichen Abschlussfest eingeladen – Anreise mit dem Auto ist Pflicht, denn die Veranstaltung in Dillingen ist als Autokino arrangiert. Das soll verhindern, dass sich die 487 Absolventen und ihre Begleiter gegenseitig mit Covid-19 anstecken. Es sei die einzige reale Meisterfeier, die dieses Jahr in Bayern stattfinde, lässt der Veranstalter wissen.
In einem der Autos sitzt Daniel Vogler. Der 23-Jährige darf sich nun Meister der Elektrotechnik nennen, hat die Prüfungen sogar als Jahrgangsbester bestanden. Das Coronavirus hat ihm nicht nur ein Wiedersehen mit seinen Freunden aus anderen Gewerken bei der Meisterfeier vereitelt. Schon in den Monaten vor den Prüfungen warf die Pandemie alle geplanten Abläufe über den Haufen: Vogler und seine Kollegen mussten im Frühjahr ihre
Kurse unterbrechen. Der Allgäuer aus Hinang, einem Ortsteil von Sonthofen, erzählt: „Die Schulen waren schon zu, wir haben erst spät erfahren, dass wir auch zu Hause bleiben sollen. Sieben Wochen gab es keinen Unterricht vor Ort.“Nur eine Lehrerin habe aus Eigeninitiative online mit den Meisterschülern weitergearbeitet. Die Dozenten hätten es in dieser Zeit nicht leicht gehabt, sagt Vogler: „Viele von ihnen haben zu Hause einen Betrieb und durch Corona hatten sie dort auch Probleme.“Aber das Virus habe auch Vorteile gehabt: Er und seine Kollegen hätten die Pause genutzt, um den bisherigen Stoff zu wiederholen und sich auf die nächsten Themen vorzubereiten. „Und die Prüfungen waren auch nicht Tag für Tag hintereinander, wie es schon mal war. Es war immer wieder Luft dazwischen, weil es wegen Corona nicht anders organisiert werden konnte.“
Was Vogler nun mit seinem Meistertitel anfängt, ist noch offen: „Ich habe mir noch nicht endgültig überlegt, ob ich mich selbstständig machen will oder nicht.“Vorerst wird er jedenfalls wieder in seinem Ausbildungsbetrieb arbeiten, bei Elektro Lipp in Bad Hindelang. Ihm stehen auch noch andere Karriere-optionen offen: Der Präsident der Handwerkskammer Schwaben, Hans Peter Rauch, betont in seiner Rede, dass auf dem Meisterbrief erstmals auch der „Bachelor Professional“vermerkt ist. Seit Anfang 2020 dürfen alle Meister diesen Titel führen und sind damit den Bachelor-absolventen von den Universitäten gleichgestellt. Passend zum Autokino verglich Rauch den Werdegang der neuen Meister mit einem Film und zog Parallelen zum Wirken
von Walt Disney, der an diesem Freitag vor 97 Jahren den Vorläufer des gleichnamigen Film-imperiums gründete. „Schreiben auch Sie Ihre persönliche Erfolgsgeschichte und die Erfolgsgeschichte des Meisters insgesamt fort“, verabschiedete er die Handwerker.
Das sind die Jahrgangsbesten im Jahrgang 2020:
● Elektrotechniker Daniel Vogler,
Sonthofen
● Feinwerkmechaniker Markus
Wörz, Steingaden
● Fleischer Thorsten Nees, Mömbris
● Friseur Alena Hackenberg, Augsburg
● Kraftfahrzeugtechniker Benedikt Tafertshofer, Huglfing
● Landmaschinenmechaniker Alexander Zink, Altomünster
● Maler und Lackierer Nico Hipp, Mittelbiberach
● Maurer und Betonbauer Franz
Weiß, Wallgau
● Metallbauer Ulrich Kratzer,
Schwennenbach
● Schornsteinfeger Manuel Knöferl,
Welden
● Zimmerer Franz Holzer, Gmund