Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein Campus für die Zukunft der Medizin

Pünktlich zum 50. Gründungsj­ubiläum der Universitä­t Augsburg starten die Bauarbeite­n für das Jahrhunder­tprojekt. Was Studenten und Patienten erwartet

- VON EVA MARIA KNAB

Augsburg In Augsburg werden Ärzte einer neuen Generation ausgebilde­t. Der Modellstud­iengang für Humanmediz­in läuft seit einem Jahr. Er gilt als bayernweit einmalig. Nun folgt der nächste große Schritt: Die Mediziner bekommen einen eigenen neuen Campus. Er wird im Nordwesten der Stadt beim Unikliniku­m entstehen. Studenten und Forscher, aber auch Patienten sollen davon profitiere­n.

Wie groß die Nachfrage nach dem Augsburger Modellstud­ium ist, zeigen die Bewerberza­hlen. Zum Start 2019 bewarben sich über 8000 Interessen­ten aus ganz Deutschlan­d auf die ersten 84 Studienplä­tze in Augsburg. In diesem Jahr werden sogar über 25000 Interessen­ten gezählt. Ein starker Trend nach oben? Medizindek­anin Martina Kadmon sagt dazu, wegen Änderungen im Bewerbungs­verfahren habe die neue Zahl nur „begrenzte Aussagekra­ft“.

Anderersei­ts gibt es Gründe, warum das Augsburger Angebot für junge Leute attraktiv sein dürfte: Im Modellstud­ium werden die klassische­n Fächer aufgebroch­en. Grundlagen­wissen wird vernetzt vermittelt. Studierend­e kommen sehr bald in Kontakt mit Patienten. Sie werden auch sehr früh als Wissenscha­ftler fit gemacht. Fragt man Augsburger Studierend­e, sagen sie, der Lehrstoff sei „nicht so trocken“wie das klassische Medizinstu­dium vielen anderen Unis, vernetzte seien besser zu verstehen.

Noch ist die Gruppe der Augsburger Medizinstu­denten überschaub­ar. Sie hat genügend Platz in einem Übergangsg­ebäude beim Unikliniku­m. Das kann nicht so bleiben. Für den weiteren Aufbau der Medizinfak­ultät gibt es ambitionie­rte Pläne: Aus derzeit rund 170 Medizinstu­denten sollen bis in zehn Jahren 1500 werden. Im Endausbau kommen noch 100 Professore­n und über 1000 Mitarbeite­r hinzu.

Die Folge: All diese Menschen brauchen mehr Raum für Forschung und Lehre. Deshalb baut der Freistaat einen komplett neuen Medizin-campus beim Unikliniku­m. Am Freitag wurde der Grundstein für die ersten beiden Gebäude gelegt. Der symbolisch­e Akt fiel mit einem Jubiläum zusammen – der Gründung der Universitä­t Augsburg vor 50 Jahren.

Wissenscha­ftsministe­r Bernd Sibler (CSU) sprach von einem „historisch­en Datum für die Augsburger Unimedizin und die Universitä­t“. Der Freistaat stehe zu dem Projekt, das gegen einige Widerständ­e realisiert wurde. Der frühere Ministerpr­äsident Horst Seehofer hatte es vor elf Jahren ins Rollen gebracht. 2009 schrieb er ins Goldene Buch der Stadt den mittlerwei­le legendären Satz: „Die Uniklinik kommt!!!“Für Unipräside­ntin Sabine Doeringan Inhalte

Manteuffel ist der Baustart für die ersten beiden Medizingeb­äude auf dem neuen Campus eines der größten Ereignisse in der Geschichte der Universitä­t Augsburg.

Der Medizincam­pus hat allein im ersten Bauabschni­tt eine Fläche von 78 000 Quadratmet­ern. Das sind etwas mehr als zehn Fußballfel­der. Eine Erweiterun­gsfläche von 50 000 Quadratmet­ern ist bereits vorgesehen. In den kommenden Jahren werden dort zahlreiche Bauten entlang einer zentralen Promenade entstehen, außerdem größere Grünund Freifläche­n, die öffentlich zugänglich sind.

Zunächst kommt das neue Lehrgebäud­e. Es soll Raum für moderne Hörsäle, Seminarräu­me, die Medizinisc­he Bibliothek und das Medizin-dekanat der Uni bieten und 2023 in Betrieb gehen. Auch die Forscher bekommen ein neues Domizil. Das Institut für Theoretisc­he Medizin soll bis 2024 fertig sein. Es wird die vorklinisc­hen Lehrstühle beherberge­n, außerdem unter anderem Labore und Praktikums­flächen. Finanziell ist Bayerns neuester Medizin-campus ein Kraftakt für den Freistaat: Allein die ersten beiden Bauten kosten 175 Millionen Euro. Warum kommen die Mediziner nicht auf das Stammgelän­de der Uni im Süden der Stadt, sondern in den Nordwesten Augsburgs? Dafür gibt es triftige Gründe. Gewollt ist eine räumliche Nähe und damit ein enger Austausch der Medizinisc­hen Fakultät mit der Uniklinik. Das soll nicht nur Studenten und Forschern, sondern auch Patienten nutzen.

Im Großkranke­nhaus werden jährlich mehr als eine Viertelmil­lion ambulante und stationäre Patienten behandelt. Das große Ziel ist, dass mit der Unimedizin kranke Menschen noch schneller von neuesten Forschungs­ergebnisse­n zu großen Krankheite­n unserer Zeit profitiere­n, etwa beim Thema Krebs, bei Herz-kreislauf-erkrankung­en oder Allergien. Es wird neue Forschungs­programme geben. Spezialgeb­iete in Augsburg sind Umweltmedi­zin und Medizininf­ormatik.

Deutschlan­dweit boomt die Medizinbra­nche, nicht nur in Zeiten von Corona. Deshalb erwartet man sich in Augsburg von der Unimedizin auch wichtige Impulse für den Wirtschaft­sstandort. Mit der rasanten Entwicklun­g sind aber auch Ängste verbunden. Einige befürchten, dass mit dem Zuzug von Medizin-arbeitskrä­ften bezahlbare Wohnungen noch knapper werden. Auch der künftige Bereich für Tierversuc­he am Medizin-campus hat Kritiker auf den Plan gerufen. Sie fordern, Augsburg müsse tierversuc­hsfrei bleiben.

Die ersten beiden Bauten kosten 175 Millionen Euro

 ?? Foto: Stefan Puchner ?? Der neue Campus der Medizinisc­hen Fakultät entsteht in der Nähe der Uniklinik. Dies soll unter anderem einen engen Austausch zwischen Forschern und Ärzten ermögliche­n und auch den Patienten nutzen.
Foto: Stefan Puchner Der neue Campus der Medizinisc­hen Fakultät entsteht in der Nähe der Uniklinik. Dies soll unter anderem einen engen Austausch zwischen Forschern und Ärzten ermögliche­n und auch den Patienten nutzen.

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