Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Stoßlüften ist an Schulen das Gebot der Stunde
Auch wenn es draußen kalt ist, müssen die Augsburger Schulen wegen des Corona-risikos für ausreichend Frischluft in den Unterrichtsräumen sorgen. Doch nicht überall lassen sich aber die Fenster öffnen
In Augsburg steigen die Coronazahlen massiv, an etwa der Hälfte der rund 70 Schulen befinden sich Klassen und Lehrkräfte in häuslicher Quarantäne. Trotz allem will die Stadt vorbehaltlich möglicher neuer bayernweiter Regelungen den Präsenzunterricht in den Bildungsstätten aufrechterhalten. „Wir müssen komplette Schulschließungen so lange wie möglich verhindern. Für die Bildungsgerechtigkeit und auch für die Eltern ist ein Präsenzunterricht sehr wichtig“, sagt Bildungsreferentin Martina Wild (Grüne). „Das Infektionsrisiko an Schulen können wir nicht auf null reduzieren. Aber wir müssen versuchen, das Infektionsrisiko durch geeignete Maßnahmen zu minimieren.“
Neben dem Abstandhalten, dem regelmäßigen Händewaschen und dem Tragen eines Mund-nasenschutzes im Unterricht – ab einem Wert von 50 Infektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche auch in der Grundschule – zählt das regelmäßige Lüften der Unterrichtsräume zu den wichtigsten Maßnahmen, um die Ansteckungsgefahr einzudämmen. Die Stadt orientiert sich dabei an den staatlichen Vorgaben. Darin heißt es: „Mindestens alle 45 Minuten ist eine Stoßlüftung beziehungsweise Querlüftung durch vollständig geöffnete Fenster über mehrere Minuten (mindestens fünf Minuten) vorzunehmen, wenn möglich auch öfters während des Unterrichts.“Ergänzend empfiehlt das Umweltbundesamt Stoßlüften bereits alle 20 Minuten.
Laut Wild wurden alle Schulen über das korrekte Lüften unterrichtet. Demnach sei Stoßlüften die effektivste Methode, weil durch den Temperaturunterschied zwischen drinnen und draußen die Luft ausgetauscht statt nur abgekühlt wird, wie es beim Dauerlüften der Fall sei. Zudem werde es in diesem Fall an den Tischen entlang der Fensterfront sehr kalt. An vielen Schulen wurden Schüler dennoch darauf hingewiesen, sich wärmer anzuziehen.
Das Maß der Frischluftzufuhr in gemeinsam genutzten Räumen birgt – nicht erst seit der Pandemie – Konfliktpotenzial. So äußerte Vater Jörg Betz gegenüber unserer Redaktion sein Unverständnis, dass in der Klasse seiner zehnjährigen Zwillinge in der Grundschule bei St. Max während des gesamten Unterrichts die Fenster weit offen stünden. „Weil meine Kinder so frieren, sitzen sie mit Jacke und Schal im Zimmer. Vor allem für meine asthmakranke Tochter ist die kalte Luft gar nicht gut.“Auf seine Nachfrage habe er von einer entsprechenden Lüftungsanweisung gehört, sagt der Vater. Markus Wörle vom Staatlichen Schulamt entgegnet nach Rücksprache mit der Schulleitung, dass es bei St. Max keine entsprechende Anweisung gebe. Vielmehr werde der Rahmenhygieneplan mit dem darin empfohlenen Zeitrhythmus des Stoßlüftens umgesetzt.
In manchen Schulen geht es derzeit aber nicht um ein Zuviel an Frischluft, sondern um die Frage, ob aufgrund der baulichen Gegebenheiten überhaupt eine ausreichende Belüftung möglich ist. Nach Angaben des Bildungsreferats ist das bei den meisten Unterrichtsräumen der Fall. Einschränkungen gebe es an einigen Standorten (etwa an der Albert-einstein-schule in Haunstetten), wo sich einzelne Fenster aus Sicherheitsgründen nicht öffnen lassen. Darüber hinaus gebe es Schulen, in denen in einigen Räumen die Fenster nur gekippt werden können. Laut Wild soll an der Wernervon-siemens-schule in Hochzoll kommende Woche eine Schreinerfirma die Fenster umbauen. Auch am Fugger-gymnasium sei die nicht zufriedenstellend.
Nach Expertenmeinung können Raumluftreiniger (etwa Filtersysteme) nicht das regelmäßige und richtige Lüften ersetzen. Dennoch ist die Anschaffung derartiger Geräte bei der Stadt ein Thema, weiß Bürgermeisterin Wild. „Das Schulverwaltungsamt und die Bauverwaltung prüfen zurzeit, wo ein Einsatz in Einzelfällen und in Räumen, in den sich Fenster nicht komplett öffnen lassen, flankierend fachlich sinnvoll ist.“Allerdings müssen die Filter der Geräte täglich für etwa eine halbe Stunde auf 100 Grad erhitzt werden – andernfalls können sie sogar zur Virenschleuder werden. Wild hält auch den Einsatz von sogenannten Co2-ampeln für sinnvoll – sie zeigen anhand des Kohlendioxidgehalts in der Atemluft an, wann es wieder mal Zeit zum Lüften
Situation ist. Der Staat hat die Förderung solcher Apparate angekündigt, allerdings gibt es noch offene Fragen.
Die Lüftungsthematik ist im Übrigen nicht nur an Schulen ein Thema. Auch bei den Sitzungen von Ausschüssen und Stadtrat im Rathaus sollen Türen offen bleiben und gelüftet werden. Am Mittwoch sorgte das schon für Debatten zwischen den Fraktionen, weil manchen Stadträten die Zugluft unangenehm war. Die Grünen bestanden wiederholt darauf, dass der Sitzungssaal gemäß den Maßgaben quergelüftet wird. Wenn man den Schülern das Lüften aus Gründen des Infektionsschutzes zumute, müsse dies auch der Stadtrat über sich ergehen lassen und sich halt warm anziehen. Schließlich habe man eine Vorbildfunktion, so Fraktionsvorsitzende Verena von Mutius-bartholy.