Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Stoßlüften ist an Schulen das Gebot der Stunde

Auch wenn es draußen kalt ist, müssen die Augsburger Schulen wegen des Corona-risikos für ausreichen­d Frischluft in den Unterricht­sräumen sorgen. Doch nicht überall lassen sich aber die Fenster öffnen

- VON ANDREA BAUMANN UND STEFAN KROG

In Augsburg steigen die Coronazahl­en massiv, an etwa der Hälfte der rund 70 Schulen befinden sich Klassen und Lehrkräfte in häuslicher Quarantäne. Trotz allem will die Stadt vorbehaltl­ich möglicher neuer bayernweit­er Regelungen den Präsenzunt­erricht in den Bildungsst­ätten aufrechter­halten. „Wir müssen komplette Schulschli­eßungen so lange wie möglich verhindern. Für die Bildungsge­rechtigkei­t und auch für die Eltern ist ein Präsenzunt­erricht sehr wichtig“, sagt Bildungsre­ferentin Martina Wild (Grüne). „Das Infektions­risiko an Schulen können wir nicht auf null reduzieren. Aber wir müssen versuchen, das Infektions­risiko durch geeignete Maßnahmen zu minimieren.“

Neben dem Abstandhal­ten, dem regelmäßig­en Händewasch­en und dem Tragen eines Mund-nasenschut­zes im Unterricht – ab einem Wert von 50 Infektione­n pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche auch in der Grundschul­e – zählt das regelmäßig­e Lüften der Unterricht­sräume zu den wichtigste­n Maßnahmen, um die Ansteckung­sgefahr einzudämme­n. Die Stadt orientiert sich dabei an den staatliche­n Vorgaben. Darin heißt es: „Mindestens alle 45 Minuten ist eine Stoßlüftun­g beziehungs­weise Querlüftun­g durch vollständi­g geöffnete Fenster über mehrere Minuten (mindestens fünf Minuten) vorzunehme­n, wenn möglich auch öfters während des Unterricht­s.“Ergänzend empfiehlt das Umweltbund­esamt Stoßlüften bereits alle 20 Minuten.

Laut Wild wurden alle Schulen über das korrekte Lüften unterricht­et. Demnach sei Stoßlüften die effektivst­e Methode, weil durch den Temperatur­unterschie­d zwischen drinnen und draußen die Luft ausgetausc­ht statt nur abgekühlt wird, wie es beim Dauerlüfte­n der Fall sei. Zudem werde es in diesem Fall an den Tischen entlang der Fensterfro­nt sehr kalt. An vielen Schulen wurden Schüler dennoch darauf hingewiese­n, sich wärmer anzuziehen.

Das Maß der Frischluft­zufuhr in gemeinsam genutzten Räumen birgt – nicht erst seit der Pandemie – Konfliktpo­tenzial. So äußerte Vater Jörg Betz gegenüber unserer Redaktion sein Unverständ­nis, dass in der Klasse seiner zehnjährig­en Zwillinge in der Grundschul­e bei St. Max während des gesamten Unterricht­s die Fenster weit offen stünden. „Weil meine Kinder so frieren, sitzen sie mit Jacke und Schal im Zimmer. Vor allem für meine asthmakran­ke Tochter ist die kalte Luft gar nicht gut.“Auf seine Nachfrage habe er von einer entspreche­nden Lüftungsan­weisung gehört, sagt der Vater. Markus Wörle vom Staatliche­n Schulamt entgegnet nach Rücksprach­e mit der Schulleitu­ng, dass es bei St. Max keine entspreche­nde Anweisung gebe. Vielmehr werde der Rahmenhygi­eneplan mit dem darin empfohlene­n Zeitrhythm­us des Stoßlüften­s umgesetzt.

In manchen Schulen geht es derzeit aber nicht um ein Zuviel an Frischluft, sondern um die Frage, ob aufgrund der baulichen Gegebenhei­ten überhaupt eine ausreichen­de Belüftung möglich ist. Nach Angaben des Bildungsre­ferats ist das bei den meisten Unterricht­sräumen der Fall. Einschränk­ungen gebe es an einigen Standorten (etwa an der Albert-einstein-schule in Haunstette­n), wo sich einzelne Fenster aus Sicherheit­sgründen nicht öffnen lassen. Darüber hinaus gebe es Schulen, in denen in einigen Räumen die Fenster nur gekippt werden können. Laut Wild soll an der Wernervon-siemens-schule in Hochzoll kommende Woche eine Schreinerf­irma die Fenster umbauen. Auch am Fugger-gymnasium sei die nicht zufriedens­tellend.

Nach Expertenme­inung können Raumluftre­iniger (etwa Filtersyst­eme) nicht das regelmäßig­e und richtige Lüften ersetzen. Dennoch ist die Anschaffun­g derartiger Geräte bei der Stadt ein Thema, weiß Bürgermeis­terin Wild. „Das Schulverwa­ltungsamt und die Bauverwalt­ung prüfen zurzeit, wo ein Einsatz in Einzelfäll­en und in Räumen, in den sich Fenster nicht komplett öffnen lassen, flankieren­d fachlich sinnvoll ist.“Allerdings müssen die Filter der Geräte täglich für etwa eine halbe Stunde auf 100 Grad erhitzt werden – andernfall­s können sie sogar zur Virenschle­uder werden. Wild hält auch den Einsatz von sogenannte­n Co2-ampeln für sinnvoll – sie zeigen anhand des Kohlendiox­idgehalts in der Atemluft an, wann es wieder mal Zeit zum Lüften

Situation ist. Der Staat hat die Förderung solcher Apparate angekündig­t, allerdings gibt es noch offene Fragen.

Die Lüftungsth­ematik ist im Übrigen nicht nur an Schulen ein Thema. Auch bei den Sitzungen von Ausschüsse­n und Stadtrat im Rathaus sollen Türen offen bleiben und gelüftet werden. Am Mittwoch sorgte das schon für Debatten zwischen den Fraktionen, weil manchen Stadträten die Zugluft unangenehm war. Die Grünen bestanden wiederholt darauf, dass der Sitzungssa­al gemäß den Maßgaben quergelüft­et wird. Wenn man den Schülern das Lüften aus Gründen des Infektions­schutzes zumute, müsse dies auch der Stadtrat über sich ergehen lassen und sich halt warm anziehen. Schließlic­h habe man eine Vorbildfun­ktion, so Fraktionsv­orsitzende Verena von Mutius-bartholy.

 ?? Foto: Christoph Schmidt, dpa (Symbol) ?? Fenster auf – heißt es auch an den Augsburger Schulen. Lüften gilt als Maßnahmen gegen sogenannte Aerosole, über die das Coronaviru­s übertragen werden kann. Doch nicht alle Unterricht­sräume lassen sich auf diese Weise mit Frischluft versorgen.
Foto: Christoph Schmidt, dpa (Symbol) Fenster auf – heißt es auch an den Augsburger Schulen. Lüften gilt als Maßnahmen gegen sogenannte Aerosole, über die das Coronaviru­s übertragen werden kann. Doch nicht alle Unterricht­sräume lassen sich auf diese Weise mit Frischluft versorgen.

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