Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wenig Aussicht auf Corona Lockerungen
Politiker und Experten stimmen auf einen harten Winter voller Einschränkungen ein
Berlin/stuttgart Die Hoffnung, dass der Teil-lockdown in Deutschland rasch zu einem Sinken der Infektionszahlen und Lockerungen der Einschränkungen führen wird, hat sich weiter zerschlagen. Führende Politiker und Experten stimmten die Bürger auf einen harten Winter ein. Baden-württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann dämpfte etwa Hoffnungen auf ein vergleichsweise normales Weihnachtfest, das ja eigentlich möglich werden sollte.
„Bei den Maßnahmen, die wir getroffen haben, geht es darum, die Infektionswelle zu brechen. Erst wenn uns das gelingt – und zwar auf durchschlagende Weise –, können wir darüber sprechen, wie wir Weihnachten gestalten“, sagte der Grünen-politiker unserer Redaktion. „Steigen die Zahlen weiter exponentiell an, wird das zur Überlastung der Krankenhäuser führen. Es geht also derzeit um sehr viel mehr als um Weihnachten.“
Diese Sorge äußerte auch der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery. „Wenn es so weitergeht wie gegenwärtig, werden wir mit massiven Personalproblemen und am schlimmsten Bettenmangel kämpfen müssen“, sagte Montgomery unserer Redaktion. „Bisher sehen wir zwar eine Abflachung des Zuwachses an neuen Infektionen, aber keinerlei Abknicken der Infektionskurve nach unten“, warnte der Weltärztepräsident. „Wir werden also – das ist meine Prognose – eher über weitere Einschränkungen reden müssen als über Lockerungen.“
Am Montag will Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder ein Fazit nach zwei Wochen Teil-lockdown ziehen. Ursprünglich sollte es bei diesem Termin auch um mögliche Lockerungen gehen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier rechnet aber etwa bis ins neue Jahr hinein mit Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-pandemie. In den nächsten vier bis fünf Monaten werde es noch zu erheblichen Vorsichtsmaßnahmen kommen, sagte der Cdu-politiker der Bild am Sonntag. Die Infektionszahlen seien nach wie vor viel zu hoch, sogar deutlich höher als vor zwei Wochen, als die verschärften Maßnahmen beschlossen wurden. „Trotz aller Anstrengungen ist eine Wende zum Besseren noch nicht erreicht.“Ähnlich äußerte sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Er verlangte zugleich schärfere und einheitliche Regeln für die Schulen. „Ich werbe dafür, dass wir die Maskenpflicht überall einführen“, sagte Söder Bild live. Wer Schule offenhalten wolle, müsse auf Masken setzen, auch in der Grundschule.
Kritik erntete Altmaier von der Opposition, die Hilfen für Branchen wie Gastronomie und Hotels anmahnte, welche ihren umsatzstärksten Monat Dezember auch noch verlieren könnten – und auf versprochene Hilfe bislang warteten. „Bisher hat die schwarz-rote Bundesregierung die von der Schließung betroffenen Unternehmen im Regen stehen gelassen“, klagte der tourismuspolitische Sprecher der Fdpbundestagsfraktion, Marcel Klinge. „Die Kanzlerin und die Landeschefs müssen sagen, was ab dem 1. Dezember passiert. Von warmen Worten des Bundeswirtschaftsministers kann niemand seine Miete zahlen.“
Das Robert-koch-institut meldete am Sonntag 16947 bestätigte Neuinfektionen. Das sind 930 mehr als vergangenen Sonntag. Am Samstag fiel der Wert mit 22 461 deutlich höher aus, blieb aber um gut 1000 unter dem Rekord vom Freitag.
Allerdings sind die Zahlen am Sonntag häufig niedriger, da am Wochenende nicht alle Daten von Gesundheitsämtern gemeldet werden. Mehr zum aktuellen Infektionsund Debattenstand lesen Sie bitte in der Politik.