Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Konkurrenz für den Käpt’n
Eine Feinkost-firma wirbt plötzlich mit einem Bartträger für Fisch. Das löst bei Iglo leichte Panik aus. Ein Gericht musste entscheiden
Augsburg Da kann man schon ganz verstört sein. Plötzlich sehen bekannte Figuren anders aus. Sie werden modernisiert, umgemodelt und passen ganz und gar nicht mehr zu dem Bild, das wir im Kopf haben. Beispiel Biene Maja: Für den Großteil der Erwachsenen ist die kleine, schlaue, freche Biene Maja ein pummeliges Bienchen, das in allerhand Abenteuer auf der Blumenwiese stolpert. Bis Maja vor einigen Jahren einen digitalen Relaunch erhielt – deutlich schlanker, so, als hätte sie über mehrere Wochen an keinen Honigtopf gedurft. Selbst wenn es nur um Werbegesichter geht, kann das Entsetzen groß sein.
Erinnern Sie sich zum Beispiel, als Ferrero das Gesicht des Buben auf der Kinderschokolade auswechselte? Aus Günter Euringer, dem Kindermodel von einst, war nach 30 Jahren auch schon ein stattlicher Mann geworden. Einige Erwachsene waren aber überzeugt, dass das nicht mehr „ihre“Kinderschokolade ist – was auch viel darüber aussagt, wer Kinderschokolade in Wirklichkeit isst. Ähnliches erlebte der Hamburger Tiefkühlkost-hersteller Iglo, als er 2018 den Käpt’n mit Rauschebart durch den bartärmeren, dafür deutlich gebräunteren Riccardo Acerbi ersetzte, der schon für Campari und Coca-cola im Einsatz stand und mit einem Georgeclooney-lächeln nicht nur Kindergartenkinder anspricht.
Noch ernster als die Kunden auf neue Werbegesichter reagieren die Unternehmen selbst, wenn sie den Verdacht hegen, dass eine andere Firma ihnen die Figur klauen will. So ist Iglo nun gegen den Cuxhavener Feinkosthersteller Appel vor Gericht gezogen, weil dieser eine kapitänsähnliche Werbefigur mit Bart und Mütze herausbrachte. Mit wettergegerbtem Gesicht, einer Dose Fisch in der Hand, Meer und Möwen im Hintergrund. Ein Doppelgänger für den Käpt’n? Da hörte bei Iglo der Spaß auf.
Streit um Marken beschäftigen häufig die Gerichte. Die Sparkassen kämpften für ihr Rot, Ritter Sport für das Quadrat. Adidas für seine Streifen. Iglo aber scheiterte jetzt erst einmal vor dem Landgericht München, dieses hat die Klage am Donnerstag abgewiesen. Die Begründung der Richter kann man sich, tja, wie ein Fischstäbchen auf der Zunge zergehen lassen.
Demnach hat Appel Feinkost Käpt’n Iglo nicht kopiert. Zwar tragen beide Herren Mütze und Bart, anders als Käpt’n Iglo habe die Figur aber keinen blauen Anzug an, sondern einen grauen, sie trage auch keinen weißen Rollkragenpullover und kein weißes T-shirt, sondern eine karierte Weste mit Krawatte sowie einen Seidenschal.
„Der Umstand, dass die Figur der Beklagten am Meer eine Elblotsenmütze trage, macht sie nicht zu einem Seemann“, schreibt das Gericht. Solche Mützen würden im norddeutschen Raum zahlreich getragen, um eine Kapitänsmütze handele es sich beim Doppelgänger nicht. Fazit: „Werbung mit gut aussehenden Männern im etwas reiferen Alter, auch wenn sie einen grau melierten Bart tragen, kann der beklagten Partei per se nicht untersagt werden“, so die Kammer.
Jetzt könnte man darüber philosophieren, womit sich Gerichte beschäftigten sollten (und womit nicht), eines ist mit dem Urteil aber schon mal klar: Es gibt nur einen Käpt’n Iglo, der sich mit einem seidenschaltragenden Doppelgänger nicht so leicht verwechseln lässt.
Über den Geschmack von Dosenfisch und Fischstäbchen ist vor Gericht übrigens nicht geurteilt worden.
Sparkassen sind rot, Ritter Sport ist quadratisch