Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
So ein Mist: Wieder kein King Kong!
Jahr für Jahr sehen Wahrsager Weltuntergänge, Katastrophen und Liebesglück vorher. Auch 2020 gelangen den Protagonisten der Szene nur sehr, sehr wenige Treffer
Roßdorf/heidelberg Us-präsident Donald Trump siegt bei den Wahlen – anschließend kommt es zum Weltuntergang. Ein Riesenaffe im Kingkong-format wird auf einer einsamen Insel entdeckt. Ein Roboter überfällt eine Bank und Pinguine belästigen Menschen in einer Stadt. All das stand ebenso auf der Liste von Wahrsagern für 2020 wie Vulkanausbrüche, Waldbrände oder Erdbeben – und die Sieger der Olympischen Spiele.
Die fanden in diesem Jahr aber gar nicht statt, die globale Coronapandemie verhinderte viele Sportereignisse. Die Auswirkungen des 2020 allgegenwärtigen Virus finden sich indes in den Prophezeiungen nicht wieder, hat die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) im südhessischen Roßdorf festgestellt. „Hätten Vertreter dieser Zunft Anfang des Jahres in ihren Prognosen Stichworte wie Lockdown oder Maskenpflicht erwähnt, man hätte sie zwar anfangs belächelt, aber bereits im Frühjahr hätten sie stolz auf ihre Prognosetreffer verweisen können“, heißt es.
Wie in jedem Jahr hätten sich Wahrsager, Astrologen und Hellseher auf ganzer Linie blamiert. Dem Mainzer Mathematiker Michael Kunkel zufolge versuchten einige Protagonisten der Szene, ihre Deutungen als Hinweis auf Corona auszulegen. So sei im Januar von einer Wahrsagerin ein „schlimmes Ereignis“prognostiziert worden. „Wenn man einen Prognosetreffer nachträglich wortreich erklären muss, dann kann die Prognose nicht toll gewesen sein.“
Eine Kritik, die der Deutsche Astrologen-verband in Heidelberg so nicht gelten lassen will. Es sei ein „Jahr der Extreme“mit „extremen Maßnahmen und Einschränkungen“vorhergesagt worden, sagt der Vorsitzende Klemens Ludwig. Auf die Pandemie sei gleichsam nicht explizit eingegangen worden. „Pluto stand in extremer Verbindung mit anderen Planeten“, sagt Ludwig. „Was wir am Himmel sehen, sehen ja alle, sie ziehen nur keine Schlüsse daraus.“Pluto habe ganz eng mit Saturn, Jupiter und Mars zusammengestanden. „Das bedeutet nicht unbedingt viel Gutes.“
Den globalen Höhepunkt der Pandemie sieht Ludwig mit dem vergangenen November überschritten. „Die Dramatik wie dieses Jahr wird es im kommenden nicht geben. Wir können optimistischer in das nächste Jahr blicken“, sagt er. Ganz massiv würden 2021 Konflikte zwischen Altem und Neuem sein. „Das Thema ist, wo macht Neues Sinn und woran soll man festhalten“, sagt er mit Blick etwa auf Homeoffice und digitalen Unterricht an Schulen.
Dem Mathematiker Kunkel gefallen indes die skurrilen Prognosen besser, weil sie unterhaltsamer sind. So erschien der Riesenaffe wie im vergangenen auch in diesem Jahr nicht. Weder der Banküberfall eines Roboters noch die zickigen Pinguine in einer Stadt bewahrheiteten sich bislang. Im Boulevard gab es wieder zahlreiche Prognosen über Liebe, Gesundheit, Karriere und royalen Nachwuchs.
Der GWUP zufolge wurden 2020 weit über 100 prognostische Texte aus Büchern, astrologischen Almanachen, Websites, Videos, Blogs oder der Presse ausgewertet. Vielvorhersager stellten teils hunderte
Prognosen ins Netz. Bei der Auswertung werden die Prognosen – soweit möglich – wörtlich genommen und es wird berücksichtigt, wie wahrscheinlich ein Eintreffen ist. „Eine echte Vorhersage sollte klar formuliert sein, sollte also enthalten, was wann und wo passieren soll.“Dies sei eher selten. „Dass Trump das Ergebnis der Wahl in vielen Bundesstaaten vor Gericht anfechten würde, hat meines Wissens niemand prophezeit“, sagt Kunkel. Dagegen blieb der Weltuntergang nach einem Wahlsieg Trumps ebenso aus wie der Sieg selber.
Kunkel hat auch ein lobendes Wort über Astrologe Ludwig. Bei allen Falschvorhersagen anderer hat dieser für 2020 einen Treffer. Ludwig sah ein Abrutschen des Aktienindex Dax unter die Marke von 8500 Punkten voraus. Kunkel: „Auch wenn es nur an wenigen Tagen war und es in der astrologischen Analyse um langfristige Tendenzen ging – der Dax war unter 8500 Punkten und die Prognose damit richtig.“In der Corona-krise fiel der Index im März auf 8441,71 Punkte.