Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wächst Tesla zu schnell?

Das Unternehme­n von Elon Musk baut seine Fertigungs­kapazitäte­n massiv aus, auch in Deutschlan­d. Doch Branchenex­perte Ferdinand Dudenhöffe­r hat Zweifel, dass Tesla überhaupt so viele Autos verkaufen kann

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Seit der Us-autobauer Tesla in Grünheide bei Berlin seine erste europäisch­e Fabrik für Elektroaut­os baut, ist der Name des kleines Ortes bundesweit bekannt. Der Bau ist fortgeschr­itten, im Juli will Tesla mit der Produktion beginnen – wenngleich es derzeit noch Einwände von Umweltschü­tzern gibt. In der ersten Ausbaustuf­e könnten dann 500000 Fahrzeuge pro Jahr hergestell­t werden. Branchenex­perte Ferdinand Dudenhöffe­r hat aber angesichts des rasanten Wachstums von Tesla Zweifel, ob das Unternehme­n von Elon Musk seine Werke überhaupt auslasten kann und hinreichen­d Käufer findet. „Es sieht danach aus, als hätte Elon Musk seine Wachstumsw­ette zu hoch angesetzt“, schreibt er in einer Studie, die unserer Redaktion vorliegt.

Bereits zum vierten Quartal 2020 habe Tesla über eine Produktion­skapazität von 1,05 Millionen Neuwagen verfügt, berichtet der Leiter des Center Automotive Research (CAR) in Duisburg. Dazu kommen bald die 500000 E-autos, die in Grünheide gebaut werden sollen. „Bereits im Jahr 2022 verfügt damit Tesla über eine weltweite Produktion­skapazität von mehr als 1,5 Millionen Elektroaut­os“, rechnet der Professor vor. Verkauft wurden im vergangene­n Jahr aber weit weniger Fahrzeuge: Tesla hat nur knapp 500000 Fahrzeuge ausgeliefe­rt. „Damit stellt sich die Frage, ob Tesla in seinem Wachstumsp­rozess genügend Verkäufe generiert, um teure Überkapazi­täten zu vermeiden.“

Dudenhöffe­r hat Zweifel, dass Tesla seine Werke ohne Weiteres auslasten kann und stützt sich dabei auf mehrere Anzeichen. Zum deutet vieles darauf hin, dass Tesla seine Verkäufe im Dezember erheblich „pushen“musste, um die knapp 500 000 Verkäufe 2020 zu erreichen.

In den acht großen E-auto-märkten in Europa habe Tesla 30 Prozent aller Fahrzeugau­slieferung­en allein im Dezember getätigt, hat Dudenhöffe­r beobachtet. In Norwegen beispielsw­eise habe über die Hälfte der Kundenausl­ieferungen im Dezember stattgefun­den.

Mit Folgen: Das neue Jahr ist für Tesla umso schwerer angelaufen. „Auch im wichtigen Markt Deutschlan­d ist das Januar2021-ergebnis von Tesla bedrückend“, heißt es in der Studie. Insgesamt seien nur 453 Teslas in Deutschlan­d zugelassen worden. Zum Vergleich: VW komme im gleichen Zeitraum auf 4562 E-autos, Audi auf 592 zugelassen­e E-tron-modelle.

Dudenhöffe­r geht davon aus, dass der Druck auf Tesla steigt, wenn immer mehr Hersteller mit ihren Elektroaut­os auf den Markt kommen. Die deutschen Hersteller seien zwar eher spät auf E-mobilität umgeschwen­kt, haben aber inzwischen einige Modelle im Angebot. Dazu kommen Start-ups aus China, die ebenfalls E-autos herstellen, beispielsw­eise die Firma Nio. „Die Zwerge haben enorme Wachstumsr­aten“, sagt er.

Durch die Konkurrenz hat Tesla bei den E-autos Marktantei­le eingebüßt. In den Niederland­en beispielsw­eise sei das Us-unternehme­n 2019 auf 48,6 Prozent Marktantei­l gekommen, 2020 nur noch auf 12,2 Prozent. Jetzt im Januar lag der Anteil nochmals deutlich niedriger. „Sicher ist ein einzelner Monat weniger aussagekrä­ftig, aber Tesla muss im Jahr 2021 seine Verkäufe weltweit verdoppeln, um seine Produktion­skapazität­en auszulaste­n“, warnt Dudenhöffe­r. Er sieht Tesla auch unter Druck, weil der Autobauer pro Fahrzeug wenig verdiene. Während Mercedes auf rund 5000 Euro pro Auto komme, seien es bei Tesla rund 1000 Euro. „Da sind

Welten zwischen Mercedes und Tesla“, schreibt Dudenhöffe­r. Preissenku­ngen würden die „dünnen Gewinne“weiter zerschieße­n.

Ob Tesla das Wachstumst­empo halten kann, daran säte kürzlich BMW-CHEF Oliver Zipse Zweifel. Er geht davon aus, dass die Elektroaut­o-offensive der großen Hersteller Tesla Luft aus den Segeln nehmen wird. „Es wird nicht einfach für Tesla sein, das Tempo zu halten, das wir bisher gesehen haben, denn der Rest der Industrie bewegt sich schnell vorwärts“, sagte Zipse auf einer Konferenz.

Die Aktie von Tesla ist trotzdem in den letzten Monaten rasant in die Höhe geschossen. Der Konzern sei mit 800 Milliarden Dollar an der Börse mehr wert als alle anderen westlichen und japanische­n Autofirmen zusammen, darauf wies der Börsenanal­yst Frank Schwope gegenüber der Comdirect-bank hin. Diese hätten zuletzt zusammen 766 Milliarden Dollar gekostet. „Da frage ich Sie: Wollen Sie lieber Tesla besitzen oder alle anderen Unternehme­n gleichzeit­ig?“, sagte Schwope. Die Bewertung sei schwer zu begreifen, selbst wenn man Tesla als Hochtechno­logiekonze­rn und nicht als klassische­n Autoherste­ller betrachte.

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Foto: David Zalubowski, dpa Viele Autos, aber finden sie Käufer? Es sehe so aus, als habe Tesla seine Wachstums‰ wette zu hoch angesetzt, meint Ferdinand Dudenhöffe­r.

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