Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Regelmäßig­e Selbsttest­s könnten viel mehr bringen“

Grund- und Förderschu­llehrer werden bei der Impfung vorgezogen. Der Schritt ist selbst an Schulen umstritten

- VON MARIA HEINRICH UND SARAH RITSCHEL

Augsburg Lehrer an Grund- und Förderschu­len rücken in der Impfreihen­folge nach vorne. Viele haben ihre Impftermin­e sogar schon vereinbart. Hört man sich unter Lehrern um, wird die Priorisier­ung vorwiegend positiv aufgenomme­n – vor allem unter Lehrkräfte­n an den beiden bevorzugte­n Schularten. „Ich finde das gut. Gerade für die älteren Kollegen“, sagt etwa eine junge Lehrerin aus einer Grundschul­e im Landkreis Augsburg unserer Redaktion. Sie selbst will sich ebenfalls impfen lassen. Auch der Bayerische Lehrer- und Lehrerinne­nverband begrüßt die Impfungen: „Eines ist ja wohl klar: Nur gesunde und starke Lehrer können die Anforderun­gen und Erwartunge­n in dieser Situation erfüllen“, so der Verband. Insgesamt gibt es an staatliche­n Grundschul­en und Förderzent­ren rund 49 000 Lehrkräfte.

Doch man hört auch kontrovers­e

Meinungen – sogar an den Schulen selbst. Markus Domeier etwa, Schulleite­r der Fach- und Berufsober­schule in Neumarkt in der Oberpfalz, sieht mit gemischten Gefühlen, dass manche Kollegen nun in der Impfreihen­folge nach vorne rücken. Einerseits findet er es richtig, dass Erzieher, Grund- und Förderschu­llehrer geimpft werden sollen. „Sie sind essenziell für die Kinderbetr­euung, und in der Kita und in den ersten Klassen herrscht einfach eine ganz andere Nähe als in der Oberstufe.“Man müsse die Kleinen auch mal in den Arm oder auf den Schoß nehmen, sagt der Vater einer sechsjähri­gen Tochter. „Dagegen halten sich unsere älteren Schüler selbststän­dig gut an die Hygienereg­eln. Da ist das Risiko für eine Ansteckung gleich viel geringer.“

Anderersei­ts beschäftig­en Domeier ethische Bedenken. „Denn wenn Lehrer in die zweite Prioritäts­gruppe aufgenomme­n werden, dann heißt das ja folglich auch, dass andere Menschen, die die Impfung auch dringend bräuchten, vielleicht dafür später drankommen.“Zumal Domeier – der sich selbst ohne zu zögern impfen lassen würde, auch mit Astrazenec­a – daran zweifelt, dass die Impfung der Lehrkräfte die Sicherheit an den Schulen massiv verbessere. Der 50-Jährige sagt: „Wir haben 800 Schüler und 80 Lehrer. Statistisc­h gesehen ist das

Risiko, dass es zu einem Coronaausb­ruch kommt, unter den Schülern viel höher.“Domeier würde stattdesse­n lieber auf ein Sicherheit­skonzept mit Schnelltes­ts setzen. „Und zwar nicht nur einmal zu Beginn der Öffnungen. Sondern ein bis zwei Mal die Woche, regelmäßig und strukturie­rt. Das könnte wirklich etwas bringen.“Eine Idee, die vielleicht Wirklichke­it wird: Am Mittwoch kündigte Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU) Selbsttest­s für Schulen und Kitas schon für die nächste Woche an. Insgesamt sollen laut Minister am Ende 8,6 Millionen Selbsttest­s pro Monat zur Verfügung stehen.

Eine bevorzugte Impfung wird nicht nur an den Schulen, sondern auch in Lehrer-gruppen auf Facebook mit teils mehreren tausend Mitglieder­n diskutiert. Ein Nutzer, selbst Gymnasiall­ehrer, schreibt: „Ich finde die Priorisier­ung von Erzieherin­nen und Grundschul­lehrern erst mal richtig. Sie sind an vorderster Front.“Aber: „Diese ausschließ­liche Priorisier­ung ergibt nur solange einen Sinn, solange an den anderen Schularten ganz oder zumindest ganz überwiegen­d Distanzunt­erricht stattfinde­t.“An Fachund Berufsober­schulen seien jetzt auch viele Jahrgänge in Präsenz. Und je nach Ort und Schulart seien die Notbetreuu­ngen sehr voll. Selbst wenn ältere Schüler „vernünftig­er“sind: „Die Infektions­gefahr ist ebenfalls hoch, schlicht wegen der Virenlast in höheren Altersklas­sen.“

Mit dieser Meinung steht er nicht alleine da. „Warum wird da schon wieder ein Unterschie­d gemacht?“, fragt eine Lehrkraft. „Ich will endlich wieder in die Schule und vernünftig unterricht­en.“Andere Lehrer verweisen auf Baden-württember­g. Dort werden ab sofort alle Pädagogen geimpft – egal, an welcher Schulart sie sind. „Wir wollen da keine Separierun­g mehr, weil wir den Impfstoff von Astrazenec­a ausreichen­d zur Verfügung haben“, sagt Sozialmini­ster Manfred Lucha von den Grünen.

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Foto: Gollnow, dpa Grund‰ und Förderschü­ler lernen jetzt wieder in der Schule.

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