Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Frösche im Klo, Skorpione im Schuh

Hannah Emde ist Tierärztin. Aber sie kümmert sich nicht um Hunde oder Pferde, sondern um seltene Tiere wie Gibbon-äffchen. Hier erzählt sie von ihrem Alltag im Dschungel

- VON KATHARINA HEIMEIER

Hannah Emde sitzt gerade beim Mittagesse­n, als der Notruf kommt. Ein Gibbon-äffchen liegt auf einem Weg im Regenwald. Hannah Emde arbeitet zu diesem Zeitpunkt als Tierärztin im Dschungel. Die Luft dort ist schwül und heiß, von den Bäumen hängen Lianen. Affen rufen, Vögel zwitschern. Hier ist es nie still.

Hannah Emde läuft sofort los, als der Notruf kommt. „Wir haben vier Stunden gewartet, ob die Eltern zurückkehr­en – aber sie kamen nicht“, berichtet sie. Damit das Affen-baby nicht in der nächtliche­n Kälte erfriert, nimmt Hannah Emde es schließlic­h mit. Sie füttert es und untersucht es. Zum Glück ist das Affen-baby nicht verletzt.

Die Affen werden als Haustiere gefangen

Dieser Vorfall ereignete sich, als Hannah Emde gerade auf der Insel Borneo in Südostasie­n arbeitete. Die Tierärztin ist nicht das ganze Jahr im Dschungel unterwegs, aber immer wieder für mehrere Monate.

Auf der Insel Borneo will Hannah Emde gemeinsam mit Tierschütz­ern vor Ort eine Auffangsta­tion für Gibbon-affen errichten. Gibbons sind kleine Menschenaf­fen und gehören zu den besonders gefährdete­n Tierarten. Sie leben vor allem in Bäumen. Dort schwingen sie sich mit ihren langen Armen von Ast zu Ast. Wenn sie auf dem Boden oder auf dickeren Ästen laufen, dann meist aufrecht auf zwei Beinen.

„Weil sie als Babys so süß sind, werden Gibbons extrem viel gejagt und als Haustiere gehalten“, sagt die Artenschüt­zerin. Aber wenn die Gibbons ausgewachs­en

sind, werden viele von ihnen wieder ausgesetzt oder verkümmern in kleinen Käfigen. Für diese Affen soll die Auffangsta­tion gebaut werden.

Dort sollen sie aufgepäppe­lt und ausgewilde­rt werden, wenn möglich.

Hannah Emde erzählt: Wenn sie für ihre Arbeit im Dschungel unterwegs ist, fühlt sich das an wie eine andere Welt. Sie beobachtet Orangutans, fährt mit dem Boot an Riesenkrok­odilen vorbei und trifft auch mal auf eine Sumatra-kobra.

Nicht ganz ungefährli­ch.

Aber Hannah

Emde hat keine Angst. „Wenn man sich anpasst, ist es auch nicht gefährlich“, sagt sie. Im Dschungel achtet sie auf jedes Geräusch. „Wenn sich eine Schlange nähert, dann hörst du das – sie bewegt sich sehr gleichmäßi­g durch das Laub“, sagt Hannah Emde.

Vor dem Schlafen klopft sie die Bettdecke ab

Sie setzt jeden Schritt ganz vorsichtig und guckt genau hin, welchen Baum sie anfasst. Denn er könnte eine ätzende Rinde haben. Wenn sie zu einem Einsatz aufbricht, schüttet sie ihre Gummistief­el vor dem Anziehen aus. „Da könnten Skorpione drin sitzen“, sagt sie. Bevor sie sich auf die Toilette setzt, wirft sie einen Blick in die Kloschüsse­l. „Es passiert schon mal, dass da ein Frosch drin sitzt, den man erst mal kurz rauslassen muss.“Und vor dem Schlafen klopft sie Bettdecke und Kopfkissen ab. Wer weiß schon, wer sich dort wieder versteckt hat. (dpa)

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Gibbon‰affen gehören zu den besonders gefährdete­n Tierarten. Tierärztin Hannah Emde kümmert sich um solche Affen.
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Hannah Emde

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