Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Nicht nur der Sport verbindet sie
Mit Coletta und Johannes Rydzek starten bei der WM in Oberstdorf Schwester und Bruder – mit verschiedenen Zielen und Perspektiven in ihren Disziplinen
Oberstdorf Im Sport gab und gibt es immer wieder erfolgreiche Geschwisterpaare. Die Eisschnellläufer Roxanne und Joel Dufter zum Beispiel. Oder die norwegischen Biathleten Johannes Thingnes und Tarjei Bo. Sie verbindet die Leidenschaft für den Sport. Ihren Sport. Und der Traum, einmal mit Bruder oder Schwester bei einer großen Sportveranstaltung wie einer WM oder den Olympischen Spielen an den Start zu gehen. So ähnlich ist das bei Johannes und Coletta Rydzek. Bei Rennen sind sie nur noch selten am selben Ort. Früher war das öfter so, bei der Vereinsmeisterschaft des SC Oberstdorf zum Beispiel. Oder bei internationalen Zollmeisterschaften.
Auf die Nordische Ski-weltmeisterschaft in Oberstdorf, ihrer Heimat, haben die Geschwister schon seit Jahren hingefiebert. Jetzt ist der große Moment gekommen. Coletta, 23, gehört als Ersatzfrau zum deutschen Langlauf-team. Ihr Bruder Johannes, 29, immerhin schon sechsfacher Weltmeister, startet bei den Nordischen Kombinierern. Coletta Rydzek sagt: „Ich bereite mich genauso vor wie die anderen, sodass ich hundertprozentig vorbereitet am Start stehen kann, falls ich doch zum Einsatz komme.“Die Strecken in Oberstdorf kenne sie schließlich inund auswendig, eine der vielen Loipen beginnt direkt vor der Haustür.
Dass sich die drei Kinder in der Familie schon von klein auf für den Langlaufsport begeisterten, scheint wenig überraschend – obwohl der Papa aktiver Eishockeyspieler war. Coletta stand bereits als Dreijährige zum ersten Mal auf den langen, dünnen Brettern. Die beiden Brüder Johannes und Simon, 26, sagt sie, seien von Anfang an große Vorbilder gewesen. Fast schon ein bisschen ehrfürchtig spricht sie über die großen Erfolge des Ältesten der drei Geschwister: Denn Johannes Rydzek hat es 2017 bei der Nordischen SKIWM in Lahti als bisher einziger Kombinierer geschafft, bei einer Weltmeisterschaft alle vier Titel zu holen. Ein Jahr später setzte er dem Ganzen mit dem Doppel-olympiasieg in Pyeongchang die Krone auf. Die kleine Schwester sagt: „Ich habe aber auch gesehen, wie viel Arbeit hinter den Erfolgen steckt und was man alles tun muss, um an der Spitze zu bleiben.“
Sie selbst ist von diesen ganz großen Triumphen noch ein gutes Stück entfernt. Bronze hatte sie gewonnen bei der Junioren-wm 2017 in den USA. Ein erstes Etappenziel auf ihrem Weg an die internationale Spitze hat die 23-Jährige nun immerhin mit der Nominierung für den Wm-kader erreicht. Mit Platz zehn beim Sprint am Dresdner Elbufer hat sie in dieser Saison ihr bislang bestes Ergebnis im Weltcup erreicht. Sie sagt: „Insgesamt habe ich meine Leistung in dieser Saison noch einmal gesteigert, nachdem ich im Sommer das erste Mal seit langer Zeit ohne Krankheit oder längere Pause durchtrainiert habe. Jetzt Teil des Wm-teams zu sein, ist für mich ein wichtiger Schritt. Das war das große Ziel der letzten Jahre.“
Zusammen trainieren die Geschwister mittlerweile nicht mehr allzu oft. Zu differenziert sind die Inhalte der Einheiten, zu verschieden die Wege von Weltcup-ort zu Weltcup-ort. Umso mehr genießen sie die Tage, an denen sie rund um Oberstdorf doch mal gemeinsam unterwegs sind. Sie sehnen sich nach den Momenten, die nur ihnen beiden gehören. Zum Reden. Zum Zuhören. „Der Sport verbindet uns. Wir haben dieselbe Passion“, sagt Johannes Rydzek.
Beim 29-Jährigen ging es in den vergangenen Wochen wieder bergauf. Die Form scheint, pünktlich zur WM, wieder zu stimmen. Rydzek sagt: „Ich bin so weit sehr zufrieden, gerade die letzten Wochen haben mir wieder Selbstvertrauen gegeben. Das Springen stabilisiert sich auf einem recht ordentlichen Niveau. Wenn das Springen funktioniert, kann ich auch wieder vorne mitlaufen. Die letzten Prozent will ich jetzt noch rauskitzeln.“