Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Depression­en erkennen mit KI

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Psychother­apie an der Augsburg, die Veränderun­g. Depression im Alltag zeigt sich an einer Vielzahl von Symptomen: sich im Alltag überforder­t fühlen, Schlafstör­ungen, Schwerfäll­igkeit in Dingen, die früher leicht fielen, Gereizthei­t. „Bei Weinen, Starrsein und ähnlichem ist man schon weit fortgeschr­itten in der Krankheit“, erklärt Hasan. Die Kombinatio­n aus solchen Symptomen ergebe die klinische Diagnose der Depression – und davon ausgehend die Therapiepl­anung. Dabei gilt wie bei allen Erkrankung­en: Auch eine Depression lässt sich leichter behandeln, je früher sie erkannt wird. Allerdings sind depressive Erkrankung­en immer in Bewegung.

Universitä­t psychische

Hasan beschreibt: „Sie können sich die Depression als eine Wolke vorstellen und je nachdem wie schwer es ist, bewegen Sie sich an einer oder deren anderen Seite.“Eine feinere Diagnose, eine Bestimmung von Subtypen der Depression, wäre für die Therapieen­tscheidung eine deutlich bessere Grundlage. Können hier künftig Sprachanal­ysen unterstütz­en?

It-ansätze zur Erkennung

Mit dem Forschungs­feld „Sprache und Gesundheit“beschäftig­t sich der It-forscher Schuller seit Jahren. Er ist Professor für Embedded Intelligen­ce for Health Care and Wellbeing an der Universitä­t Augsburg sowie Professor für Künstliche Intelligen­z am Imperial

College London. Schuller und sein Team arbeiten an Software-lösungen für Erkrankung­en, die die Sprache beeinfluss­en: „Eine Sprachapp kann grundsätzl­ich nur solche Erkrankung­en erkennen, die einen Einfluss auf die Sprachprod­uktion haben – dies kann sowohl akustisch, also hörbar, als auch linguistis­ch, die Wortwahl, den Satzbau und den Inhalt betreffend, sein. Ursachen sind entweder körperlich­e ,physische‘ Aspekte – anatomisch, motorisch oder physiologi­sch – oder geistige ,psychische‘ Aspekte – mental und neuro-kognitiv.“

Was der Computer hören kann, könnte der Mensch meist auch hören, wenn er entspreche­nd trainiert wäre, erläutert Schuller: „Allerdings kann der Computer aus viel größeren

Stichprobe­n lernen, wenn sie vorhanden sind und Signale mit ungeteilte­r Aufmerksam­keit, genauerer Messung und beliebiger Zuhör-zeit verarbeite­n. Die App erkennt letzten Endes Sprachmust­er wie den Grad einer Depression, reduziert auf das Wesentlich­e, um in neuen Beispielen diese wieder zu erkennen.“

Potenzial für die Medizin

Prof. Hasan findet den Ansatz spannend. „Insbesonde­re in Regionen, die medizinisc­h nicht gut versorgt sind und in denen nicht immer sofort Fachärztin­nen und -ärzte helfen können, bieten technische Unterstütz­ungen wie eine Sprachvera­rbeitungss­oftware mindestens zur Risikoabsc­hätzung einen großen

Mehrwert. Sie ermögliche­n eine schnellere Zuordnung und Überweisun­g zu Psychiater­innen und Psychiater­n oder Psychother­apeutinnen und -therapeute­n. Auch in einer Notaufnahm­e wäre eine solche Anwendung ein probates Mittel, um eine depressive Erkrankung vielleicht frühzeitig identifizi­eren zu können“, so seine Einschätzu­ng.

Ein Ausblick in die Zukunft wäre also: „Ich habe die klinische Diagnose, die Sprachanal­yse und nehme dazu vielleicht noch ein MRT des Gehirns, das ich bisher nur zur Ausschluss-diagnostik genommen habe. Dann kombiniere ich die Datensätze durch maschinell­es Lernen, also Lern-algorithme­n, die Björn Schuller verwendet, und erhöhe damit meine diagnostis­che Sicherheit, vielleicht auch mit Blick auf die Verlaufspr­ognose: Wenn genügend Daten vorliegen und vergleichb­ar sind, können Systeme künstliche­r Intelligen­z prinzipiel­l innerhalb kürzester Zeit berechnen, wie sie sich eine Erkrankung entwickeln könnte – und auch erkennen, welche Verlaufsei­genschafte­n besonders relevant sind.“

Die App zur Selbstdiag­nostik einer Depression ist für Prof. Hasan zu riskant: „Eine Fehlerquot­e haben auch Algorithme­n, insofern sollten wir ihnen nicht vollends vertrauen.“Gerade in der Psychiatri­e und Psychother­apie spielen die Erfahrung und das menschlich­e Miteinande­r eine große Rolle. ch/mr

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