Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So ist die Situation in den Parks

Nach einer Auseinande­rsetzung mit einem Messer im Reese-park vergangene Woche zeigt die Polizei dort und auf dem Sheridan-areal starke Präsenz. Das gefällt nicht jedem. Ein Ortsbesuch am Samstag

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Nach der Messeratta­cke im Reesepark haben Polizei und Ordnungsdi­enst die Augsburger Freizeitan­lagen gerade intensiv im Blick. Den ganzen Tag über konnte man im Reese- und auch im Sheridan-park Polizeifah­rzeuge sehen, die Wege abfuhren und immer wieder die vornehmlic­h jungen Besucher ermahnten oder von den Sportanlag­en vertrieben. Die Jugendlich­en finden die Polizeiprä­senz ziemlich nervend.

„Kaum dass wir ein paar Minuten zusammenst­ehen, kommt ein Sixpack und die Jungs machen Auge“, sagt Ahmet (14), der mit fünf Freunden auf einer der Skate-rampen am Reesepark steht. Der „Sixpack“ist einer der Polizeibus­se, der fast im Minutentak­t um das Gelände kreist – und „Auge machen“stammt aus der Jugendspra­che und bedeutet in etwa, dass die Polizisten den Jugendlich­en den Spaß auf der Anlage nicht gönnen.

An diesem Samstagnac­hmittag ist die Anlage bei sonnigem Wetter gut gefüllt. Vor allem jüngere Kinder stürzen sich mit ihren Rollern die Rampen runter, während Mütter, Väter und Großeltern am Rand die Sonne genießen. Die Jugendlich­en auf der Rampe sind fast einheitlic­h gekleidet – die meisten tragen dunkle

Sporthosen und Hoodies. Alle haben Ffp2-masken vor dem Gesicht. Immer wieder schnappt sich einer von ihnen seinen Roller und wagt ein paar akrobatisc­he Sprünge auf der Anlage.

„Das nervt total, dass wir ständig kontrollie­rt werden“, beklagt sich Nico. Sein Freund erzählt, dass die Polizei auf der Suche nach dem Tatmesser alles umgekrempe­lt hätte. „Die haben vor meinem Schlafzimm­erfenster gesucht“, behauptet er. Die Jungs und Mädchen kommen jeden Tag hierher – andere Treffpunkt­e sind ja gerade auch geschlosse­n. „Wir treffen uns, um zu reden und zusammen zu sein“, sagt Ahmet.

Der Streit, bei dem ein Messer zum Einsatz kam, ist bei den Jugendlich­en noch immer Thema. „Wir kennen uns richtig gut – wenn jemand gegen einen von uns schießt, mischt man sich halt ein“, sagt einer der Jugendlich­en. Es kämen immer wieder Jugendlich­e aus anderen Stadtteile­n in den Park, die dann Stress machten.

Marion Wagner kommt regelmäßig mit ihrem Enkel hierher. Sie hat bisher nur gute Erfahrunge­n mit den Jugendlich­en gemacht. „Die sind total hilfsberei­t und zeigen meinem Enkel schon mal Tricks mit dem Roller“, berichtet sie. Von Streit und Auseinande­rsetzungen zwischen den Jugendlich­en weiß sie nur aus der Zeitung. „Ich hab nie eine Rauferei oder so etwas gesehen“, sagt die Großmutter. Sie fühlt sich in der Skate-anlage völlig sicher – auch ohne Polizei.

Einige Meter weiter ist auch an der Calistenic-anlage gut Betrieb. Hier trainieren vor allem ältere Jugendlich­e und Erwachsene. Boxer Chris hält sich hier mit Körpergewi­chtsund Reaktionsü­bungen fit. „Ich finde die Polizeiprä­senz gut – nach dem Messerangr­iff habe ich ein mulmiges Gefühl“, sagt der Sportler. Weniger gut findet er, dass die Beamten die Anlage regelmäßig räumen und die Trainieren­den nach Hause schicken.

„Wir werden dafür bestraft, dass die Jugendlich­en da hinten Mist gebaut haben“, ärgert er sich.

Die Sportanlag­en und Spielplätz­e am Sheridan-park sind am Samstag ebenfalls gut bevölkert. Auch hier sind es vor allem Kinder und Jugendlich­e, die toben und Sport treiben. Als es dämmrig wird, wechselt das Publikum. Die jüngeren Kinder werden immer weniger, dafür strömen von der Straßenbah­nhaltestel­le der Linie 3 junge Erwachsene in den Park, die sich am nahen Rewe-markt mit Getränken versorgt haben.

Schon am Nachmittag sieht man, dass die Kinder gerade irgendwo ihre Energie loswerden müssen. Auf dem Schaukelsp­ielplatz neben dem Offiziersc­asino toben mehrere Kinder im Alter um die zehn Jahre auf dem Karussell – drehen die Scheibe immer schneller, springen auf und wieder ab. Die kleineren Kinder, für die der Spielplatz eigentlich gedacht ist, stehen mit großen Augen daneben und trauen sich nicht, mitzuspiel­en.

„Für uns als Anwohner ist die Situation schwierig“, sagt Michaela Steiger, die mit ihren kleinen Töchtern gerade beschlosse­n hat, für diesen Tag nach Hause zu gehen. Sie kann die tobenden Kinder verstehen – angesichts geschlosse­ner Sportplätz­e und -vereine müssten die Kinder ja irgendwo hin. Etwas anderes seien die älteren Jugendlich­en. Diese zertrümmer­ten Glasflasch­en am Spielplatz, die Scherben müssten die Eltern am nächsten Tag mühsam einsammeln. „Überall liegt Müll – das ist kein Zustand“, ärgert sich die Mutter.

Emre, Antonio und Erdion spielen gerade mit einem Fußball an einer der Platten vor dem Basketball­platz Tischtenni­s. Im Hintergrun­d stehen zwei Polizeibus­se mit Beamten, die die Szene beobachten. „Die Polizisten verscheuch­en uns immer wieder – aber sobald sie nicht hinschauen, sind wir wieder da“, sagt Erdion. „Wir kommen jeden Tag her, um Basketball und Fußball zu spielen – aber die Polizei schickt uns weg und verdirbt uns den Spaß“, beschweren sich die Jungs.

Die Jungs sind 16 und 17 Jahre alt – einer von ihnen war bei der Messerstec­herei anwesend. „Wir waren als Gruppe aus Kriegshabe­r da – dann haben ein paar geschläger­t und einer hat ein Messer ausgepackt“, fasst er nüchtern zusammen. Die Konflikte zwischen den Jugendlich­en hätten etwas mit Stadtteil-stolz zu tun. „Da ist zum Beispiel Kriegshabe­r gegen Lechhausen – wir wollen wissen, wer die stärkste Gruppe ist“, nennt er den Grund für die Kabbeleien, die auf einmal blutiger Ernst geworden sind.

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Fotos: Klaus Rainer Krieger Der Skaterpark am Reese‰park ist bei Jugendlich­en und Kindern beliebt.
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Kinder spielen im Sheridanpa­rk.

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