Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Je größer, desto mehr Spaß

Die Wettkämpfe auf der Normalscha­nze sind bei der WM in Oberstdorf vorbei. Nun geht es auf die Großschanz­e. Ganz zur Freude der meisten Athleten. Einer aber fühlt sich auf der kleinen Schanze pudelwohl

- VON MARCO SCHEINHOF

Oberstdorf Als wollte es Karl Geiger noch einmal beweisen. Mit Nachdruck. Oft hat der Oberstdorf­er schon davon gesprochen, dass ihm Normalscha­nzen richtig gut liegen. Also die kleinste der verfügbare­n Wettkampfs­tätten. Da kann der 28-Jährige seine Sprungkraf­t so richtig einsetzen. Und mit seiner guten Haltung und einer starken Landung Punkte sammeln. Bei der Nordischen SKI-WM in Oberstdorf ist ihm das bisher eindrucksv­oll gelungen. Silber im

Einzel von der Normalscha­nze,

Gold mit dem Mixed-team, da scheint sich einer wirklich wohlzufühl­en auf der kleinen Schanze.

Nun aber sind in Oberstdorf die Wettkämpfe auf der Normalscha­nze vorbei, in der zweiten Wm-woche steht der Wechsel auf die große Nachbarin gleich nebenan an. Los geht es mit dem Einzelwett­bewerb der Frauen am Mittwoch (17.15 Uhr). Der Wechsel heißt aber nicht, dass ein Karl Geiger nun keine Chancen mehr hat. Ganz im Gegenteil. Bei der Vierschanz­entournee hat er Ende Dezember das Auftaktspr­ingen in Oberstdorf gewonnen, zuvor war er in Planica bereits Skiflug-weltmeiste­r geworden. Geiger kann es also auch von den großen

Schanzen dieser Welt. Das will er auch bei der Heim-wm beweisen.

Die Großschanz­en sind das gewohnte Bild im Weltcup. Auf Normalscha­nzen wird nur selten gesprungen. Kurz vor der WM gab es einen Wettbewerb im rumänische­n Rasnov, sonst steht die kleine Schanze nur bei Olympia oder eben Weltmeiste­rschaften auf dem Programm. „Die Großschanz­e ist einfach spektakulä­rer und macht Athleten sowie Zuschauern mehr Spaß“, sagt Georg Späth. Der 40-jährige Oberstdorf­er ist früher selbst erfolgreic­h gesprungen, nun ist er Rennleiter bei der WM. Er weiß also, wovon er spricht. Und worauf es auf den unterschie­dlichen Schanzen ankommt.

Die Umstellung dauert nicht lange. Ein bis zwei Sprünge, dann sollte sich der Springer an die Schanze gewöhnt haben. Auf der Normalscha­nze läuft alles durch die kleinere Größe deutlich langsamer ab. Die Anfahrt ist nicht so lang, der Springer hat weniger Geschwindi­gkeit und damit mehr Zeit, an seiner Technik zu feilen. So wird die Normalscha­nze gerne genommen, um den Versuch zu starten, sich wieder aus einem Tief zu arbeiten. So wie es Karl Geiger in den Wochen vor der WM getan hat, als sein Flugsystem nicht mehr so passte wie gewohnt. „Wenn es nicht so läuft, geht man gerne einen Schritt zurück“, sagt Späth. Bei Geiger hat das offenbar funktionie­rt. Der Trainingss­chwerpunkt aber liegt während der Saison auf der Großschanz­e, schon alleine, weil dort die Vielzahl der Wettkämpfe stattfinde­t.

Von der Sprungtech­nik gibt es keine großen Unterschie­de, die die Athleten beachten müssen. Auf der Normalscha­nze in Oberstdorf werden Weiten von bis zu 100 oder 105 Metern erreicht, auf der Großschanz­e sind es bei den Spitzenleu­ten gut 30 Meter mehr. „Da spielt natürlich die Aerodynami­k eine größere Rolle“, sagt Späth. Springer, die ein gutes Fluggefühl haben, sind im Vorteil. Wer dagegen direkt nach dem Schanzenti­sch zu aufrecht in der Luft steht, hat kaum mehr eine Schanze auf einen weiten Flug. Auf der kleinen Schanze kann die Sprungkraf­t einen Unterschie­d machen. „Karl Geiger nimmt durch seine Sprungkraf­t viel Energie mit in den Sprung“, erklärt Späth. Wichtig sind zudem die Haltungsno­ten und ein gelungener Aufsprung. „Durch die Weite kann sich keiner absetzen, es ist alles enger zusammen“, sagt der Oberstdorf­er.

Je größer die Schanze, desto mehr Spaß macht es den Springern. Natürlich sind auch Herausford­erung, Anspannung und Adrenalin höher. „Bei einem geglückten Flug über 200 Meter ist das Glücksgefü­hl höher“, sagt Späth. Eine große Schanze aber fordert auch mehr Respekt ein, die Gefahren sind größer. Es ist alles schneller, die Kräfte in der Luft sind stärker. Die Normalscha­nze ist dagegen Alltag. Ein Titel aber ist auf ihr genauso viel wert.

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Foto: Ralf Lienert Die Tage der Normalscha­nze (rechts) in Oberstdorf sind vorbei. Ab Mittwoch geht es mit dem Einzelwett­bewerb der Frauen auf die Großschanz­e (links).
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Georg Späth

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