Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein Schritt Richtung Kanzlerschaft
CDU-CHEF Armin Laschet hält seine erste Grundsatzrede. Sie soll der Auftakt zur Erarbeitung des Wahlprogramms sein. In Wahrheit ist es eine Bewerbungsrede
Berlin Wahlkämpfer haben es in Corona-zeiten schwer – Armin Laschet ist da keine Ausnahme. Den Auftakt zur Erarbeitung des Cduwahlprogramms muss der Parteivorsitzende ohne Publikum bewältigen, seine erste Grundsatzrede seit seiner Wahl zum Parteichef gerät eher nüchtern und wird nicht von Beifall unterbrochen. Laschet benennt die Themen, die seine Partei bewegen. Die Corona-krise, aber auch Herausforderungen, die von der Pandemie vermeintlich fortgespült wurden. Die Flüchtlingsfrage etwa. Sein Problem an diesem Tag ist, dass sich die meisten Menschen momentan vor allem dafür interessieren, wie und wann Deutschland das Virus in den Griff bekommt.
„Zusammenmachen“ist das Motto, das die CDU über diesen Dienstag gestellt hat. Im Internet sorgt der doppeldeutige Begriff für Spott, aber immerhin geht es nun, ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl, auch bei der CDU los. Die anderen demokratischen Parteien im Bundestag sind da schon weiter. Linke, Grüne, FDP und SPD haben Entwürfe oder fertige Programme bereits auf dem Tisch.
Laschet ist mit der Videokamera alleine, die seine Rede in die ganze Republik überträgt. Dieser Monolog mit dem Objektiv war ihm schon bei seiner Bewerbungsrede im Januar gut gelungen, als er sich gegen Norbert Röttgen und Friedrich Merz als neuer CDU-CHEF durchsetzte. Diesmal kommt er noch eine Spur genauer auf den Punkt und schnell wird deutlich, dass hier nicht einfach nur der neue Parteivorsitzende Grundzüge des Wahlprogramms skizziert. Hier bewirbt sich Laschet gerade als Kanzlerkandidat.
Der Aachener geht mit seiner Partei hart ins Gericht. „Die Fehler im Pandemiemanagement und manches persönliche Fehlverhalten, Egoismus in den eigenen Reihen, haben dazu geführt, dass das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und die Leistungsfähigkeit der Union insgesamt gesunken ist“, sagt Laschet. Namen nennt er nicht, aber er dürfte wohl auch den bayerischen Ministerpräsidenten, Csu-vorsitzenden und möglichen Konkurrenten in der K-frage, Markus Söder, gemeint haben. Söder hatte Laschet in den vergangenen Monaten öfter kritisiert, doch damit und überhaupt mit allen Animositäten soll jetzt Schluss sein. „Ich sage Ihnen heute: Wir werden das ändern. Wir werden das besser machen. Dafür stehe ich persönlich.“Dass Söder am selben Tag sein Befremden darüber zum Ausdruck bringt, wie sich der CDUCHEF und die Cdu-kanzlerin um die Corona-politik streiten, schmälert allerdings die Hoffnung auf ruhigere Zeiten in der Union.
Der Wahlkämpfer spricht erneut vom „Modernisierungsjahrzehnt“, das Deutschland erleben soll. Laschet
hat dieses Wort zusammen mit seinem Parteifreund Jens Spahn geprägt. Es findet sich im Zehn-punkte-programm, das beide Anfang Januar vorlegten, um Laschet auf den Parteithron zu hieven.
Laschet wettert gegen zu viele Vorschriften, die das Land lähmen. Er verspricht Lockerungen, will Firmengründer ein Jahr von Bürokratielasten befreien. Nach jeder mutigen Idee komme „immer dieses deutsche Aber“, fordert er mehr Wagnisbereitschaft ein. Laschet erneuert sein Bildungsversprechen, will Deutschland wieder zum ganz großen Industriestandort machen.
Dass Deutschland und Europa in der Pandemie von China abhängig waren, wurmt ihn. „Wir haben outgesourct, weil es ein paar Cent billiger war, haben Produktionen nach China verlagert, und wir haben die Chemie- und Pharmaindustrie mit immer neuen komplizierteren Vorschriften verjagt.“Klimaschutz und Wachstum schließen sich Laschet zufolge nicht aus, er setzt auf Grünen Wasserstoff als Energiequelle und will Deutschland auf diesem Gebiet zum Weltmarktführer machen.
Ein starkes Europa fordert der CDU-CHEF und ein „besseres Einwanderungsgesetz, das klare Voraussetzungen schafft, unter denen Einwanderung nach Europa möglich ist“. Das werden vor allem die Konservativen unter seinen Parteifreunden gerne hören, solche Ansagen hatten sie zuletzt vermisst. Unter der Kurzzeit-vorsitzenden Annegret Kramp-karrenbauer, aber vor allem unter der Lichtgestalt Angela Merkel. Von der Kanzlerin und ihrem vielfach kritisierten Mittelinks-kurs will sich Laschet offenbar absetzen. In seiner Wahlkampfrede erwähnt er zwar das Cdu-urgestein Helmut Kohl. Merkel hingegen nicht mit einem Wort.
Der Wahlkämpfer will ein Modernisierungsjahrzehnt