Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Warum Schmetterlinge schon jetzt herumflattern
Hobby-forscher entdeckt prächtige Admirale in Augsburg. Sonst treffen die Wanderfalter erst ab Mai ein
Ein Admiral-schmetterling im Schnee: Das hat Ernst Jung in Augsburg noch nie erlebt. Dabei ist der Hobby-naturforscher 81 Jahre alt. Der erste Admiral in diesem Jahr flatterte vor Jung auf, als er Ende Januar durch den verschneiten Siebentischwald lief. Für diese Art war es noch viel zu früh im Jahr. Jung hatte kein Smartphone zur Hand, um ein Beweisfoto zu machen. Seither sind ihm aber noch mehrere Admirale über den Weg geflattert. Jetzt gelang Jung eine Aufnahme mit der Kamera. Sie zeigt, dass er sich nicht geirrt hat und einer neuen Entwicklung auf der Spur ist.
In der Sommersaison kann man den Admiral in Augsburg häufiger sehen, auch wenn sich das Artensterben immer stärker bemerkbar macht. Der samtig schwarze Schmetterling mit den typischen roten Streifen und weißen Tupfen auf den Flügeln ist ein Wanderfalter. Er kommt in vielen Regionen der Welt vor. In jedem Gebiet leben speziell an das regionale Klima angepasste Populationen, die im Frühjahr nach Norden und im Herbst nach Süden wandern. „Der Großteil dieser Schmetterlinge trifft bei uns Anfang Mai ein“, sagt Jung. In diesem Jahr läuft es augenscheinlich etwas anders.
Die ersten Admirale waren an sonnigen Tagen schon mitten im Winter unterwegs. Zwischen Januar und März ist er einzelnen Exemplaren in Augsburg im Bereich von Siebenbrunn
und im Stadtwald nahe der Sportanlage Süd begegnet, außerdem bei einem Spaziergang im Allgäu bei Nesselwang. Jung ist mittlerweile überzeugt, dass die Art, bedingt durch den Klimawandel, ihr Verhalten ändert. Nur noch ein Teil der Admirale überwintert in südlicheren Breiten, etliche bleiben im Winter hier, weil es hierzulande insgesamt wärmer wird.
Der Schmetterlingsexperte ist der Sache nachgegangen und hat sich mit anderen Forschern ausgetauscht. Denn es hätte theoretisch sein können, dass der eine oder andere Admiral zusammen mit großen Wolken von Saharastaub aus Afrika früh im Jahr nach Augsburg geblasen wurde. „Für so eine weite Reise haben die Falter aber zu frisch ausgesehen“, sagt Jung. Ein Flug über weite Strecken hinterlasse in der Regel sichtbare Spuren. Die Flügel sehen dann mitunter etwas ausgefranst aus. Mehrere Fachleute machen Jung zufolge ähnliche Beobachtungen. Auch sie kommen zu dem Ergebnis, dass ein Teil der Admirale inzwischen hier überwintert.
Einige andere Schmetterlingsarten tun das ebenfalls: Das Tagpfauenauge beispielsweise versteckt sich in der kalten Jahreszeit in Speichern, Kellern oder hohlen Bäumen. Der Zitronenfalter überlebt Frost und Schnee zwischen Gräsern oder in Büschen. Jung zufolge produziert diese Art ein körpereigenes Frostschutzmittel. So kann sie Temperaturen von minus 20 Grad schadlos überstehen. In diesen Wochen wachen die bunten Falter wieder auf. Auf den Wiesen im Stadtwald waren am Wochenende einige zu sehen.