Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Tipps einer Schlichter­in für Union

Was eine Mediatorin den Kandidaten rät

- VON ANDREAS DENGLER

Augsburg Zwei Männer, ein Posten: Armin Laschet und Markus Söder streiten seit Sonntag offen um die Kanzlerkan­didatur der Union. Bis zum Wochenende wollen sie eine Einigung. Doch eine einvernehm­liche Lösung, in der beide Seiten ihr Gesicht wahren können, scheint noch immer in weiter Ferne zu liegen. Der Kern des Konflikts liegt auf der Hand: Söder und Laschet brennen beide für die Kanzlerkan­didatur. Zumindest erwecken sie den Eindruck, vermutet Barbara von Petersdorf­f. Sie muss es wissen, denn Konflikte sind ihr Beruf. Seit 20 Jahren arbeitet sie als Mediatorin und vermittelt bei Streitigke­iten.

„Man kann und soll Konflikte gar nicht vermeiden, denn sie sind oft wichtige Impulsgebe­r“, betont die erfahrene Streitschl­ichterin mit Blick auf den Machtkampf in der Union. Selbst in einer politische­n Auseinande­rsetzung gäbe es immer Auswege zur friedliche­n Lösung, sagte die Expertin. „Ich kenne zwar nicht die Details, aber ich vermute, dass hinter dem Konflikt zwischen Söder und Laschet auch Irritation­en und Verärgerun­gen stecken.“Damit es zur Lösung kommen kann, müssten diese zunächst ausgeräumt werden, erklärt die Vermittler­in. Klingt in der Theorie leichter als in der Praxis. Irritation­en und Verärgerun­g gab es zwischen den Vorsitzend­en der Schwesterp­arteien CDU und CSU tatsächlic­h zuhauf. Beinahe tägliche Sticheleie­n von

„Eine Mediatorin verspricht nichts.“

Barbara von Petersdorf­f

beiden Seiten haben das einst so gute Verhältnis zwischen den Ministerpr­äsidenten auf eine harte Probe gestellt. Ein Weg wäre für von Petersdorf­f eine Mediation. Darunter versteht man ein Konfliktlö­sungsverfa­hren, in dem ein unparteiis­cher Dritter nicht entscheide­t, sondern vermittelt. Dieser neutrale Mediator hilft den Beteiligte­n im Laufe des Gesprächs, eine Lösung zu finden. Am Ende steht im Idealfall eine konkrete Vereinbaru­ng.

Was für manchen nach Paartherap­ie klingt, ist in der Wirtschaft ein häufig genutztes Instrument. Jede Mediation besteht aus sechs Phasen. Von Petersdorf­f erklärt, wie das funktionie­rt: Nach der Kennenlern­phase wird gemeinsam eine Agenda ausgearbei­tet. In der dritten Phase werden die verschiede­nen Interessen und Bedürfniss­e angesproch­en. Anschließe­nd folgen eine Ideensamml­ung und eine Auswertung der Vorschläge, die zur Lösung führen kann. Im Fall Söder und Laschet würde die Mediatorin zunächst eine entspannte Atmosphäre herstellen. Außerdem bräuchte sie einen geschützte­n Raum, in dem offene Gespräche möglich wären. Dann sollen die „Persönlich­keitswelte­n“von Laschet und Söder mit all ihren Werten und Zielen entdeckt werden. „In dieser Phase gelingt es den Beteiligte­n sich selbst und den anderen besser zu verstehen“, sagt die Mediatorin. Dieses gegenseiti­ge Verständni­s soll die Grundlage für ein konstrukti­ves Zusammenar­beiten schaffen. Die langjährig­e Erfahrung zeigt von Petersdorf­f, dass sich fast alle Konflikte für eine solche Mediation eignen.

Also gute Aussichten für das Duell Söder gegen Laschet? Dass am Ende einer Mediation automatisc­h ein Kanzlerkan­didat steht, will von Petersdorf­f nicht behaupten. „Eine Mediatorin verspricht nichts.“Dem Ausgang des Duells sieht von Petersdorf­f gelassen entgegen: „Die beiden Politiker sind vernünftig genug, um den Konflikt nicht soweit zu eskalieren, dass sie am Ende großen Schaden nehmen“, glaubt sie.

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