Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Vom Sockel gestoßen

- VON ANDREAS FREI anf@augsburger‰allgemeine.de

Es gehört zum Wesen einer Demokratie, dass die einen versuchen, die anderen vom Sockel zu stoßen. Mancher in der CSU mag da schnell von Umsturz reden. Gleichwohl muss man hin und wieder daran erinnern: Der etwaige Versuch von Opponenten unter Zuhilfenah­me einer Wahl gleicht mitunter einem Zwergenauf­stand, ist jedoch an sich nicht strafbar.

Das gilt auch für Bereiche außerhalb der Politik, in denen der Sockel fest verankert ist. Er findet sich überall da, wo sich die Prominenz mehr oder weniger dauerhaft niedergela­ssen hat, um mehr oder weniger dauerhaft Höhenluft zu schnuppern. Siehe der FC Bayern, dessen Fußball-konkurrenz jedes Jahr tapfer am Fuße des Sockels kratzt, aber nie auch nur einen Zentimeter weiter nach oben kommt.

Nun haben Unbekannte an der Münchner Corneliusb­rücke eine Bronzebüst­e von König Ludwig II. von ihrem Sockel in die Isar gestoßen. Die Feuerwehr konnte die Büste bergen; es handelt sich um eine Replik, das Original hatten die Nazis weitgehend vernichtet. So oder so: ein übler Fall von Sachbeschä­digung, die Polizei ermittelt.

Königstreu­e werden nun einwerfen, dass sie es niemals zulassen werden, dass ein Ludwig II. vom Sockel gestoßen wird, erst recht im übertragen­en Sinne. Schließlic­h käme dann zum Tatbestand der Sachbeschä­digung auch noch Majestätsb­eleidigung hinzu. Physisch ist es doch passiert. Der Verein „König Ludwig Ii.-denkmal“hat 2000 Euro für Hinweise ausgelobt, die zum Täter führen. Soll die CSU oder der FC Bayern doch vom Sockel stürzen, aber nicht Ludwig.

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