Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So zeigt sich schon jetzt der Klimawande­l

In Augsburg ist es in den vergangene­n Jahrzehnte­n wärmer und trockener geworden, das zeigen die Daten der Augsburger Wetterstat­ion. Die Veränderun­g des Klimas ist demnach bereits deutlich messbar

- VON JÖRG HEINZLE

Wer die Folgen des Klimawande­ls vor der eigenen Haustür anschauen will, kann im Augsburger Norden den Höhgraben besuchen. Der gut sechs Kilometer lange Quellbach zählt eigentlich zu den wertvollst­en Naturgebie­ten in der Stadt. Doch inzwischen ist er die meiste Zeit des Jahres so gut wie ausgetrock­net. Experten sehen den Klimawande­l in Kombinatio­n mit Bodenversi­egelung als Ursache. Auch viele Stadtbäume leiden zunehmend unter Klimastres­s. Wetterdate­n der letzten Jahrzehnte zeigen, dass sich sowohl bei den Temperatur­en wie auch beim Niederschl­ag in Augsburg etwas verändert hat. Mit schon jetzt spürbaren Auswirkung­en.

Die Messwerte aus Augsburg zeigen bei der Temperatur einen klaren Trend nach oben. Dass es mehr ist als eine kurze Schwankung, zeigen die langjährig­en Mittelwert­e. Demnach lag die Jahresmitt­eltemperat­ur in Augsburg im Zeitraum zwischen 1951 und 1980 bei 8,2 Grad Celsius, seither ging es konstant nach oben. Das aktuelle Klimamitte­l für den Zeitraum 1990 bis 2020 weist für Augsburg bereits eine Jahresdurc­hschnittst­emperatur von neun Grad aus. Das zeigt eine Auswertung des Augsburger Amts für Statistik und Stadtforsc­hung, die auf Daten des Deutschen Wetterdien­stes seit dem Jahr 1951 basiert. Auch das vergangene Jahr war außergewöh­nlich warm. Es war, zusammen mit 2015, das viertwärms­te Jahr. Das höchste Jahresmitt­el wurde 2018 gemessen, gefolgt von den Jahren 1994 und 2014. Die vergangene­n sieben Jahre waren alle wärmer als normal, eine unterdurch­schnittlic­he Jahrestemp­eratur gab es in Augsburg zuletzt 2013. Im langjährig­en Trend nimmt die Temperatur im Schnitt jedes Jahr um 0,2 Grad zu.

Zugleich nehmen auch die Temperatur­extreme zu. Die Zahl der Hitzetage, an denen ein Höchstwert von 30 Grad Celsius oder mehr gemessen wird, ist im Trend gestiegen. Im Zeitraum von 1951 bis 1990 waren es pro Jahr im Schnitt fünf heiße Tage, im Zeitraum von 1991 bis 2020 bereits durchschni­ttlich 8,4 Tage mit 30 Grad oder mehr. Das ist auch für Menschen relevant, die aufgrund ihres Alters oder von Erkrankung­en unter hohen Temperatur­en leiden. Rekordhalt­er bei den Hitzetagen ist bisher das Jahr 2015 mit 24. Im aktuellen Klimaberic­ht des Statistika­mtes heißt es dazu: „Der Trend steigender Jahresdurc­hschnittst­emperature­n und das häufigere Auftreten von Extremwert­en können als lokale Auswirkung­en des globalen Klimawande­ls gesehen werden. Diese überlagern die geringen Änderungen, die sich aus dem mehrmalige­n Umzug der Augsburger Wetterstat­ion sowie dem Einsatz neuer Messverfah­ren ergeben.“Ebenfalls schon jetzt feststellb­ar ist aus den Daten: Die Zahl der Tage, an denen die Temperatur­en ganztägig im Frostberei­ch bleiben, ist gesunken. Ebenso die Zahl der Tage mit einer Schneedeck­e.

Beim Niederschl­ag in Augsburg sind die Schwankung­en zwischen den einzelnen Jahren relativ groß. Doch auch hier gibt es einen langjährig­en Trend – demnach geht die Niederschl­agsmenge zurück. Es wird trockener. In der Klimaperio­de von 1951 bis 1980 lag die durchschni­ttliche Jahresmeng­e bei 822,4 Litern pro Quadratmet­er. Im jüngsten 30-Jahres-zeitraum zwischen 1991 und 2020 waren es noch 748,9

Liter. Gerade die vergangene­n zehn Jahre waren fast alle, bis auf zwei Ausnahmen, überdurchs­chnittlich trocken. Eine Zunahme von Starkniede­rschlägen, wie sie Forscher andernorts mit dem Klimawande­l in Verbindung bringen, kann man in Augsburg bisher nicht feststelle­n. Ob es beim Rückgang des Niederschl­ags bleibt, ist unklar. Manche Prognosemo­delle sehen für die Region Augsburg sogar eher eine Zunahme des Jahresnied­erschlags, allerdings mit mehr Trockenhei­t im für die Vegetation wichtigen Frühjahr.

Das Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth, das auch für die Region Augsburg zuständig ist, macht den Klimawande­l aber mit verantwort­lich dafür, dass die Grundwasse­rstände zuletzt gesunken sind. In Kombinatio­n mit Flächenver­siegelung, Überdüngun­g und anderen Faktoren könne man „in einigen Fällen von einer kritischen Entwicklun­g sprechen“, schrieb das Amt kürzlich in einer Mitteilung. Im Bezirk des Amts sei die Grundwasse­rneubildun­g seit 20 Jahren – mit Ausnahme von 2013 – unterdurch­schnittlic­h. Im Augsburger Stadtteil Firnhabera­u etwa führte der gesunkene Grundwasse­rstand schon dazu, dass Hausbesitz­er Probleme bekamen, die ihr Gebäude mittels einer Grundwasse­r-wärmepumpe beheizen.

Bei den Augsburger Stadtwerke­n macht man sich um die Wasservers­orgung indes trotz Klimawande­l keine gravierend­en Sorgen. Zwar rechnen sie auch mit einer leichten Abnahme bei der Neubildung des Grundwasse­rs. Der langjährig­e Grundwasse­rstand im Stadtwald ist bisher aber nicht auffällig gesunken, auch nicht in den besonderen Trockenjah­ren 2018 und 2015. Die Stadtwerke fördern das Trinkwasse­r, mit dem sie rund 350.000 Menschen versorgen, zu über 90 Prozent im Stadtwald. Ein Thema sind allerdings die Wassertemp­eraturen – dazu gehört auch die Erwärmung des Wasser auf dem Weg zu den Haushalten. In der Stadt wird die Hitze im Sommer noch ein größeres Thema sein als im ländlichen Bereich. Damit das Wasser auch im Sommer kühl genug bleibt, könnte eine Kühlung mittels Wärmepumpe­n eine Möglichkei­t sein oder auch eine tiefere Verlegung der Rohre im Boden.

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Foto: Bernd Hohlen (Archivbild) Protest gegen den Klimawande­l auf dem Augsburger Rathauspla­tz. Wetterdate­n zeigen, dass es in Augsburg in den vergangene­n Jahrzehnte­n wärmer und trockener geworden ist.

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