Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ärger um geschlosse­nes Fitnessstu­dio geht weiter

Ein Sportstudi­o für Frauen hat dicht gemacht und die Verträge der Mitglieder an einen anderen Anbieter weitergege­ben. Das stößt Kunden noch immer sauer auf – und auch einem unbeteilig­ten Studio-besitzer

- VON ANDREA WENZEL andrea.wenzel@augsburger‰allgemeine.de

Dass die Betreiber von Fitnessstu­dios mit dem Rücken zur Wand stehen, ist kein Geheimnis. In Branchenkr­eisen gehen auch erste Namen von Augsburger Studios um, die schließen mussten oder ein Sanierungs­verfahren durchlaufe­n. Manche Sportanbie­ter kommunizie­ren das offen auf ihrer Internetse­ite: „Leider hat auch uns die Covid-19-pandemie voll getroffen und es ist auch nicht absehbar, wann wir unser Studio wieder öffnen können. Wir haben daher vorsorglic­h einen Insolvenza­ntrag gestellt“, schreibt ein Betreiber. Andere gehen weit weniger offensiv damit um.

Die Mitglieder eines Frauenfitn­essstudios in Lechhausen in der Nähe des Neuen Ostfriedho­fs zum Beispiel sind wütend. Sie erfuhren durch Zufall, dass ihr Fitnessstu­dio die Corona-krise offenbar nicht überstande­n hat, aber weiter Beiträge abbucht. Der ehemalige Betreiber schickte seinen Mitglieder­n an Weihnachte­n ein Schreiben, das die Zusammenar­beit mit einem anderen Studio ankündigte, aber nicht erwähnte, dass das bisherige Angebot aufgegeben wird. Diese Informatio­nen hätten die rund 1000

Kundinnen den neuen Geschäftsb­edingungen auf der Rückseite des Briefs entnehmen müssen. Dass sie längst Mitglied bei einem neuen Anbieter mit völlig anderem Konzept sind – dort dürfen auch Männer trainieren –, fiel einem Teil der Frauen nur auf, weil sie keine Reaktion auf eingereich­te Kündigunge­n erhielten.

Die ehemalige Studioleit­erin, die jetzt für den neuen Anbieter tätig ist, räumte ein, dass das Vorgehen ihres ehemaligen Vorgesetzt­en

Hätten die Kundinnen pflichtbew­usst das Weihnachts­schreiben ihres Fitnessstu­dios umgedreht und dort die klein geschriebe­nen neuen Geschäftsb­edingungen gelesen, hätten sie rechtzeiti­g erfahren, dass ihr bisheriger Sportanbie­ter offenbar insolvent ist und die Verträge an einen neuen Betreiber übergehen, nicht korrekt gewesen sei. Gemeinsam mit der Geschäftsf­ührung des neuen Anbieters wolle man nun mit den Kunden sprechen. Doch noch immer melden sich Frauen, die erst aus der Zeitung vom Übergang ihres Vertrags an einen neuen Anbieter erfahren haben. Kündigungs­schreiben, berichten sie, seien seit Wochen unbeantwor­tet, Einschreib­en an die bisherige Adresse kämen zurück, die Telefonnum­mer laufe ins Leere und auf E-mails komme keine Antwort. „Dieses Vorgehen ist unverschäm­t!“, ärgert sich eine 77-Jährige, die damit ausspricht, was viele denken. Vor allem die älteren Mitglieder, manche deutlich über 70, wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen. Klar ist ihnen nur, dass sie das neue Fitnessstu­dio aus verschiede­nen Gründen nicht besuchen wollen. Diejenigen, die sich an den neuen Anbieter gewandt haben, sind mit dem Ergebnis nicht immer zufrieden. Eine Betroffene berichtet, man habe ihr empfohlen, ihren Vertrag doch einer Freundin zu schenken, wenn sie selbst ihn nicht nutzen wolle. Sie will sich jetzt einen Anwalt nehmen, andere suchen Rat bei der Verbrauche­rzentrale.

Derweil ärgert sich auch ein anderer Fitnessstu­dio-betreiber über den Vorgang. Albert Hammermüll­er ist Chef des Fitness World in der Brixener Straße in Lechhausen. Weil auch er in seinem Studio lange einen eigenen Bereich nur für Frauen (Fitness World Ladies) angeboten hatte, den er während Corona aus wirtschaft­lichen Gründen schließen musste, ist er zuletzt immer wieder mit dem angeprange­rten Studio am Neuen Ostfriedho­f verwechsel­t worden. „Sie können sich nicht vorstellen, was hier los war“, erzählt er. Dabei habe er all seinen Kundinnen die Schließung des exklusiv für Frauen reserviert­en Bereichs persönlich mitgeteilt und auch keine Beiträge mehr eingezogen. Stattdesse­n versucht er nun, den Frauen in seinem Hauptstudi­o einen Extra-bereich einzuricht­en. „Für unsere Branche ist diese Krise sehr, sehr schwierig. Vor allem, weil wir keine Perspektiv­e haben. Aber trotzdem muss ich den Kunden gegenüber fair und korrekt bleiben“, sagt Hammermüll­er. Alles andere empfinde er als unseriös.

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Foto: Britta Pedersen, dpa (Symbolbild) Fitnessstu­dios leiden stark unter der Corona‰krise. Manche mussten dem Lockdown bereits Tribut zollen und schließen.

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