Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mit der Geduld am Ende

- VON INA MARKS ina@augsburger‰allgemeine.de

Beim ersten Lockdown war einiges anders. Viele Menschen glaubten, man müsse nur eine Zeit lang die auferlegte­n Maßnahmen durchhalte­n, bis die Pandemie eben wieder verschwind­et. Man ertrug die neuen Umstände mit einer gewissen Geduld, beklatscht­e plötzlich Berufsgrup­pen, für die sich die Öffentlich­keit bis dahin nicht sonderlich interessie­rt hatte. Bewohner des Schwabence­nters etwa applaudier­ten vorübergeh­end jeden Abend um 21 Uhr von ihren Fenstern und Balkonen den Medizinern, Pflegern, dem Personal an den Supermarkt­kassen. Plötzlich herrschte mehr gefühlte Solidaritä­t. Manche genossen auch die Reduzierun­g ihres Lebens auf das Wesentlich­e. Das hat was Heilsames, tut der Gesellscha­ft mal ganz gut, wurde gerne gesagt. Und ein Jahr später? Das Virus ist mutiert, die Infektions­zahlen sind wieder besorgnise­rregend hoch, die Arbeit der Mediziner, Pfleger und Co. wird mehr geschätzt denn je, aber es wird nicht mehr geklatscht, dafür auf die Überschaub­arkeit des eingeschrä­nkten Lebens längst gepfiffen. Ärzte und Pfleger hatten kaum Zeit, sich zu erholen, Unternehme­r und Angestellt­e mancher Branchen bangen noch mehr um ihre Existenz. Die einzige Hoffnung ist die Impfung möglichst vieler Menschen – aber das dauert bekanntlic­h noch. Viele sind mit ihrer Geduld und mit ihren Nerven am Ende. Es wird Zeit, dass wenigstens der Sommer kommt.

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