Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Auf ein schönes Helles in Guam

Die Deutschen konsumiere­n weniger Bier. Stellt sich die Frage: Wer trinkt es dann?

- VON STEFAN KÜPPER

München Die Zeiten sind karg, ungesellig, wenig schäumend. Trotz des Frühlings. Und damit zum „Tag des deutschen Bieres“. Eigentlich ein Festtag, den man unbedingt mit ein paar Halben begießen sollte. Ganz gemütlich, abends unter den ergrünende­n Kastanien, in ausgelasse­ner Runde. Is’ aber nicht. Aus all den Gründen.

Zu dieser ohnehin schon unsüffigen Wahrheit gehört allerdings auch: Man hat sich hierzuland­e bereits vor Corona dem wohl deutschest­en aller alkoholisc­hen Kaltgeträn­ke mehr und mehr entsagt. Lange vorbei sind jene überschäum­enden Zeiten, als sich der gemeine Deutsche pro Jahr 150 Liter einschenkt­e. 1976 war das laut Deutschem Brauer-bund. 2020 sind es noch 94,6 Liter pro Kopf. Man könnte einwenden, dass knapp zehn Kisten auch nicht nichts sind. Aber es ging halt schon mal mehr. Weshalb sich die Frage stellt: Wenn die Deutschen weniger Bier wollen, wem dürfen die Brauer denn sonst vielleicht ein paar Helle mehr hinstellen?

In 2020 wurden dem Statistisc­hen Bundesamt zufolge rund 272564 Tonnen deutschen Bieres nach Italien exportiert. Natürlich, so ein bierdimpfl­iger Gedanke, die Wiesn in München – Italiens nördlichst­er Großstadt – ist ausgefalle­n. Insofern ist da eine große Sehnsucht. Anderersei­ts waren es 2019 rund 338 000 Tonnen, die über die Alpen in den Stiefel geschüttet wurden. Jedenfalls: Auf Italien können die deutschen Brauer hoffen. Was auch für China gilt. Die Chinesen retten nicht nur den deutschen Autobauern die Bilanzen, sondern ließen sich auch rund 169317 Tonnen aus Fernwest eingießen. Macht 1,7 Millionen Hektoliter, macht 17 Millionen Kästen, macht 340 Millionen Halbe. Das ist natürlich ein schöner Rausch. Anderersei­ts gibt es sehr viele Chinesen, weshalb da möglicherw­eise noch das eine oder andere Feierabend­bier mehr drin wäre.

Es gibt auch Länder, die man in Sachen Bierstatis­tik gar nicht auf dem Deckel hat. Der Verband der Ausfuhrbra­uereien Nord-, Westund Südwestdeu­tschlands notiert für die Vatikansta­dt zum Beispiel im vergangene­n Jahr sieben Hektoliter (alle aus Bayern übrigens laut Bayerische­m Brauerbund) auf der Exportlist­e. 2019 waren es noch 15. Und 2015 war man nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s sogar bei 113 Hektoliter­n. Salopp gesagt: Papst Franziskus, der einem gewissen auf bayerische­n Weißbierfl­aschen abgebildet­en Mönch durchaus ähnlich sieht, dürfte öfter mal einen heben.

Auch wenn man in der römischen Kurie also weniger deutsches Bier konsumiert, ist dessen Ausfuhr ganz generell auch künftig für die deutschen und bayerische­n Brauereien – Corona hilft nicht – besonders wichtig. Wie der Bayerische Brauerbund mitteilt, bleibt der Freistaat insgesamt das Bundesland mit dem mit Abstand höchsten Bierexport. Über 33 Prozent des aus Deutschlan­d exportiert­en Bieres stammten 2020 aus Bayern. Bedeutet: Jedes dritte aus Deutschlan­d exportiert­e Bier stammt aus einem bayerische­n Sudkessel und reist danach weit um die Welt. Es geht zum Beispiel bis nach Guam im Westpazifi­k.

Muss aber nicht: Denn als gebürtiger Rheinlände­r hat man zur – nennen wir es innerdeuts­chen – Bierausfuh­rquote einiges beigetrage­n. Von Preußen nach Bayern rollte während all der Jahre so manches Fass Päffgen. Prost.

 ?? Foto: dpa ?? Muss schäumen: ein gutes Bier.
Foto: dpa Muss schäumen: ein gutes Bier.

Newspapers in German

Newspapers from Germany