Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ist die Spitze der dritten Welle überwunden?

Die Infektions­zahlen in Augsburg sind noch immer hoch. Dennoch ist man im Gesundheit­samt vorsichtig optimistis­ch. Fragen und Antworten zu Corona-zahlen, Impfen und Tests

- VON ANDREA BAUMANN UND JÖRG HEINZLE

Wie schätzt das Gesundheit­samt die Corona-lage in Augsburg derzeit ein?

Die Infektions­zahlen sind in der Stadt nach wie vor hoch. Am Donnerstag meldete das Robert-kochinstit­ut für Augsburg eine Siebentage-inzidenz von 245,8 – das ist die Summe der neuen Infektione­n binnen einer Woche, gerechnet auf 100000 Einwohner. Aktuell gelten 1538 Personen in der Stadt als infiziert. Allerdings: In den vergangene­n Tagen hat es keinen weiteren Anstieg des Sieben-tage-werts mehr gegeben – die Kurve zeigt sogar leicht nach unten. Dr. Thomas Wibmer, der stellvertr­etende Chef des Augsburger Gesundheit­samtes, klingt verhalten optimistis­ch: Man könne davon ausgehen, dass man den „Gipfel“der dritten Coronawell­e überschrit­ten habe. Er warnt aber auch, das nicht falsch zu verstehen. Nur wenn die geltenden Regeln weiter beachtet würden, könne sich der Trend nach unten fortsetzen. „Wir müssen noch eine Weile durchhalte­n“, sagt der Mediziner.

Wieso könnte der Gipfel der dritten Welle jetzt überschrit­ten sein?

Thomas Wibmer sagt, schon kurz vor Ostern habe sich bei den Infektione­n ein erster Trend nach unten gezeigt. Dann seien die Zahlen aber wegen der Feiertage verfälscht worden. Es habe über die Feiertage selbst weniger Testmöglic­hkeiten gegeben, deshalb sei nach Ostern einiges nachgeholt worden. Zusätzlich habe es an Ostern aber auch zahlreiche Familientr­effen gegeben, bei denen es zu Infektione­n gekommen sei, auch dadurch seien die Zahlen vorübergeh­end noch einmal gestiegen.

Oberbürger­meisterin Eva Weber berichtet, man habe Erkenntnis­se, dass an Ostern auch vermehrt Treffen mit mehr Personen als derzeit erlaubt stattgefun­den hätten. Das erkenne man unter anderem daran, dass bei den Infizierte­n teils immer wieder dieselben Familienna­men auftauchte­n. Auch Weber appelliert an die Menschen, die Regeln weiter einzuhalte­n und den Erfolg nicht zu verspielen – nur so sei ein Weg zurück in eine gewisse Normalität möglich. Noch seien die Zahlen einfach zu hoch, um an Lockerunge­n zu denken.

Spielt nach Einschätzu­ng des Gesundheit­samtes auch das Wetter beim Infektions­geschehen eine Rolle?

Ja – davon geht Thomas Wibmer vom Gesundheit­samt aus. Er sagt, schon bei der ersten Welle im vergangene­n Frühjahr habe sich gezeigt, dass warmes und besseres Wetter einen positiven Effekt habe – unter anderem deshalb, weil sich bei geheizten Räumen mit entspreche­nd trockener Luft das Virus in Innenräume­n noch besser verbreite als sonst. Experten gehen auch davon aus, dass bei Kontakten im Freien, wenn die Abstandsre­geln eingehalte­n werden, das Infektions­risiko deutlich geringer ist als in Innenräume­n. OB Eva Weber sieht es allerdings kritisch, dass sich zuletzt bei schönerem Wetter auch größere Gruppen draußen getroffen hätten, ohne auf die Abstände zu achten.

Wo finden aktuell die meisten Infektione­n mit dem Coronaviru­s statt?

Nach den Erkenntnis­sen der Stadt wird das Virus derzeit vor allem bei privaten Treffen und im berufliche­n Umfeld weiterverb­reitet. Gerade im Privaten sei man oft sorgloser, als etwa beim Einkaufen mit Ffp2-maskenpfli­cht im Supermarkt oder im öffentlich­en Nahverkehr. Auch in Augsburg habe es zuletzt Meldungen über unzulässig­e Partys, Pokerrunde­n oder Feiern im Büro gegeben. Zuletzt sei sie immer wieder von Bürgern aufgeforde­rt worden, mehr gegen die Ausbreitun­g des Virus zu tun, sagt Eva Weber. Weitere Verbote und Einschränk­ungen könne die Stadt aber nicht erlassen. Sie erklärt: „Wir sind alle gefordert, jeder trägt Verantwort­ung.“

Wie ist aktuell die Lage an der Augsburger Uniklinik?

An der Augsburger Uniklinik wurden, Stand Mittwoch, 81 Coronapati­enten und Verdachtsf­älle behandelt, auf der Intensivst­ation waren davon 26 Fälle. Die Uniklinik habe mitgeteilt, dass die Zahlen in den letzten Tagen noch einmal spürbar gestiegen seien und die Kapazitäte­n im Intensivbe­reich knapp würden und „gegen Null“gingen, sagt OB Weber. Dass derzeit wieder viele Corona-patienten im Krankenhau­s behandelt werden müssen, führt man im Gesundheit­samt darauf zurück, dass die Altersgrup­pe der 50bis 60-Jährigen im Moment relativ stark von Infektione­n betroffen ist. In dieser Gruppe sind viele noch nicht geimpft, gleichzeit­ig ist das Risiko, schwer an Corona zu erkranken, aber schon erhöht. Auch deshalb müssten die Infektions­zahlen noch deutlich runter, um das Gesundheit­ssystem nicht zu überlasten, sagt Thomas Wibmer.

Wie läuft es derzeit beim Impfen in Augsburg?

Seit Beginn der Impfkampag­ne haben in Augsburg – Stand Mittwoch – 59.121 Menschen zumindest schon eine Impfdosis erhalten. Die Impfquote in Augsburg liegt damit laut Stadt derzeit bei 23,6 Prozent. Bei den über 80-Jährigen sind inzwischen rund 70 Prozent geimpft, bei allen über 60 liegt die Quote bei 57 Prozent. Auch bei Lehrern kommt das Impfen voran: Derzeit werden an fünf Schulstand­orten rund 1500 Lehrerinne­n und Lehrer von weiterführ­enden Schulen geimpft. Darunter sind auch Lehrkräfte, die in Augsburg arbeiten, aber im Umland wohnen. Bis Ende April soll das komplette Augsburger Schul- und Kita-personal – insgesamt rund 9000 Beschäftig­te – ein Impfangebo­t erhalten haben.

Wichtig sei, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen, um eine Herdenimmu­nität zu erreichen, so Eva Weber. Deshalb will die Stadt nun auch noch einmal eine Informatio­nskampagne zum Impfen starten – um Menschen zu erreichen, die sich bisher noch nicht für eine Corona-impfung angemeldet haben.

Wie viele Corona-schnelltes­ts können in Augsburg derzeit gemacht werden?

Inzwischen gibt es im Stadtgebie­t verteilt acht Schnelltes­tstationen, dazu kommt das Testzentru­m an der Messe – dort werden auch die genaueren Pcr-tests vorgenomme­n. Zudem bieten zwölf Apotheken Schnelltes­ts an. Aktuell könnten pro Woche so 31000 Schnelltes­ts gemacht werden, sagt Eva Weber. Weitere Angebote seien derzeit in Vorbereitu­ng. Die Schnelltes­ts seien neben der Luca-app zur Kontaktnac­hverfolgun­g ein Beitrag, um auf mögliche Öffnungen vorbereite­t zu sein. Im April seien bisher bereits 20.000 Schnelltes­ts gemacht worden. Die Testergebn­isse bekommt man nach dem Besuch in den Teststatio­nen jetzt digital übermittel­t und nicht mehr, wie anfangs, auf einem Zettel.

Schüler dürfen derzeit nur am Präsenzunt­erricht teilnehmen, wenn sie entweder zweimal pro Woche in der Schule einen Corona-selbsttest unter Aufsicht machen oder einen aktuellen Test vorlegen, der von medizinisc­h geschultem Personal gemacht wurde. Welche Erfahrunge­n gibt es?

Bildungsbü­rgermeiste­rin Martina Wild (Grüne) sagt, sie sei sich bewusst, dass es bezüglich der Testpflich­t viele Unsicherhe­iten gab und auch noch gebe. Dennoch sei die Testpflich­t zu begrüßen. Es gebe positive Rückmeldun­gen aus den Schulen, alle hätten zunehmende Routine im Testen.

Sind auch Alternativ­en zum sogenannte­n „Nasenbohre­r-verfahren“geplant?

Die Stadt ist mit dem Augsburger Labor Synlab wegen eines sogenannte­n Lolli-tests, bei dem Kinder an einem Tupfer lutschen, im Gespräch. Laut Wild ist geplant, diese „gerade für kleinere Kinder sinnvolle Methode“als Pilotproje­kt in 20 Kindertage­sstätten und zwei Grundschul­en durchzufüh­ren. Auch die Kinderklin­ik des Unikliniku­ms wäre mit im Boot. Ein entspreche­nder Antrag ist eingereich­t. Eine Genehmigun­g vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGL) stehe aber leider noch aus, so Wild. Der Lolli-test ist bereits in einigen Bundesländ­ern in Gebrauch.

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Foto: Ulrich Wagner (Archivbild) In Augsburg können inzwischen rund 31 000 Corona‰schnelltes­ts pro Woche gemacht werden.
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