Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Duell auf Augenhöhe, direkt am Abgrund

Markus Weinzierl und Florian Kohfeldt standen sich als Trainer erst ein Mal gegenüber. Damals trennte man sich 1:1. Diesmal würde das keinem so richtig helfen

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Im persönlich­en Duell Markus Weinzierl gegen Florian Kohfeldt steht es unentschie­den. Erst ein Mal standen sich die beiden Trainer in der Bundesliga gegenüber. Im Februar 2019 holte Weinzierl mit dem 16. VFB Stuttgart bei Werder Bremen (9.) mit einem 1:1 einen vermeintli­ch wichtigen Punkt im Abstiegska­mpf. Geholfen hat es Weinzierl nicht. Etwas mehr als zwei Monate später wurde er nach dem 0:6 bei seinem heutigen Arbeitgebe­r FC Augsburg entlassen. Der VFB stieg am Ende der Saison ab.

Nun kommt es also am Samstag (15.30 Uhr/sky) zum Wiedersehe­n. Beide stehen mit ihren Mannschaft­en vor dem 32. Spieltag tief im Abstiegska­mpf. Der FCA (33 Punkte) hat als 14. zwei Zähler Vorsprung auf den 15. Bremen (31) und dem punktgleic­hen 16. Arminia Bielefeld. Beiden Trainern würde nur ein Sieg so richtig weiterhelf­en. Der FCA hätte dann den Klassenerh­alt vor der Fahrt am letzten Spieltag zum FC Bayern sicher. Auch ein Punkt könnte reichen. Sollte Bielefeld gegen Hoffenheim verlieren und der Vorletzte Köln (29) bei Hertha nicht gewinnen, wäre die Abstiegsmö­glichkeit des FCA aufgrund des guten Torverhält­nisses nur noch theoretisc­her Natur.

Doch darauf will sich Weinzierl nicht verlassen. „Wenn wir gewinnen, dann können die anderen machen, was sie wollen“, sagte er fast schon trotzig am Donnerstag. Er habe keine Sorgen, denn „wir haben Aufschlag und Matchball nach einer langen Corona-saison mit schwierige­n Komponente­n. Wir sehen es nicht als Druck oder Risiko, sondern als eine Riesenchan­ce.“Während der Spieltagsk­onferenz wurde er nicht müde, Zuversicht und Selbstvert­rauen auszustrah­len.

Mut macht auch der couragiert­e Auftritt bei Weinzierls Debüt. Zwar verlor der FCA unglücklic­h 1:2 bei seinem Ex-verein in Stuttgart, aber die Fca-offensive gab 20 Torschüsse ab, so viel wie noch nie in dieser Bundesliga-saison. Deshalb deutet vieles darauf hin, dass Weinzierl die gleiche Startelf wie gegen den VFB beginnen lassen wird. Auch den unglücklic­hen Reece Oxford in der Innenverte­idigung.

Für diesen von der Überzeugun­g von der eigenen Stärke getragenen Spielstil haben sie den 46-jährigen Niederbaye­rn vor ein paar Wochen zurückgeho­lt zum FCA. Denn unter Heiko Herrlich und seinem Co-trainer Iraklis Metaxas, der ein großer Verfechter der Defensiv-strategie gewesen sein soll, spielte man nur noch Tor-verhinderu­ngs-fußball.

Mit einem Trainer- und vor allem Mentalität­swechsel will man im Schlussspu­rt das Minimalzie­l Klassenerh­alt retten, um dann vielleicht an die Erfolge der ersten Liaison mit Weinzierl anzuknüpfe­n. Der führte den FCA in der Saison 14/15 in die Europa League. Ein Jahr später trennten sich dann die Wege. So ganz scheinen aber beide Parteien dem Braten nicht zu trauen, ist der Vertrag von Weinzierl erst einmal bis 2022 befristet. Allerdings gilt er auch für die 2. Liga. Es wäre der erste Bundesliga-abstieg für den FCA in der Vereinsges­chichte.

In Bremen musste man auch erst einmal absteigen. Nach der Saison 79/80. Die Spieler hießen damals Dieter Burdenski, Benno Möhlmann oder Jürgen Röber, der Trainer Fritz Langner. Während man am Lech auf den Nothelfer-effekt setzt, hat man sich an der Weser entschiede­n, Florian Kohfeldt weiter das Vertrauen zu schenken. Obwohl Bremen wie schon im Vorjahr wieder gegen den Abstieg spielt. Damals hatte sich Werder erst am letzten Spieltag mit einem 6:1 in Köln und unter der Mithilfe von Union Berlin in die Relegation gerettet und dort in zwei Partien gegen Heidenheim ohne Sieg (0:0 und 2:2) die Klasse gehalten.

„Wir wissen im Rückblick, was dazu geführt hat, dass wir es im letzvorgän­ger ten Jahr überstande­n haben. Diese Punkte versuchen wir jetzt wieder hochzubrin­gen“, sagte Kohfeldt bei der Pressekonf­erenz vor der Abfahrt nach Augsburg. Eine Garantie dafür, dass es wieder klappt, sei das natürlich nicht: „Das wäre ein fataler Trugschlus­s.“Schon 20 Jahre ist er im Verein, seit Ende 2017 ist er für die Bundesliga-profis verantwort­lich. Die Bremer Fans mögen ihn. Ob er aber wirklich seinen Vertrag bis 2023 erfüllen wird, scheint derzeit nicht sicher.

Für beide Trainer zählt jetzt erst einmal nur der Samstag. Und eigentlich nur ein Sieg. Während Augsburg seit fünf Spielen auf einen Sieg wartet, hat Werder schon seit acht Partien nicht mehr gewonnen. Es ist ein Duell auf Augenhöhe, direkt am Abgrund.

 ?? Foto: Tom Weller, dpa ?? Markus Weinzierl will mit einem Sieg gegen Werder Bremen den Klassenerh­alt vorzeitig sichern. Denn am letzten Spieltag muss der FCA beim FC Bayern antreten.
Foto: Tom Weller, dpa Markus Weinzierl will mit einem Sieg gegen Werder Bremen den Klassenerh­alt vorzeitig sichern. Denn am letzten Spieltag muss der FCA beim FC Bayern antreten.

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