Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Duell auf Augenhöhe, direkt am Abgrund
Markus Weinzierl und Florian Kohfeldt standen sich als Trainer erst ein Mal gegenüber. Damals trennte man sich 1:1. Diesmal würde das keinem so richtig helfen
Augsburg Im persönlichen Duell Markus Weinzierl gegen Florian Kohfeldt steht es unentschieden. Erst ein Mal standen sich die beiden Trainer in der Bundesliga gegenüber. Im Februar 2019 holte Weinzierl mit dem 16. VFB Stuttgart bei Werder Bremen (9.) mit einem 1:1 einen vermeintlich wichtigen Punkt im Abstiegskampf. Geholfen hat es Weinzierl nicht. Etwas mehr als zwei Monate später wurde er nach dem 0:6 bei seinem heutigen Arbeitgeber FC Augsburg entlassen. Der VFB stieg am Ende der Saison ab.
Nun kommt es also am Samstag (15.30 Uhr/sky) zum Wiedersehen. Beide stehen mit ihren Mannschaften vor dem 32. Spieltag tief im Abstiegskampf. Der FCA (33 Punkte) hat als 14. zwei Zähler Vorsprung auf den 15. Bremen (31) und dem punktgleichen 16. Arminia Bielefeld. Beiden Trainern würde nur ein Sieg so richtig weiterhelfen. Der FCA hätte dann den Klassenerhalt vor der Fahrt am letzten Spieltag zum FC Bayern sicher. Auch ein Punkt könnte reichen. Sollte Bielefeld gegen Hoffenheim verlieren und der Vorletzte Köln (29) bei Hertha nicht gewinnen, wäre die Abstiegsmöglichkeit des FCA aufgrund des guten Torverhältnisses nur noch theoretischer Natur.
Doch darauf will sich Weinzierl nicht verlassen. „Wenn wir gewinnen, dann können die anderen machen, was sie wollen“, sagte er fast schon trotzig am Donnerstag. Er habe keine Sorgen, denn „wir haben Aufschlag und Matchball nach einer langen Corona-saison mit schwierigen Komponenten. Wir sehen es nicht als Druck oder Risiko, sondern als eine Riesenchance.“Während der Spieltagskonferenz wurde er nicht müde, Zuversicht und Selbstvertrauen auszustrahlen.
Mut macht auch der couragierte Auftritt bei Weinzierls Debüt. Zwar verlor der FCA unglücklich 1:2 bei seinem Ex-verein in Stuttgart, aber die Fca-offensive gab 20 Torschüsse ab, so viel wie noch nie in dieser Bundesliga-saison. Deshalb deutet vieles darauf hin, dass Weinzierl die gleiche Startelf wie gegen den VFB beginnen lassen wird. Auch den unglücklichen Reece Oxford in der Innenverteidigung.
Für diesen von der Überzeugung von der eigenen Stärke getragenen Spielstil haben sie den 46-jährigen Niederbayern vor ein paar Wochen zurückgeholt zum FCA. Denn unter Heiko Herrlich und seinem Co-trainer Iraklis Metaxas, der ein großer Verfechter der Defensiv-strategie gewesen sein soll, spielte man nur noch Tor-verhinderungs-fußball.
Mit einem Trainer- und vor allem Mentalitätswechsel will man im Schlussspurt das Minimalziel Klassenerhalt retten, um dann vielleicht an die Erfolge der ersten Liaison mit Weinzierl anzuknüpfen. Der führte den FCA in der Saison 14/15 in die Europa League. Ein Jahr später trennten sich dann die Wege. So ganz scheinen aber beide Parteien dem Braten nicht zu trauen, ist der Vertrag von Weinzierl erst einmal bis 2022 befristet. Allerdings gilt er auch für die 2. Liga. Es wäre der erste Bundesliga-abstieg für den FCA in der Vereinsgeschichte.
In Bremen musste man auch erst einmal absteigen. Nach der Saison 79/80. Die Spieler hießen damals Dieter Burdenski, Benno Möhlmann oder Jürgen Röber, der Trainer Fritz Langner. Während man am Lech auf den Nothelfer-effekt setzt, hat man sich an der Weser entschieden, Florian Kohfeldt weiter das Vertrauen zu schenken. Obwohl Bremen wie schon im Vorjahr wieder gegen den Abstieg spielt. Damals hatte sich Werder erst am letzten Spieltag mit einem 6:1 in Köln und unter der Mithilfe von Union Berlin in die Relegation gerettet und dort in zwei Partien gegen Heidenheim ohne Sieg (0:0 und 2:2) die Klasse gehalten.
„Wir wissen im Rückblick, was dazu geführt hat, dass wir es im letzvorgänger ten Jahr überstanden haben. Diese Punkte versuchen wir jetzt wieder hochzubringen“, sagte Kohfeldt bei der Pressekonferenz vor der Abfahrt nach Augsburg. Eine Garantie dafür, dass es wieder klappt, sei das natürlich nicht: „Das wäre ein fataler Trugschluss.“Schon 20 Jahre ist er im Verein, seit Ende 2017 ist er für die Bundesliga-profis verantwortlich. Die Bremer Fans mögen ihn. Ob er aber wirklich seinen Vertrag bis 2023 erfüllen wird, scheint derzeit nicht sicher.
Für beide Trainer zählt jetzt erst einmal nur der Samstag. Und eigentlich nur ein Sieg. Während Augsburg seit fünf Spielen auf einen Sieg wartet, hat Werder schon seit acht Partien nicht mehr gewonnen. Es ist ein Duell auf Augenhöhe, direkt am Abgrund.