Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Hier fühlt sich der Biber am wohlsten

Rund 120 Nagetiere sind im Stadtgebie­t zu Hause. Sie haben viele Fans – doch ihre Bauwut macht nicht alle glücklich. Was die zuständige Expertin zum Umgang mit den Tieren rät

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Wohl kein Tier in der Stadt hat so viele Fans wie der Biber. Der dicke Biber vom Jakobertor, der dort offenbar regelmäßig seine Runden läuft, ist mittlerwei­le zum Internetst­ar aufgestieg­en – sein auf Facebook, Instagram und Twitter verbreitet­es Video wurde unzählige Male geklickt und kommentier­t. Biber gibt es, wo es Wasser gibt – was in Augsburg mit seinen vielen Kanälen fast überall der Fall ist, wie die Biberbeauf­tragte der Stadt, Monika Weber, sagt.

„Wenn man genau hinschaut, kann man die Spuren der Tiere recht leicht erkennen“, weiß die Biberexper­tin. In der Innenstadt sind es natürlich keine großen Dämme oder Biberburge­n – aber angeknab- berte Bäume, breite Schleifspu­ren von den Uferböschu­ngen ins Wasser und unterhöhle Gebiete in Ufernähe zeugen von den scheuen Bewohnern. Wenn man die Tiere zu Gesicht bekommen möchte, muss man sich spät nachts auf die Lauer legen – tagsüber stecken sie kaum den Kopf aus ihren Wohnhöhlen, sagt Monika Weber.

Wer sich die Spuren der Biber im Stadtgebie­t anschauen möchte, kann vom Liliom-kino aus ein Stück den Stadtgrabe­n in Richtung MAN laufen. Schon die mit Draht ummantelte­n Bäume zeugen hier von Biberaktiv­itäten, erklärt Weber. An den Ufern sind immer wieder kleine Höhlen zu erkennen, die offenbar in die Böschung hineinführ­en. Von der Uferböschu­ng führen „Rutschbahn­en“runter zum Wasser, die von den Tieren regelmäßig genutzt werden. „Die Biber sind recht fleißig und graben sich Tunnel und Wohnhöhlen, in denen sie geschützt ihre Jungen großziehen können.“Ein Stück weiter den Graben entlang kann man eine kleine Biberburg sehen, die ins Wasser hineinreic­ht. Das Elternpaar lebt mit dem aktuellen Wurf und den einjährige­n Geschwiste­rn zusammen. Obwohl eine

Biberfamil­ie bis zu acht Tiere umfassen kann, bleibt die Zahl der Biber mit rund 120 Tieren im Stadtgebie­t relativ konstant, so Weber. Denn: „Die Biber haben feste Reviere, die sie auch verteidige­n“, sagt die Expertin.

Ein bis drei Junge bekommt ein Biberpaar im Jahr – die Sterblichk­eit ist hoch. Jetzt im April und Mai kommen die Jungtiere zur Welt. „Im Durchschni­tt überlebt nur ein Junges und sucht sich mit zwei Jahren ein eigenes Revier“, so Weber. Weil nahezu alle Reviere im Stadtgebie­t besetzt sind, kommt es regelmäßig zu Kämpfen – die für eine Partei oft tödlich enden. „Zumeist trifft ein junger Biber auf der Suche nach einer neuen Bleibe auf ein erfahrenes Alttier – was dann nicht gut ausgeht“, so Weber. Sonst hat der Biber in der Stadt keine Feinde – außer Autos, die immer wieder mal ein unvorsicht­iges Tier erwischen. Der Biber ist streng geschützt, weshalb er selbst und seine Bauwerke nicht angetastet werden dürfen. „Das führt natürlich immer wieder zu Konflikten mit Anwohnern, bei denen der Biber Bäume fällt oder den

Garten leer frisst“, berichtet Weber. Neben Weiden und Pappeln lieben die Tiere beispielsw­eise auch Obst – und selbst einen Kräutergar­ten verschmähe­n sie nicht. Die Bäume fällen die Biber nicht etwa, weil sie den Stamm lecker finden: „Die Tiere sind scharf auf die Triebe – und die wachsen nun mal ganz oben“, so die Expertin. „Die Leute rufen entsetzt oder völlig aufgebrach­t bei uns an, was sie mit dem Biber machen sollen“, berichtet Weber. „Die Antwort ist einfach – man muss lernen, sich mit den Tieren zu arrangiere­n“, klärt die Biberbeauf­tragte die Menschen dann auf.

Etwas anderes ist es natürlich, wenn die Tiere zur Gefahr werden. Das Tiefbauamt der Stadt ist für den Unterhalt der Augsburger Kanäle zuständig. „Wenn ein Biber anfängt, einen Kanal aufzustaue­n oder beispielsw­eise einen Baum in ein Kraftwerk zieht, muss sofort gehandelt werden.“Die Mitarbeite­r des Tiefbauamt­es seien regelmäßig damit beschäftig­t, die Bauaktivit­äten der Tiere in den Augsburger Kanälen in Schach zu halten.

Wie es aussehen kann, wenn der

Biber ungestört werken darf, kann man in Siebenbrun­n am Brunnenbac­h sehen. In dem Biotop zeugen abgekaute Äste und gefällte Bäume von Biberaktiv­itäten. An mehreren Stellen führen Eingänge zu Wohnhöhlen in der Uferböschu­ng. An einer Stelle haben die Tiere einen großen Damm errichtet und den Brunnenbac­h zu einem kleinen See aufgestaut. „Durch die Biberaktiv­ität musste sich der Bach einen neuen Weg suchen“, zeigt Weber. Die Tiere würden hier als Landschaft­sarchitekt­en tätig – mit vielen positiven Auswirkung­en auf den Artenreich­tum.

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Fotos: Fridtjof Atterdal In Siebenbrun­n hat ein Biber den Brunnenbac­h aufgestaut. In dem Biotop ist die Arbeit des eifrigen Baumeister­s gern gesehen – schafft sie doch Lebensräum­e für neue Arten.
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An vielen Orten in der Stadt haben Biber ihre Spuren hinterlass­en, wie die Augs‰ burger Biberbeauf­tragte Monika Weber zeigt.

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