Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Infektions­gefahr: Stadtwerke wollen keine Sitze sperren

Im „Bürgerbeir­at Corona“geht es um den öffentlich­en Nahverkehr und die Frage, warum in Bus und Tram nicht stärker auf Abstand geachtet wird. Die Stadt verweist darauf, dass das erst Recht zu Ballungen in den Fahrzeugen führen könnte

- VON STEFAN KROG

Die Stadtwerke halten die Sperrung von einzelnen Sitzen in Doppelreih­en in Bussen und Straßenbah­nen in Corona-zeiten für nicht sinnvoll. „Ich mag es auch nicht, wenn in Corona-zeiten jemand direkt neben mir sitzt“, sagte der für den Nahverkehr zuständige Wirtschaft­sreferent Wolfgang Hübschle im „Bürgerbeir­at Corona“, bei dem ausgeloste Bürger mit der Stadtregie­rung über die Corona-maßnahmen diskutiere­n. Aus dem Beirat war die Forderung nach einer solchen Prüfung laut geworden. Allerdings hätten sich die Stadtwerke und die Stadt nach Abwägung dagegen entschiede­n, so Hübschle.

Man müsse bedenken, dass eine solche Regelung dafür sorgen könne, dass sich Fahrgäste in Stehbereic­hen ballen, wenn auf einem Streckenab­schnitt schlagarti­g mehr Personen zusteigen. „Genau das will man aber vermeiden.“Letztlich habe man nur die „Wahl zwischen

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Pest und Cholera“. Denn den Zugang zu Fahrzeugen zu regulieren, sei schwierig, so Hübschle. Dies müsse an jeder Haltestell­e an jeder Tür geschehen. Fahrgäste nur vorne beim Fahrer einsteigen zu lassen, beschwöre auch Ballungen. „Außerdem würde das dazu führen, dass Fahrgäste durchs ganze Fahrzeug laufen.“Man werde darauf hinwirken müssen, dass Fahrgäste sich nach dem Einsteigen sofort hinsetzen, um möglichst wenig Kontaktsit­uationen entstehen zu lassen.

Gleichzeit­ig würden die Stadtwerke bei steigender Nachfrage mehr Fahrzeuge fahren lassen, um für ausreichen­d Platz in Bus und Tram zu sorgen.

Generell gehe es darum, mit einer „Charmeoffe­nsive“in der Coronazeit verloren gegangene Fahrgäste wieder zurückzuge­winnen. Neben Heimunterr­icht und Homeoffice habe beim Fahrgastsc­hwund auch das Unsicherhe­itsgefühl der Fahrgäste eine Rolle gespielt. Es habe in der Anfangszei­t nur Studien gegeben, aus denen hervorging, dass man nicht nachweisen könne, dass der Nahverkehr entscheide­nd zum Pandemiege­schehen beiträgt. „Zum Sicherheit­sgefühl hat das aber nicht beigetrage­n“, so Hübschle.

Zuletzt veröffentl­ichte aber die Forschungs­organisati­on der Berliner Charité eine Studie im Auftrag von Ländern und Nahverkehr­sverband, aus der hervorgeht, dass das Infektions­risiko nicht höher sein soll als bei der Nutzung von anderen Verkehrsmi­tteln. Dafür wurden im

Rhein-main-gebiet 681 Pendler untersucht. Die Ansteckung­szahlen waren nach fünf Wochen bei Nutzern des Nahverkehr­s gleich denen von Auto- und Radfahrern. Voraussetz­ung dafür seien aber Maskenpfli­cht, Abstandhal­ten und gute Durchlüftu­ng von Fahrzeugen, so die Studie. Mit dem Öffnen von allen Türen an jeder Haltestell­e habe man einen Luftaustau­sch, als würde man in einem Konferenzr­aum alle eineinhalb Minuten alle Fenster aufreißen, so Hübschle.

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