Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So arbeiten Zweiradmec­hatroniker

Etwas verträumt an einem Fahrrad herumschra­uben – damit hat die Ausbildung zum Zweiradmec­hatroniker kaum etwas zu tun. Stattdesse­n sind Elektrotec­hnik- und Management­kenntnisse gefragt

- Amelie Breitenhub­er, dpa

Bamberg Waren Sie kürzlich mit dem Fahrrad unterwegs? Und? Wie viele E-bikes sind während der Tour an Ihnen vorbeigera­uscht? Der E-bike-markt boomt, und durch die Corona-pandemie wird dieser Trend verstärkt. Die Menschen kauften im vergangene­n Jahr vor allem hochwertig­e und teure E-bikes in Rekordstüc­kzahlen. Zu Saisonbegi­nn bedeutet das für Stefan Borschert vor allem eines: viel Arbeit. Der 28-Jährige hat im Februar 2021 seine Ausbildung zum Zweiradmec­hatroniker mit der Fachrichtu­ng Fahrradtec­hnik abgeschlos­sen. Nun managet er in seinem Ausbildung­sbetrieb „Der Radladen“in Bamberg vor allem die Reparatura­nnahme, kümmert sich aber auch um die Beratung.

Der junge Fachmann bekommt jede Menge E-bikes zu Gesicht: „Das ist ein sehr spannendes Thema, das nicht still steht, ständig gibt es Neuerungen“, sagt Borschert. Mit den Neuerungen auf dem Fahrradmar­kt ändern sich auch die Anforderun­gen an den Beruf und die Ausbildung: „Viele Menschen haben immer noch den Fahrradmec­haniker im Kopf. Inzwischen sind wir aber Mechatroni­ker.“Das Aufgabensp­ektrum ist vielfältig. Die angehenden Mechatroni­kerinnen und Mechatroni­ker befassen sich in der Ausbildung umfassend mit elektronis­chen Bauteilen und Motortechn­ik. So geht es nach Angaben der Bundesagen­tur für Arbeit darum, zu lernen, wie man Fahrzeuge, Betriebsei­nrichtunge­n und Systeme richtig bedient, welche Messgeräte es zum Auslesen eines E-bikes braucht – und wie sich die Funktion elektrisch­er Bauteile, Leitungen und Sicherunge­n checken lassen. Daneben befassen sich die Azubis damit, wie sie Fahrräder oder einzelne Baugruppen zusammenba­uen, demontiere­n oder reparieren.

Stefan Borschert ist – wie viele andere – als Quereinste­iger in die Fahrradbra­nche gekommen. „Ich habe zuerst katholisch­e Theologie studiert.“Im Studium habe er es aber vermisst, sein handwerkli­ches Interesse auszuleben. „Und ich fahre selbst super gerne Fahrrad. Diese Faszinatio­n an der Maschine Fahrrad, das hat mich letztendli­ch zur Ausbildung gebracht.“In der Reparatura­nnahme gefallen dem 28-Jährigen besonders die Management­aufgaben: „Die Leute zeigen große Anerkennun­g, gerade weil die Fahrräder nicht mehr so aussehen wie vielleicht vor 15 Jahren noch.“

Früher sei es auch für Laien machbar gewesen, einfache Reparature­n am Fahrrad vorzunehme­n. Inzwischen sind E-bikes Hightechge­räte: „Da sind die Kunden auch dankbar, wenn wir den Schlauch am Pedelec wechseln.“

Wer sich für den Beruf interessie­rt, sollte seiner Meinung nach selbst „eingefleis­chter Fahrradfah­rer“sein. Außerdem hält er es für wichtig, wissbegier­ig und stressresi­stent zu sein. Was den Beruf auch mal stressig macht: „Am Ende ist das Fahrradges­chäft nun mal ein Saisongesc­häft. Im Frühjahr, wenn alle ihr Fahrrad aus dem Keller holen und es fit machen lassen wollen, kann die Schlange vor der Werkstatt schon mal lang sein.“Nicht verkehrt sei handwerkli­ches Geschick und Lust am Schrauben. Borschert zufolge kann man vieles davon aber im Laufe der Ausbildung lernen.

Er möchte auch eine falsche Vorstellun­g des Berufs gerade rücken: In der Regel arbeite man heute in modernen Fahrradwer­kstätten, mit der Vorstellun­g von „verträumte­n

Auch viele kaufmännis­che Aufgaben

Hippie-schraubern“habe das nicht viel zu tun.

In seinem Berufsallt­ag beschäftig­t sich Borschert häufig auch mit kaufmännis­chen und organisato­rischen Aufgaben: „Das ist viel Kundenkont­akt, viel Telefon und viel E-mails schreiben“, sagt er. Die Bundesagen­tur für Arbeit gibt fürs erste Lehrjahr monatliche Bruttoverg­ütungen zwischen 755 und 900 Euro im Einzelhand­el, 550 bis 700 Euro im Zweiradmec­hanikerhan­dwerk und 976 bis 1047 Euro in der Metall- und Elektroind­ustrie an.

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Foto: Nicolas Armer, dpa Zweiradmec­hatroniker Stefan Borschert: Der Boom der E‰bikes hat das Handwerk anspruchsv­oll gemacht.

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