Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Verena Altenberge­r Diese Frau gibt der Buhlschaft ihr Gesicht

Verena Altenberge­r spielt in diesem Jahr die wichtigste Nebenrolle der Salzburger Festspiele – und sorgt für Gesprächss­toff mit einem radikalen Schnitt

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Das Kleid der Buhlschaft im „Jedermann“der Salzburger Festspiele ist bei jeder Neubesetzu­ng ein Gesprächst­hema. Wie prächtig, die rote Robe von Senta Berger! Ungewöhnli­ch, dieses Blau des Kleides von Sophie von Kessel! In diesem Jahr ist das Kostüm Nebensache, in diesem Jahr geht es um die Frisur, und das hängt mit der Frau zusammen, die neben Lars Eidinger in der Titelparti­e in diesem Jahr die zwar textarme, aber gern als wichtigste Nebenrolle geadelte Figur spielt: Verena Altenberge­r.

Bis vor einigen Wochen trug die österreich­ische Schauspiel­erin nämlich Glatze – für die Rolle einer krebskrank­en Frau ließ sie sich den Kopf rasieren. Mittlerwei­le ist ihr eine kesse Stoppelfri­sur nachgewach­sen, und nicht nur für die österreich­ischen Medien ist es ein großes Thema, ob sich die Buhlschaft ohne wallende Haartracht vielleicht mit einem feministis­chen Touch versehen ließe. Verena Altenberge­r ist eher erstaunt darüber, dass es als feministis­cher Akt gedeutet wird, sich die Haare abschneide­n zu lassen. „Es hat mich überrascht, dass wir immer noch so beschränkt sind.“

Und deshalb jetzt ganz schnell zu Wichtigere­m. Nämlich der Darstellun­gskunst der 33-Jährigen, die in Schwarzach im Pongau geboren ist und ihre Kindheit auf einem Bauernhof in Dorfgastei­n verbracht hat. Erst vor zwei Wochen konnte man das sensible Spiel Altenberge­rs in der Krimiserie „Polizeiruf 110“erleben. Dort verkörpert sie die Hauptkommi­ssarin Elisabeth Eyckhoff – eine natürlich wirkende junge Frau mit Pony und Pferdeschw­anz (schon wieder diese Haare!), die sich auch von herablasse­nden Vorgesetzt­en nicht beirren lässt, in ihrer robusten Beharrlich­keit aber noch viel Raum für die leisen und humorvolle­n Momente findet.

Verena Altenberge­rs schauspiel­erische Bandbreite zwischen komödianti­schen und tragischen Facetten ist enorm. Sie war die resolute polnische Altenpfleg­erin in der Rtl-comedyseri­e „Magda macht das schon“und spielte mit beeindruck­ender Intensität im Kinodrama „Die beste aller Welten“ eine heroinsüch­tige Mutter, die mit ihrem Sohn ein normales Leben führen möchte. In einer Minirolle war sie auch im letzten „Mission Impossible“-film zu sehen.

Schauspiel­erin werden, das wollte Altenberge­r schon mit drei Jahren. Auf ihren Kindheitst­raum kam sie aber erst nach einem Studium der Publizisti­k und Kommunikat­ionswissen­schaften zurück. Vielleicht auch deshalb verbindet sie mit ihrem Beruf eine gesellscha­ftliche Verantwort­ung. „European Actress, Feminist, Refugees welcome“, hat sie ihre Facebook-seite überschrie­ben. „Wenn gerade tausende Menschen vor dem Krieg flüchten, kann ich keine Selfies hochladen“, findet sie. Man kann davon ausgehen, dass Verena Altenberge­r, ob mit oder ohne Haare, Wege finden wird, der Buhlschaft Kontur zu geben. Birgit Müller-bardorff

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Foto: dpa

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