Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Gikiewicz fängt weiter für den FCA
Vertrag verlängert: Nach langer Suche kehrt auf der Torhüterposition Konstanz ein. Mit herausragenden Leistungen will sich der 33-Jährige einen Traum erfüllen
Walchsee Torwarttrainer Kristian Barbuscak ist gnadenlos. Einen Tennisball nach dem anderen jagt er mit dem Schläger Richtung Rafal Gikiewicz. Schnell reagiert der Torwart des FC Augsburg. Links, rechts, links – Gikiewicz wehrt die kleinen gelben Filzkugeln katzenartig ab. 33 Jahre ist Gikiewicz alt, unzählige Trainings hat er absolviert, dennoch arbeitet er jeden Tag daran, noch unüberwindbarer zu werden. „Ich habe Hunger auf Erfolg und will noch besser spielen. Ich glaube, ich kann noch besser spielen“, betont der Pole. Er sitzt im bequemen Sessel der Hotellobby, hier im Seehof hat sich der Fca-tross einquartiert. Ruhig sitzen fällt Gikiewicz allerdings schwer. Die Energie ist zu spüren, die von ihm ausgeht.
Mit weit aufgerissenen Augen erzählt er von der Europameisterschaft, die er als Tv-experte für einen polnischen Sender begleitete. In Warschau, Sevilla und St. Petersburg war er vor Ort und gab seine Expertise ab. Weit lieber wäre er selbst Teil des Schauspiels auf dem Rasen gewesen, doch Nationaltrainer Paulo Sousa, ehemaliger Mitspieler von Stefan Reuter und Heiko Herrlich in Dortmund, setzte auf andere Torhüter. Gikiewicz fehlt weiterhin das Verständnis, nicht als dritter Schlussmann mitgenommen worden zu sein. Nach dem schwachen Abschneiden der Polen hofft er nun auf eine Chance im Nationalteam. Seine Chancen stünden nicht schlecht, meint er. „Die Nationalmannschaft ist für jedes Kind ein Traum, auch ich habe diesen Traum. Ich glaube fest daran und hoffe, dass ich für die nächsten Länderspiele nominiert werde.“Während Sousa auf Gikiewicz verzichtete, setzt der FC Augsburg auf Gikiewicz. Als der Fußball-bundesligist den ablösefreien Profi von Union Berlin holte, galt die Torhüterposition als Problem. Nach einer Spielzeit mit Gikiewicz ist aus der Schwachstelle eine Augsburger Stärke geworden. Naheliegend, dass die Verantwortlichen an einer vorzeitigen Vertragsverlängerung interessiert waren. Am Dienstag vermeldete der Klub Vollzug. Gikiewicz bleibt mindestens bis Sommer 2023 beim FCA, der Bundesligist kann den Kontrakt optional um ein weiteres Jahr ausweiten.
Gikiewicz wollte frühzeitig Klarheit. Ehe er sich in den Familienurlaub nach Kroatien verabschiedete, vereinbarten Sport-geschäftsführer Stefan Reuter und Finanzchef Michael Ströll eine weitere Zusammenarbeit. In der Vergangenheit drängte Gikiewicz auf Veränderungen, lang hielt es ihn selten in einem Klub. Warum er jetzt bleiben und keine „Luftveränderung“wollte, dafür nennt er Gründe. Hätte er Augsburg verlassen, wäre seine Familie wohl zurück nach Polen gegangen. So bleibt er mit beiden Kindern und seiner Frau in Augsburg vereint. Er erzählt noch von Angeboten großer Vereine, habe aber wenig Lust verspürt, sich als Ersatzmann
auf die Bank zu setzen.
Vor allem aber erweckt er den Eindruck, mit dem FCA seine Ziele noch nicht erreicht zu haben. Leidenschaftlich erzählt er davon, wie sehr er sich auf ein volles Stadion und die Fans hinter sich auf der Stehtribüne freut. Wie er sich von den Anhängern für Paraden feiern lassen will. Und wie viel mehr die Mannschaft doch imstande sei zu leisten. Mit dem ehemaligen Trainer Heiko Herrlich habe er kein Problem gehabt, betont der Spieler. Diesem habe er auch zum Klassenerhalt gratuliert. Allerdings wünscht sich Gikiewicz künftig ein ganz anderes Augsburger Auftreten.
Er zollt Klubs aus Bielefeld und Bochum Respekt, erwarte aber, dass der FCA als etablierter Bundesligist diese Gegner zu Hause schlage. „Wir wollen attraktiven Fußball ohne Angst spielen, das Herz auf dem Platz lassen und alles geben. Dann klatschen die Fans auch, wenn wir mal verlieren. Wir haben in der vergangenen Saison zu viele Punkte durch Glück geholt.“Gikiewicz ist Mitglied des Mannschaftsrats, soll als Führungsspieler vorangehen. Sein Wort hat auf und neben dem Platz Gewicht. Sieht er Fehler, spricht er diese direkt an. Diese Form von Kritik will er sich bewahren. Vor allem will er diese aber nicht falsch verstanden wissen.
„Das ist meine Rolle, die Spieler manchmal wachzurütteln. Ich will meine Mitspieler nicht fertigmachen. Ich will, dass wir uns alle verbessern. Ich sehe kein Problem darin, Dinge klar anzusprechen.“Gikiewicz hat Großes vor, mit dem Klassenerhalt allein will er sich nicht zufriedengeben. Er bringt sogar eine Europa-league-teilnahme ins Gespräch. „Warum sollten wir nicht drei, vier Siege mehr als in der vergangenen Saison holen? Das können wir schaffen.“Der 33-Jährige weiß auch schon, wie er diesen Erfolg verewigen würde: mit einem Tattoo auf seinem Arm.
Mit Extrainer Herrlich hatte er kein Problem