Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Finnbogason will wieder Spaß am Fußball haben
Kein einziger Ligatreffer ist dem Isländer in der vergangenen Saison des FC Augsburg gelungen. Wie der 32-Jährige über seine Verletzungen, Stürmerfrust und künftige Länderspielreisen denkt
Auf diese Fragen ist Alfred Finnbogason vorbereitet. Zu oft sind sie dem Angreifer des FC Augsburg während seiner Karriere schon gestellt worden, als dass er überrascht wäre. In jede Vorbereitung auf eine Spielzeit geht der Isländer mit der Zuversicht, über mehrere Monate hinweg gesund zu bleiben und das zu tun, was er eigentlich am besten kann: Tore schießen. Seine Torquote im Augsburger Trikot war in seinen ersten Spielzeiten beeindruckend, im fitten Zustand traf der 32-Jährige in einer Saison regelmäßig zweistellig. Problem nur: Seit zwei Jahren ist er kaum noch fit gewesen. Und wenn er sich wieder in die Startelf gespielt hatte, ereilte ihn meist die nächste Verletzung. Also: Bleibt er in dieser Spielzeit gesund und wird er jener Torgarant, der er einmal für den FCA war?
Finnbogason nippt am Espresso, dann lächelt er und sagt: „Ich hoffe es.“Einmal mehr nimmt er Anlauf, dauerhaft auf dem Platz zu stehen. „Das ist kein Geheimnis. Mein oberstes Ziel ist, eine ganze Saison fit zu sein. Man kann mich verrückt nennen, aber ich tue alles dafür und bin optimistisch. Ich werde dafür arbeiten, dass ich wieder richtig Spaß am Fußball habe.“
Denn der war verloren gegangen. Der smarte Isländer, ein umgänglicher und weltoffener Typ Mensch, lässt es sich nicht anmerken, entspannt lehnt er im Stuhl auf der Terrasse des Seehof-hotels am Walchsee. Doch die vergangene Spielzeit hat in grübeln lassen. Nicht einmal Elfmeter wollten ihm glücken, selbst diese vergab er. Eine Spielzeit gänzlich ohne Ligatreffer – das musste er erst mal verkraften. Er gesteht: „Ohne Frage war das meine schwierigste Saison.“
Hatte er Reha sowie Einzeltraining absolviert und gespielt, fiel er wieder aus. Für ihn frustrierend und schwer zu akzeptieren. „Ich will keine Entschuldigungen suchen. Aber wenn ich nach langer Zeit wieder von Anfang an gespielt habe, ist immer etwas passiert.“Finnbogason spricht von einem „Teufelskreis“. Bei hundert Prozent seines Leistungsvermögens sei er eigentlich nie gewesen, fügt er noch hinzu.
Schwierig für ihn sei, dass es nicht die eine Körperregion gibt, Knie, Sprunggelenk oder Wade, die betroffen war. Mal verletzte er sich bei einem Zweikampf, mal ohne Einwirkung des Gegners. Während Kritiker ihm vorwarfen, er würde sich stets zu Länderspielreisen fit melden, hat bei Finnbogason ein Umdenken eingesetzt. Für die EM hatte sich Islands Auswahl nicht qualifiziert. Aber selbst wenn
Nationaltrainer Arnar Vidarsson künftig anfragt, wird Finnbogason wohl nicht jede Partie bestreiten. Schon in diesem Sommer sagte er Spiele ab. „Ich wusste, ich brauche die Zeit. Damit der Körper sich erholt und ich die Frische in der Vorbereitung habe.“In Zukunft will er sich noch gezielter mit den Verantwortlichen des Verbands und des Vereins austauschen. Nur fit werde er zu Länderspielen reisen, betont Finnbogason. „Ich werde von Mal zu Mal schauen und eine vernünftige Entscheidung treffen.“Einerseits will Finnbogason die Spielbelastung reduzieren, andererseits will er sich noch spezifischer an individuellen Trainingsplänen orientieren, die die Physiotherapeuten und Athletiktrainer erarbeiten.
So fehlte der 32-Jährige am Sonntag auf dem Rasenteppich neben dem Hotel. Statt mit der Mannschaft zu üben, absolvierte er ein Reha- und Athletiktraining. Künftig wird das öfter der Fall sein. „Wenn du älter bist, machst du viel mehr für die Fitness abseits des Platzes. Wir haben einen guten Plan aufgestellt und ich fühle mich gut dabei.“Zwei Wochen verweilte Finnbogason urlaubend in Dubai, drei Wochen war er zu Hause in Island. So lange war er wegen der Corona-pandemie lange nicht mehr im Land der heißen Quellen geblieben. Und so viel Freizeit hatte der Familienvater bislang auch noch nicht während seiner Karriere. Umso erholter wirkt er jetzt. Ihm ist die Vorfreude anzumerken, mit Trainer Markus Weinzierl die schwächste Phase seiner Karriere wieder abzuschütteln.
Weinzierl hatte Finnbogason einst sogar in Island besucht, um ihn für den FCA zu gewinnen. Im Januar 2016 hatte er ihn zunächst als Leihspieler von Real Sociedad geholt, im Sommer folgte die feste Verpflichtung. Finnbogason schwärmt vom ersten Halbjahr unter Weinzierl und hofft nun auf die Fortsetzung der damals so erfolgreichen Zusammenarbeit. „Er hat eine klare Vorstellung, wie er spielen lassen will. Sein Spielstil passt zu mir und er weiß, wie ich der Mannschaft helfen kann“, sagt Alfred Finnbogason. Vorausgesetzt, er bleibt fit und gesund.