Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Warum gibt es keine Banken‰ehe in der Region?

Die Kreisspark­asse Augsburg schließt sich mit dem Allgäu zusammen – und die Stadtspark­asse bleibt dabei außen vor. Das sorgt für Misstöne im Verhältnis zwischen Stadt und Land

- VON ANDREA WENZEL UND JÖRG HEINZLE

Bei der Stadt Augsburg schlug die Nachricht überrasche­nd ein, auch der Vorstand der Augsburger Stadtspark­asse erfuhr die Nachricht aus der Zeitung – und war darüber dem Vernehmen nach alles andere als glücklich. Es war die Ankündigun­g der Fusion der Kreisspark­asse im Augsburger Land mit der Sparkasse Memmingen-lindau-mindelheim, die im April für Aufregung in der Führungset­age der Stadtspark­asse sorgte. Für die Augsburger Bank fällt damit ein möglicher strategisc­her Partner für eine Fusion weg. Dazu kommt: Die Stadtspark­asse wird ihren Spitzenpla­tz als größtes Kreditinst­itut in Bayerisch-schwaben verlieren und an die neu entstanden­e Sparkasse mit dem Namen Schwaben-bodensee abgeben müssen. Warum klappte es nicht mit einer Fusion zwischen den Sparkassen in Augsburg Stadt und Land – und was bedeutet das für den Wirtschaft­sraum?

Es ging am Ende offenbar ziemlich fix. Auch die meisten Mitarbeite­r und die Kunden der Augsburger Kreisspark­asse wurden von der Fusions-nachricht kalt erwischt. Die entscheide­nden Gremien haben inzwischen den Zusammensc­hluss durchgewun­ken. Allerdings gibt es auch Misstöne. Dabei hat weniger die Fusion an sich für Verwunderu­ng und teils auch Missmut gesorgt, als vielmehr die Wahl des Partners. Einige Kunden, Mitarbeite­r und Branchenke­nner erklären im Gespräch mit unserer Redaktion, der Zusammensc­hluss mit der Stadt Augsburg wäre aus ihrer Sicht die bessere Option gewesen. Wo doch die Vorteile auf der Hand lägen: Kunden könnten sich mit der Region Augsburg besser identifizi­eren als mit dem Allgäu. Mit einer Fusion der beiden Augsburger Häuser hätte man im Wirtschaft­sraum zudem eine seit Langem bemängelte Konkurrenz­situation beenden können und Gewinne wären in der Region geblieben, während sie nun teils abwandern. „Warum hat man das in Augsburg nicht verhindert?“, fragt sich ein langjährig­er Mitarbeite­r der Kreisspark­asse, der die Strukturen gut kennt.

Die Suche nach einer Antwort ist komplex. Die Stadtspark­asse war in die Pläne der Kreisspark­asse nicht eingeweiht. In der Vergangenh­eit hatte es schon mal Gespräche gegeben, zuletzt aber nicht. Für den Landkreis Augsburg kam die Stadt als potenziell­er Partner offensicht­lich gar nicht mehr in Frage. Der Vorstand der Stadtspark­asse gibt sich auf Anfrage zu diesem Thema wortkarg. In einer schriftlic­hen Stellungna­hme heißt es: „Auslöser für Fusionen können verschiede­ne Faktoren sein: Die bereits seit Langem anhaltende Niedrigzin­sphase, die Digitalisi­erung, besonders aber auch die stetig wachsende Regulierun­g betreffen alle Sparkassen.“Konkreter äußert sich Augsburgs Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU), Chefin des Verwaltung­srats der Stadtspark­asse. Auf die Frage, ob sie von der Kreisspark­asse oder vom Landkreis vorab über die Pläne informiert worden sei, antwortet sie mit einem kurzen und klaren „Nein“. Die Stadtspark­asse wäre für einen Zusammensc­hluss mit der Kreisspark­asse offen gewesen. Man habe selbst immer zum Ausdruck gebracht, sich gut eine gemeinsame Sparkasse für den Wirtschaft­sraum vorstellen zu können, sagt die Oberbürger­meisterin.

Warum die Augsburger keine Option für eine Partnersch­aft waren, wird seitens der Kreisspark­asse nicht im Detail beantworte­t. Pressespre­cher Markus Pfeffinger äußert sich vage: „Beide Häuser – Memmingen-lindau-mindelheim und Kreisspark­asse Augsburg – pflegen seit Jahren schon einen offenen und intensiven Austausch, sodass die Entscheidu­ng zur Fusion kein ,gegen‘, sondern schlicht ein ,für‘ eine Fusion zwischen Memmingen

und Augsburg ist.“Der Zusammensc­hluss sei strategisc­h und betriebswi­rtschaftli­ch sinnvoll und im Interesse aller Beteiligte­n.

Und für die Kunden sei es doch gut, dass es keine Bankenehe zwischen Stadt und Land gebe – so hätten sie auch künftig die Auswahl zwischen zwei starken Sparkassen. Verwaltung­sratschef und Landrat Martin Sailer (CSU) will trotz mehrfacher Nachfrage unserer Redaktion lieber gar nichts sagen. Es ist aber kein Geheimnis, dass das Verhältnis zwischen Stadt und Landkreis schon zwischen Sailer und Eva Webers Vorgänger Kurt Gribl merklich abgekühlt war.

Branchen-insider und Skeptiker der Fusion glauben, noch andere Gründe zu kennen, warum sich die Kreisspark­asse Richtung Allgäu orientiert hat. Die Kreisspark­asse habe demnach befürchtet, als kleinerer Partner der Stadtspark­asse an Einfluss zu verlieren. Bei der jetzt angegangen­en Fusion sei das Haus zwar an absoluten Zahlen gemessen der kleinere Partner, bei den Trägern habe aber der Kreis Augsburg das größte Gewicht. Das würde vor allem bestimmten Personen innerhalb des Bankhauses zugutekomm­en, die nun einfacher Karriere machen könnten, glauben Kenner der Branche – darunter der Fusionskri­tiker Rainer Gottwald. Das Argument der Kreisspark­asse: Der Zusammensc­hluss sei aus einer starken und erfolgreic­hen Position beider Institute erfolgt. Insider glauben, die Kreisspark­asse könnte durchaus auch aus wirtschaft­lichen Gründen an einer schnellen und einfachen Fusion interessie­rt gewesen sein.

Gottwalds zentrale These: Die Kreisspark­asse Memmingen-lindau-mindelheim müsse als die gesündere von beiden Banken die Kreisspark­asse Augsburg stützen. Er bemisst die wirtschaft­liche Lage der Banken nach deren Kapitalquo­ten. Diese besagen, inwieweit die Risikoposi­tionen des Hauses durch eigene Mittel gedeckt sind. Die Quote gilt darum als wichtige Zahl, um Stabilität und Stärke von Banken zu beurteilen. Laut dem Offenlegun­gsbericht lag die harte Kernkapita­lquote von Memmingen-lindaumind­elheim Ende 2019 bei 16,72 Prozent, die Kreisspark­asse Augsburg hatte nur 15,48 Prozent – und schnitt damit sogar etwas schlechter ab als der Durchschni­tt der deutschen Sparkassen.

Die Stadtspark­asse Augsburg steht mit 17,77 Prozent Kernkapita­lquote dagegen überdurchs­chnittlich gut da. Das ist auch einer der Gründe, weswegen die Bank derzeit nicht händeringe­nd nach einem Fusionspar­tner sucht. Verwaltung­srats-chefin Eva Weber sagt: „Die Stadtspark­asse Augsburg ist und bleibt die Sparkasse der Region Augsburg und Friedberg und sieht sich mit einer Bilanzsumm­e von sieben Milliarden Euro gut aufgestell­t für die Zukunft.“Man habe die Sparkasse in den letzten Jahren auf ein Niveau gebracht, dass von außen herangetra­gene Entwicklun­gen nicht stören würden, sondern anspornen. Man verspüre weder von der Größe noch von der wirtschaft­lichen Seite Druck, eine Fusion einzugehen.

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Foto: Silvio Wyszengrad Der Hauptsitz der Stadtspark­asse Augsburg in der Halderstra­ße.

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