Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Warum gibt es keine Bankenehe in der Region?
Die Kreissparkasse Augsburg schließt sich mit dem Allgäu zusammen – und die Stadtsparkasse bleibt dabei außen vor. Das sorgt für Misstöne im Verhältnis zwischen Stadt und Land
Bei der Stadt Augsburg schlug die Nachricht überraschend ein, auch der Vorstand der Augsburger Stadtsparkasse erfuhr die Nachricht aus der Zeitung – und war darüber dem Vernehmen nach alles andere als glücklich. Es war die Ankündigung der Fusion der Kreissparkasse im Augsburger Land mit der Sparkasse Memmingen-lindau-mindelheim, die im April für Aufregung in der Führungsetage der Stadtsparkasse sorgte. Für die Augsburger Bank fällt damit ein möglicher strategischer Partner für eine Fusion weg. Dazu kommt: Die Stadtsparkasse wird ihren Spitzenplatz als größtes Kreditinstitut in Bayerisch-schwaben verlieren und an die neu entstandene Sparkasse mit dem Namen Schwaben-bodensee abgeben müssen. Warum klappte es nicht mit einer Fusion zwischen den Sparkassen in Augsburg Stadt und Land – und was bedeutet das für den Wirtschaftsraum?
Es ging am Ende offenbar ziemlich fix. Auch die meisten Mitarbeiter und die Kunden der Augsburger Kreissparkasse wurden von der Fusions-nachricht kalt erwischt. Die entscheidenden Gremien haben inzwischen den Zusammenschluss durchgewunken. Allerdings gibt es auch Misstöne. Dabei hat weniger die Fusion an sich für Verwunderung und teils auch Missmut gesorgt, als vielmehr die Wahl des Partners. Einige Kunden, Mitarbeiter und Branchenkenner erklären im Gespräch mit unserer Redaktion, der Zusammenschluss mit der Stadt Augsburg wäre aus ihrer Sicht die bessere Option gewesen. Wo doch die Vorteile auf der Hand lägen: Kunden könnten sich mit der Region Augsburg besser identifizieren als mit dem Allgäu. Mit einer Fusion der beiden Augsburger Häuser hätte man im Wirtschaftsraum zudem eine seit Langem bemängelte Konkurrenzsituation beenden können und Gewinne wären in der Region geblieben, während sie nun teils abwandern. „Warum hat man das in Augsburg nicht verhindert?“, fragt sich ein langjähriger Mitarbeiter der Kreissparkasse, der die Strukturen gut kennt.
Die Suche nach einer Antwort ist komplex. Die Stadtsparkasse war in die Pläne der Kreissparkasse nicht eingeweiht. In der Vergangenheit hatte es schon mal Gespräche gegeben, zuletzt aber nicht. Für den Landkreis Augsburg kam die Stadt als potenzieller Partner offensichtlich gar nicht mehr in Frage. Der Vorstand der Stadtsparkasse gibt sich auf Anfrage zu diesem Thema wortkarg. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es: „Auslöser für Fusionen können verschiedene Faktoren sein: Die bereits seit Langem anhaltende Niedrigzinsphase, die Digitalisierung, besonders aber auch die stetig wachsende Regulierung betreffen alle Sparkassen.“Konkreter äußert sich Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU), Chefin des Verwaltungsrats der Stadtsparkasse. Auf die Frage, ob sie von der Kreissparkasse oder vom Landkreis vorab über die Pläne informiert worden sei, antwortet sie mit einem kurzen und klaren „Nein“. Die Stadtsparkasse wäre für einen Zusammenschluss mit der Kreissparkasse offen gewesen. Man habe selbst immer zum Ausdruck gebracht, sich gut eine gemeinsame Sparkasse für den Wirtschaftsraum vorstellen zu können, sagt die Oberbürgermeisterin.
Warum die Augsburger keine Option für eine Partnerschaft waren, wird seitens der Kreissparkasse nicht im Detail beantwortet. Pressesprecher Markus Pfeffinger äußert sich vage: „Beide Häuser – Memmingen-lindau-mindelheim und Kreissparkasse Augsburg – pflegen seit Jahren schon einen offenen und intensiven Austausch, sodass die Entscheidung zur Fusion kein ,gegen‘, sondern schlicht ein ,für‘ eine Fusion zwischen Memmingen
und Augsburg ist.“Der Zusammenschluss sei strategisch und betriebswirtschaftlich sinnvoll und im Interesse aller Beteiligten.
Und für die Kunden sei es doch gut, dass es keine Bankenehe zwischen Stadt und Land gebe – so hätten sie auch künftig die Auswahl zwischen zwei starken Sparkassen. Verwaltungsratschef und Landrat Martin Sailer (CSU) will trotz mehrfacher Nachfrage unserer Redaktion lieber gar nichts sagen. Es ist aber kein Geheimnis, dass das Verhältnis zwischen Stadt und Landkreis schon zwischen Sailer und Eva Webers Vorgänger Kurt Gribl merklich abgekühlt war.
Branchen-insider und Skeptiker der Fusion glauben, noch andere Gründe zu kennen, warum sich die Kreissparkasse Richtung Allgäu orientiert hat. Die Kreissparkasse habe demnach befürchtet, als kleinerer Partner der Stadtsparkasse an Einfluss zu verlieren. Bei der jetzt angegangenen Fusion sei das Haus zwar an absoluten Zahlen gemessen der kleinere Partner, bei den Trägern habe aber der Kreis Augsburg das größte Gewicht. Das würde vor allem bestimmten Personen innerhalb des Bankhauses zugutekommen, die nun einfacher Karriere machen könnten, glauben Kenner der Branche – darunter der Fusionskritiker Rainer Gottwald. Das Argument der Kreissparkasse: Der Zusammenschluss sei aus einer starken und erfolgreichen Position beider Institute erfolgt. Insider glauben, die Kreissparkasse könnte durchaus auch aus wirtschaftlichen Gründen an einer schnellen und einfachen Fusion interessiert gewesen sein.
Gottwalds zentrale These: Die Kreissparkasse Memmingen-lindau-mindelheim müsse als die gesündere von beiden Banken die Kreissparkasse Augsburg stützen. Er bemisst die wirtschaftliche Lage der Banken nach deren Kapitalquoten. Diese besagen, inwieweit die Risikopositionen des Hauses durch eigene Mittel gedeckt sind. Die Quote gilt darum als wichtige Zahl, um Stabilität und Stärke von Banken zu beurteilen. Laut dem Offenlegungsbericht lag die harte Kernkapitalquote von Memmingen-lindaumindelheim Ende 2019 bei 16,72 Prozent, die Kreissparkasse Augsburg hatte nur 15,48 Prozent – und schnitt damit sogar etwas schlechter ab als der Durchschnitt der deutschen Sparkassen.
Die Stadtsparkasse Augsburg steht mit 17,77 Prozent Kernkapitalquote dagegen überdurchschnittlich gut da. Das ist auch einer der Gründe, weswegen die Bank derzeit nicht händeringend nach einem Fusionspartner sucht. Verwaltungsrats-chefin Eva Weber sagt: „Die Stadtsparkasse Augsburg ist und bleibt die Sparkasse der Region Augsburg und Friedberg und sieht sich mit einer Bilanzsumme von sieben Milliarden Euro gut aufgestellt für die Zukunft.“Man habe die Sparkasse in den letzten Jahren auf ein Niveau gebracht, dass von außen herangetragene Entwicklungen nicht stören würden, sondern anspornen. Man verspüre weder von der Größe noch von der wirtschaftlichen Seite Druck, eine Fusion einzugehen.