Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Immer auf der grotesken Seite des Lebens
Das Gärtnerplatztheater in München hat die Musicalversion von Monty Python’s „Das Leben des Brian“auf die Bühne gebracht. Für Fans des gleichnamigen Films ein zunächst ungewohnter, letztlich aber großer Spaß
München Der erste Blick auf die Bühne: Verwirrung! Dort ist das Orchester platziert, davor ein klassisches Setting: fünf Solisten an der Rampe, die Damen in eleganten, langen Abendroben, die Männer im Frack, vor sich Notenpulte. Ein Musical als Oratorium? Oder umgekehrt, ein Oratorium als Musical? Songs konzertant dargeboten? Was das Publikum dann aber in der knapp anderthalbstündigen pausenlosen Aufführung zu sehen und hören bekommt, ist so verquer und trashig wie alles, womit die legendäre britische Komikergruppe Monty Python in Shows, Filmen und im Fernsehen das Komik-genre stilbildend „pythonesk“prägte, ja nachhaltig veränderte.
Im Münchner Gärtnerplatztheater kam kurz vor Ende dieser kurzen Spielzeit ein absolutes Highlight zur deutschen Erstaufführung: „Monty Python’s ,Das Leben des Brian‘“als „Komisches Oratorium“. Es wurde vom coronagestressten, nach Kultur und Entertainment hungrigen Publikum begeistert gefeiert, immer wieder durch Szenenapplaus unterbrochen und zum Schluss mit Standing Ovations bedacht, bei denen kollektiv geklatscht und mitgetanzt wurde.
Eine überaus originelle und kurzweilige Aufführung, denn Regisseurin Nicole Claudia Weber löst den vermeintlichen Purismus der Vorlage gekonnt auf, indem sie in ihre Parodie Appetithappen für die Fantasie einbaut: unerwartete Brüche, bizarre Gags, die manchmal den Charakter absurder Mini-sketches haben, in die nicht nur der Chor, sondern auch das Orchester mit eingebunden werden. Immer wieder laufen aufs Stichwort merkwürdige Figuren durch die Szene, steppt ein Schaf, schwebt Queen Elisabeth als Märchentante in Himmelblau herein, blamiert sich Pontius Pilatus mit seinem Sprachfehler, suchen barbarische Germanen einen (Reise-)führer, müssen die seriösen Sänger aus der Rolle fallen, etwa durch das Bekenntnis eines Evangelisten „Ich wär gern eine Frau“.
Die Story ist durch den Film
ja hinlänglich bekannt, lässt sich in wenigen Worten erzählen. Während im Stall von Bethlehem Jesus geboren wird, kommt ganz in der Nachbarschaft Brian zur Welt. Seine Mutter ist eine jüdische Melonenverkäuferin, der Vater ein römischer Legionär, der sich nach der Zeugung schnell aus dem Staub gemacht hat. Durch einen dummen Zufall wird Brian für den Messias gehalten und das Volk fordert Führung und Regeln von ihm. Die er als aufgeklärter Geist natürlich verweigert – und deshalb gekreuzigt wird. So weit der Filmplot, der allen Monty-python-fans bekannt ist, auch wenn die Gruppe ihre Blütezeit bereits in den 70ern hatte. Doch Shows des „Flying Circus“, Filme wie „Das Leben des Brian“oder „Ritter der Kokosnuss“sind Klassiker des abgedrehten schwarzen Humors.
Dass sich dieser auf die Bühne übertragen lässt, ist ein Wunder, an dem zwei der Gründungsväter ihren
Anteil haben. Eric Idle etwa, verantwortlich für das Libretto, hatte die Idee für einen Song, den buchstäblich jeder kennt – und pfeift: „Always look on the bright side of life“, ein Gassenhauer, der zu Brians Kreuztod gespielt wird. Doch auch die Kompositionen von John Du Prez sind genial in ihrem frechen Musikmix aus Händel-halleluja und Schostakowitsch, Mozartmelodien und Anspielungen auf Gilbert & Sullivan, Anleihen aus Pop, Jazz, Gospel, Spiritual und Folk. Bei der Premiere unter Howard Armans souveräner musikalischer Leitung gab es sogar kurze Musikzitate mit bayerischem Umtata samt Schuhplattler neben der Marseillaise. Absolut mitreißend in Spielfreude und Stimmstärke: Anna Agathonos, Julia Sturzlbaum, Erwin Windegger, Alexander Grassauer und Maximilian Mayer als Brian!
Die Monty Python’s sind berühmt für ihr Spiel mit dem schlechten Geschmack, mit Texten, die blasphemisch, sexistisch, respektlos, rotzfrech jenseits aller Grenzen der Political Correctness tingeln. Für die deutsche Erstaufführung konnte das Gärtnerplatztheater den als Musikkabarettist im Duo „Pigor singt – Benedikt Eichhorn muss begleiten“jahrelang auf der Szene präsenten Thomas Pigor gewinnen. Seine Texte sind umwerfend, ebenso klug wie witzig, manchmal auch albern kalauernd, frech und salopp, mit Versen, in denen sich Jesus’ „banale Sandale“auf „Hört die Signale“der Judäa-rotfront reimen muss.
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Vorstellungen Wieder am 21. Juli. Karten unter Telefon 0892185 1960 oder tickets@gaertnerplatztheater.de