Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mister Grand Prix

Ralph Siegel war jahrzehnte­lang aus dem großen Schlagerge­schäft nicht wegzudenke­n. Jetzt hofft er auf ein erfolgreic­hes Musical und hat das Allgäu entdeckt

- Josef Karg

Bei Ralph Siegel fallen einem, ohne groß nachzudenk­en, zwei Dinge ein: seine Frauen und seine Lieder. Vielleicht auch in der umgekehrte­n Reihenfolg­e. Dunja, Dagmar, Kriemhild oder Laura heißen die ehemaligen Ehepartner­innen und die aktuelle Gattin des viermal Verheirate­ten. „Ein bisschen Frieden“war sein Superhit. Das Lied sang 1982 Nicole und gewann damit für Siegel als erste und viele Jahrzehnte einzige deutsche Sängerin den Grand Prix de la Chanson d’eurovision. Nicht vergessen sollte man Dschinghis Khan. Mit gleichnami­ger Musiktrupp­e und Titel war der Komponist erfolgreic­h. Jedes Kind im Land kann das Lied mitsingen.

Überhaupt schien der Komponist und Musikverla­gsschef lange Zeit ein extrem glückliche­s Händchen für schlageräh­nliche Produktion­en zu haben. In Deutschlan­d wollte man jahrelang gar keinen Vorentsche­id zum europäisch­en Gesangswet­tbewerb mehr anschauen, weil man das Gefühl hatte, es würden sowieso immer nur Siegels Lieder gewinnen. Über 2000 Titel hat der Mann bei der Musikrecht­eeinrichtu­ng Gema registrier­t. Er ist ein schlaflose­r Vielschrei­ber, der selten vor den frühen Morgenstun­den ins Bett geht.

Noch in diesem Jahr will Münchner ein neues Kapitel Er widmet seine Leidenscha­ft inzwischen dem Musical, hat das Allgäu für sich entdeckt und will im Füssener Festspielh­aus ein von ihm geschaffen­es Werk auf die

Bühne der aufschlage­n. bringen. Es soll seinen Stern, der zuletzt doch ein wenig verblasste, noch einmal so richtig zum Leuchten bringen. Erzählt wird die Geschichte des Luftfahrtp­ioniers Graf Zeppelin, die mit dem letzten Flug der Hindenburg verwoben wird. Die Proben haben begonnen.

Das Projekt steht jedoch bisher unter keinem allzu guten Stern – wofür freilich Siegel nichts kann. Dummerweis­e musste wegen der Corona-pandemie die Premiere bereits mehrfach verschoben werden. Ursprüngli­ch war die Uraufführu­ng für November 2020, sozusagen als nachträgli­ches Geschenk zu seinem 75. Geburtstag, geplant gewesen. Dann sollte sie im Juni 2021 stattfinde­n. Kürzlich hat das Festspielh­aus die erneute Verlegung des Termins bekannt gegeben. Die Premiere ist nun am 16. Oktober 2021 geplant. Für Herbst und Winter sind aktuell 25 Zeppelin-aufführung­en terminiert.

Man kann Siegel die Daumen drücken, dass sein Musical erfolgreic­h sein wird, denn er hat viel Geld in diese Produktion investiert. Musikalisc­h darf man neugierig sein. Auf Qualität legt Siegel, dessen Talent für leichte Musik von vielen Kritikern grob unterschät­zt wird, durchaus Wert. Seine Begabung liegt übrigens in der Familie. Großvater Rudolf Siegel verdiente sein Geld mit dem Komponiere­n von Opern. Sein Vater, Ralph Maria, schlug in die gleiche Kerbe. Seine Mutter sang Operetten. Siegel selbst lernte früh diverse Instrument­e: Er beherrscht Gitarre, Klavier, Schlagzeug und Akkordeon. Jetzt will er wohl noch einmal einen Paukenschl­ag landen.

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Foto: Imago Images

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