Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Stahlriese gegen Baumfreunde
Rund 17 Hektar Wald sollen weg, damit Bayerns einziges Stahlwerk wachsen kann. Gelingt ein Kompromiss?
Meitingen Von außen betrachtet ist es der immer gleiche Kampf: Industrie gegen Umwelt. Arbeitsplätze gegen Naturschutz. Die mächtigen Lechstahlwerke gegen wenige Klimaaktivisten. In Meitingen (Landkreis Augsburg) will man jetzt einen Kompromiss gefunden haben.
Dort findet sich Bayerns einziges Stahlwerk, das weiter wachsen soll. Mehr als 17 Hektar Wald müssen dafür weichen, um Platz für neue Hallen zu schaffen. Die Stahlwerke versprechen neue Arbeitsplätze und das Festhalten am Standort im Meitinger Ortsteil Herbertshofen. Als Ersatz soll ein neuer Wald gepflanzt werden, etwa ein Drittel mehr Bäume als gesetzlich ohnehin vorgeschrieben sind. „Es wird ein besserer Wald“, findet Meitingens Bürgermeister Michael Higl (CSU), ökologisch wertvoller, weil vielfältiger. Nur: Wie lange wird es dauern, bis der neu gepflanzte Wald zum Vorzeigebiotop wird? Naturschützer gehen davon aus, dass die Rechnung nicht aufgeht.
Knapp acht Stunden lang wurde am Wochenende bei einer Sondersitzung des Gemeinderats über das Mega-projekt diskutiert. Es war der Tag der Entscheidung, auf den man in dem 11 100-Einwohner-ort seit Jahren hinarbeitet. Nicht ohne Gegenwind. Im vergangenen Jahr demonstrierten hunderte gegen die Rodung des Walds, der als Bannwald besonders geschützt ist. Klimaaktivisten kletterten auf Bäume, um Banner aufzuhängen. Kurz vor der Sondersitzung wurden mehr als 4500 Unterschriften gegen die geplante Rodung gesammelt. Seit Jahren gibt es Streit.
Bürgermeister Higl hatte vorsorglich ein Dutzend private Sicherheitskräfte engagiert, um das Gelände zu sichern. Auch die Polizei ist verstärkt vor Ort. Doch am Tag der wegweisenden Sitzung demonstriert nur eine kleine Gruppe von etwa 45 Menschen gegen die Pläne des Stahlwerks. Von den etwa 200 Stühlen für Zuschauer in der Halle bleiben etwa 180 leer.
Am Ende stellt der Gemeinderat einen Bebauungsplan für das Waldgebiet auf. Man geht davon aus, dass es 15 bis 20 Jahre dauern wird, bis die Erweiterung des Betriebs abgeschlossen ist.
Bis tatsächlich der erste Baum fällt, sollen die neuen schon gepflanzt sein. Das dürfte aber noch Jahre dauern. Naturschützer haben bereits angekündigt, vor Gericht zu ziehen, um die Rodung des Bannwalds zu verhindern. Kommt es hart auf hart, drohen Klimaaktivisten, sollen Baumhäuser im Wald errichtet werden. Der Lohwald, so fürchtet man in Meitingen, könnte zum neuen Hambacher Forst werden.