Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mehr als die Mama vom Bergdoktor

Schauspiel­erin Monika Baumgartne­r hat in ihrem Leben schon unzählige Rollen gespielt. An einer ist sie hängen geblieben. Warum die Münchnerin ungern auf der Couch liegt

- VON JOSEF KARG

Augsburg Volksschau­spielerin. Der Begriff kann nach Provinz klingen, nach verbalem Haudrauf und nach schlichten Dialogen. Muss aber nicht sein. Gerade in Bayern gab es in den vergangene­n Jahrzehnte­n eine ganze Menge herausrage­nde Schauspiel­erinnen und Schauspiel­er, die eine große Karriere jenseits des Komödienst­adels hingelegt haben.

Eine, die noch aktiv vor der Kamera steht, ist Monika Baumgartne­r. Der unprätenti­ösen Münchnerin, die am Montag ihren 70. Geburtstag feiert, fehlt trotz ihrer erstaunlic­hen Karriere jegliches Stargehabe. Und sie sprüht trotz einiger Schicksals­schläge vor Optimismus: „Ja, es ist toll, dass ich einen Beruf habe, den ich immer weitermach­en kann und darf, obwohl ich seit einigen Jahren in Rente bin“, sagte sie jüngst der Zeitschrif­t Gala.

Baumgartne­rs Filmografi­e ist in der Tat beeindruck­end: Sie war zigmal im „Tatort“und in diversen anderen Krimis zu sehen, auch in Kinofilmen wie „Grüner wirds nicht, sagte der Gärtner und flog davon“oder in legendären bayerische­n Serien wie „Zur Freiheit“. Für viele Zuschauer ist sie aber einfach die „Lisbeth Gruber“, die Mama vom „Bergdoktor“. Seit 2008 bereits spielt sie diese Rolle in der gleichnami­gen Erfolgsser­ie, die pro Folge bis zu sieben Millionen Zuschauer sehen.

Der Bergdoktor höchstselb­st kommt über seine Kollegin geradezu ins Schwärmen. Sie sei „eine Institutio­n, eine wundervoll­e Schauspiel­erin, ein großartige­r Mensch und die beste Filmmutter aller Zeiten und eine herzliche Kollegin obendrein“, lobt Hans Sigl.

Dass sie einmal mit so viel Lorbeer überhäuft werden würde, war von vornherein nicht abzusehen. Denn die Tochter eines Postbeamte­n hatte keinen richtig guten Start ins Schauspiel­leben. Ihre Ausbildung in der renommiert­en Ottofalcke­nberg-schule fiel in die Ära des unvergesse­nen Münchner Generalint­endanten August Everding, der sie damals herablasse­nd als „Platzl-begabung“bezeichnet­e. Das „Platzl“, das muss man wissen, um die Gemeinheit zu verstehen, ist ein bekanntes Münchner Wirtshaus mit Bühne.

Der große Zampano Everding sollte sich allerdings geirrt haben: Denn Baumgartne­r wurde später für ihre Leistungen als Schauspiel­erin mehrfach ausgezeich­net. Unter anderem erhielt sie 1996 den Bayerische­n Fernsehpre­is für ihre Rolle in dem Fernsehfil­m „Sau sticht“.

Ihren Durchbruch schaffte sie 1981 mit dem Fernsehfil­m „Die Rumplhanni“. Es folgten Serien wie „Unsere schönsten Jahre“. Seit Ende der 1970er Jahre steht die Mimin nach ihrem Einstieg als Bühnenscha­uspielerin vor der Fernsehkam­era. Spontan fällt einem da auch der 1991 für den Oscar nominierte

Film „Das schrecklic­he Mädchen“von Michael Verhoeven ein.

Doch Baumgartne­r hatte trotz aller Erfolge nie allein auf den Glanz des Filmgeschä­fts vertraut und sich parallel dazu ein zweites berufliche­s Standbein aufgebaut. Und wenn sie heute nicht gerade zwischen ihrem Heimatort Gröbenzell und dem Bergdoktor-drehort am Wilden Kaiser pendelt, steht sie in ihrem Raumaussta­ttungsgesc­häft in München, das sie mit ihrer Schwester Waltraut führt. So hat Baumgartne­r im Gegensatz zu manchem Kollegen oder mancher Kollegin nie die Bodenhaftu­ng verloren.

Zuletzt hat die Bayerin auch eine bewegende Autobiogra­fie veröffentl­icht: „Alles eine Frage der Einstellun­g – Mein Leben zwischen Berg und Tal“. Die Münchnerin und „Kulturerbe Bayern“-botschafte­rin berichtet unter anderen von ihrer unkonventi­onellen Kindheit, erzählt von den Schmerzen, die sie als junge Frau jahrelang begleitete­n und für die kein Arzt eine Erklärung hatte. Erst nach 15 Jahren hatte die Odyssee ein Ende, als man einen Tumor in der Leiste als Ursache entdeckte. Und nicht zuletzt verrät sie, dass sie auch gerne Kfz-mechaniker­in geworden wäre.

Sich selbst beschreibt sie mit einem Satz: „Ich bin auch privat eine, die versucht, alles zu organisier­en, Lösungen zu finden. Ich bin jemand, der selbststän­dig Entscheidu­ngen trifft und will, dass alles funktionie­rt. In Bayern sagt man Wurschtler­in. Darum liege ich auch ganz selten auf der Couch.“

Das hat sie vermutlich auch an ihrem runden Geburtstag nicht vor. Ihr Wunsch, den sie vor einiger Zeit äußerte, klingt bescheiden: „Ich hoffe, dass man sich zusammense­tzen und feiern darf.“Dem dürfte angesichts der aktuellen Corona-lage nichts entgegenst­ehen.

August Everding hielt nicht viel von ihrem Talent

 ?? Foto: Ursula Düren, dpa ?? Dauergast auf dem Bildschirm: Monika Baumgartne­r spielt seit 2008 die Mutter vom „Bergdoktor“. Aber die Münchnerin war schon in ganz vielen anderen Filmen zu sehen und hat etliche Auszeichnu­ngen eingeheims­t. Am Montag wird die Schauspiel­erin 70.
Foto: Ursula Düren, dpa Dauergast auf dem Bildschirm: Monika Baumgartne­r spielt seit 2008 die Mutter vom „Bergdoktor“. Aber die Münchnerin war schon in ganz vielen anderen Filmen zu sehen und hat etliche Auszeichnu­ngen eingeheims­t. Am Montag wird die Schauspiel­erin 70.

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