Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Jetzt startet Jeff Bezos in den Weltraum

Nach Richard Branson greift der nächste Milliardär nach den Sternen. Ist er damit der Verlierer im Wettlauf der Superreich­en? Und was steckt eigentlich hinter deren All-abenteuern?

- Christina Horsten, dpa

New York Erster kann Jeff Bezos schon nicht mehr werden. Denn kurz nachdem der Amazon-gründer mit viel Tamtam seinen Ausflug ins All angekündig­t hatte, drängelte sich ein anderer Milliardär vor: Mehr als eine Woche vor dem für Dienstag angekündig­ten All-kurztrip von Bezos flog der Brite Richard Branson mit seinem Raumschiff „VSS Unity“zu den Sternen und erfüllte sich damit einen Kindheitst­raum. „Ich war einmal ein Kind mit einem Traum, das zu den Sternen aufschaute. Jetzt bin ich ein Erwachsene­r in einem Raumschiff und schaue auf unsere schöne Erde“, sagte Branson in der Schwerelos­igkeit.

Nun also will Bezos nachziehen in dem schlagzeil­enträchtig­en und etwas obskuren Wettrennen der reichsten Männer der Welt. Bei dem geht es um deren Träume, vor allem aber um die lukrative Spitzenpos­ition im künftigen Geschäft mit dem Weltraumto­urismus. Kritiker sehen darin jedoch eine egoistisch­e Geldversch­wendung ohne Rücksicht auf das Klima und weitgehend ohne wissenscha­ftliche Forschungs­interessen.

Der 57-jährige Bezos wollte als fünfjährig­er Junge ins bereits All

– seine Amazon-milliarden machen es ihm jetzt möglich. Und seine Weitsicht. Schließlic­h gründete er vor rund 20 Jahren die Raumfahrtf­irma Blue Origin.

Im Westen des Us-bundesstaa­tes Texas hat sie in den vergangene­n Jahren das Raumschiff „New Shepard“entwickelt und getestet. Bemannt ist die „New Shepard“– symbolträc­htig nach dem ersten Usamerikan­er im All, Alan Shepard, benannt – bislang noch nie geflogen. Symbolträc­htig auch das Datum ihres geplanten Starts am 20. Juli, auf den Tag genau 52 Jahre nach der ersten Mondlandun­g.

Neben Bezos sollen in der Kapsel mit den „größten Fenstern im Weltraum“sein Bruder Mark, eine 82-jährige Ex-pilotin und ein 18-Jähriger, dessen Vater ihm den Flug geschenkt hat, Platz nehmen. Die 82-jährige Wally Funk wäre der älteste Mensch, der je ins All geflogen ist – der 18-jährige Oliver Daemen der jüngste.

Daemens Vater, der niederländ­ische Investment­banker Joes Daemen, hatte bei einer Auktion für den vierten Platz an Bord der „New Shepard“im Juni mitgemacht, war aber überboten worden. Der Sieger der Auktion, der 28 Millionen Dollar (fast 24 Millionen Euro) geboten hatte und der weiter anonym bleiben wolle, könne wegen eines „Terminkonf­likts“diesmal nicht dabei sein, hieß es. Er werde zu einem späteren Zeitpunkt starten. Wie viel Geld Daemen zahlte, wurde nicht bekannt.

Zum Ablauf des All-abenteuers: Nach dem Start soll das Raumschiff „New Shepard“innerhalb von zwei Minuten auf mehr als 3700 Kilometer pro Stunde beschleuni­gen. Nach drei Minuten soll die Schwerelos­igkeit einsetzen, bevor die dann abgetrennt­e Kapsel ihren höchsten Punkt in mehr als 100 Kilometer Höhe über der Erde erreicht. Anschließe­nd wird sie wieder in die Erdatmosph­äre eintreten und durch große Fallschirm­e abgebremst in der texanische­n Wüste landen. Insgesamt soll der Ausflug zehn Minuten dauern.

Der Internatio­nale Luftfahrtv­erband (FAI) und viele andere Experten sehen 100 Kilometer über der Erde als Grenze zum Weltraum an, es gibt jedoch keine verbindlic­he internatio­nale Regelung. Branson war mit der „VSS Unity“in eine Höhe von etwa 86 Kilometern aufgestieg­en. Und könnte zumindest in dieser Hinsicht den Milliardär­s-wettreisen bewerb verloren haben. Weit entfernt sind beide von der Höhe, in der die Internatio­nale Raumstatio­n ISS fliegt – rund 400 Kilometer über der Erdoberflä­che.

Ohnehin: Der erste Tourist im All war Branson gar nicht (dafür der erste mit eigenem Raumflugze­ug). Mehrere Unternehme­n und Behörden hatten schon Reisende in den Weltraum gebracht. 2001 zum Beispiel war Us-unternehme­r Dennis Tito eine Woche auf der Internatio­nalen Raumstatio­n und zahlte dafür rund 20 Millionen Dollar.

Trotz großer Erwartunge­n kam dennoch nicht richtig Schwung ins Geschäft mit den All-ausflügen. Entwicklun­g und Durchführu­ng von Raumfahrtm­issionen sind mit enormen Sicherheit­srisiken verbunden und extrem teuer. Daher schienen sie Profis und topfitten Superreich­en vorbehalte­n. Bezos und Branson wollen das ändern mit günstigere­n Kurzausflü­gen ihrer Firmen Blue Origin und Virgin Galactic. Als Werbeträge­r in eigener Sache gehen sie voran auf dem Weg, den Weltraumto­urismus zum Massentour­ismus zu machen. Mit im Milliarden­spiel ist noch ein Milliardär: Spacex- und Tesla-gründer Elon Musk.

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Fotos: Blue Origin, Cliff Owen, Susan Montoya Bryan/ap, dpa Mit dieser Kapsel – so eine Illustrati­on – will Bezos’ Firma Blue Origin Touristen künftig ins All bringen. Am Dienstag ist ihr Grün‰ der selbst an Bord.
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War schon dort: Richard Branson flog vor ein paar Tagen ins All und zurück.
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Will weit nach oben: Amazon‰gründer und Multimilli­ardär Jeff Bezos.

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